Geldanlage
Analysten erwarten gesunde Entwicklung bei Pharma-Aktien
Der Übernahme-Poker um den börsennotierten Bad Vilbeler Generikahersteller Stada rückt Pharmatitel wieder stärker in das Interesse professioneller Anleger. Analysten sehen bei zahlreichen Branchenaktien noch weiteres Kurspotenzial.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Alles schien unter Dach und Fach: Nach monatelangen Verhandlungen hatte das Management von Stada im April dem Angebot der Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven zugestimmt, die zusammen 5,3 Milliarden Euro – oder 66 Euro pro Aktie – für den Generika-Produzenten zahlen wollten. Aber nun bekundet mit Shanghai Pharmaceuticals auch einer der großen chinesischen Arzneimittelhersteller Interesse am deutschen Unternehmen. Das trieb den Kurs des Stada-Papiers zeitweise deutlich über die Marke von 66 Euro. Seit die Verhandlungen zwischen Stada und den Finanzinvestoren bekannt wurden, hat die Aktie insgesamt um mehr als 40 Prozent zugelegt.
Überdurchschnittliche Renditen
Doch Pharmatitel bieten nicht nur hohes Gewinnpotenzial für Anleger, wenn Unternehmen zu Übernahmezielen werden. Sie weisen generell langfristig eine bessere Performance als der breite Markt. Das zeigt eine Studie von Professor Gregor Dorfleitner, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzierung an der Universität Regensburg. Er untersuchte die Kursentwicklung von Pharma- und Gesundheitsaktien im Vergleich zum gesamten Aktienmarkt im Zeitraum von 2000 bis 2015 – also inklusive der beiden Börsencrashs von 2001 und 2008. Das Resultat: Die Papiere generieren langfristig überdurchschnittliche Renditen aus Kursgewinnen und Dividenden von rund vier Prozent pro Jahr.
"Mit Healthcare-Investments lassen sich deutliche Überrenditen erzielen", sagt Ingo Grabowski, Direktor der deutschen Anlagegesellschaft Lacuna, die auch Gesundheitsaktien-Fonds aufgelegt hat. Welche Pharmatitel in nächster Zeit überdurchschnittliches Kurspotenzial bieten, zeigt eine neue Studie der Ratingagentur Moody‘s. Sie hat untersucht, welche Branchenunternehmen bis Ende 2018 besonders stark von der Markteinführung neuer Medikamente profitieren dürften. "Neue Produkte werden der Pharmaindustrie in den kommenden 18 Monaten weltweit weiteres Wachstum bescheren und die negativen Effekte von auslaufenden Patenten und Regulierungsvorschriften zur Senkung der Medikamentenpreise in zahlreichen Staaten mehr als wettmachen", schreibt Michael Levesque, Vizepräsident und Chef-Finanzanalyst bei Moody‘s.
Hohe Erwartung bei Originalherstellern
Ganz vorne auf der Liste stehen Bristol-Myers Squibb, Merck & Co. sowie Roche mit ihren Zytostatika Opdivo® (Nivolumab), Keytruda® (Pembrolizumab) und Tecentriq® (Atezolizumab). Diese haben in jüngster Zeit Zulassungen für eine Reihe weiterer Tumorerkrankungen erhalten. So hat die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA Tecentriq® auch zur Behandlung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs freigegeben. Bereits vergangenes Jahr erweiterte die EU Kommission die Zulassung von Opdivo® als Monotherapie zur Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms.
Roche dürfte darüber hinaus von seinem neuartigen MS-Antikörper Ocrevus® (Ocrelizumab) profitieren, heißt es in der Studie der Ratingagentur. Die FDA hat in den USA das neue Medikament in einem beschleunigten Verfahren zugelassen, damit Patienten schnell Zugang zur neuen Therapie erhalten. Bei Sanofi wiederum werde das neue Ekzem-Präparat Dupixent® (Dupilumab) Umsatz und Gewinn signifikant steigern. Das Medikament erhielt dieses Frühjahr die Zulassungen in den USA und Europa.
Hingegen sehen die Moody‘s-Analysten nur begrenztes Steigerungspotenzial bei Umsatz und Gewinn der Generika-Produzenten: "Diese sind dem globalen Preisdruck am stärksten ausgesetzt", da sie nur Medikamente produzieren, deren Patente bereits ausgelaufen sind. Dies dürfte jedoch gleichzeitig dazu führen, dass sich künftig verstärkt Generika-Hersteller zusammenschließen oder versuchen einander zu übernehmen. Dem Übernahme-Poker um Stada könnten also weitere folgen.