Franken-Schock

Anleger sehen bei Eidgenossen jetzt genauer hin

Der Anstieg des Schweizer Frankens hat die Aktien in der Eidgenossenschaft unter Druck gebracht. Dabei werden die Gewinne vieler einheimischer Konzerne dadurch kaum berührt.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Weil bei etlichen Schweizer Firmen das Gros der Kosten im Ausland anfällt, können sie Exportnachteile der Heimatwährung ausbügeln. Ein Grund, nach Kursverlusten infolge Franken-Aufwertung Einstiegschancen zu nutzen.

Weil bei etlichen Schweizer Firmen das Gros der Kosten im Ausland anfällt, können sie Exportnachteile der Heimatwährung ausbügeln. Ein Grund, nach Kursverlusten infolge Franken-Aufwertung Einstiegschancen zu nutzen.

© Hans Ringhofer/dpa

NEU-ISENBURG. Die Finanzmärkte waren völlig überrascht: Mitte Januar hob die Schweizer Nationalbank ohne jede Vorwarnung den Mindestwechselkurs von 1,20 Franken zum Euro auf.

Mit der Intervention am Devisenmarkt hatten die Zentralbanker in Bern drei Jahre lang erfolgreich verhindert, dass die eidgenössische Währung massiv aufwertet und damit den Absatz der exportorientierten Schweizer Unternehmen in den europäischen Nachbarländern gestützt.

Entsprechend fiel die Reaktion an der Börse in Zürich auf die Aufhebung des Mindestwechselkurses aus: Binnen Minuten schoss der Franken gegen den Euro um mehr als 20 Prozent in die Höhe.

Spiegelbildlich brachen die Aktienkurse eidgenössischer Konzerne zum Teil um mehr als 16 Prozent ein. Für Rudolf Minsch, Chefökonom des Schweizer Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, eine verständliche Reaktion der Börsianer.

"Die Gefahr besteht, dass wenn der Franken derart stark bleibt, sich die Exportindustrie nicht schnell genug an die neuen Währungsverhältnisse anpassen kann."

Prognose: Kurse steigen

Inzwischen hat der Franken wieder rund acht Prozent gegen den Euro abgegeben. Gleichzeitig haben die Börsennotierungen der meisten Schweizer Konzerne einen Teil ihrer Verluste wettgemacht.

Die Aktienkurse etlicher Unternehmen dürften in den kommenden Monaten weiter steigen, meint Walter Sommer, geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Vermögensverwalters GS&P Grossbötzel, Schmitz & Partner.

"Viele Marktteilnehmer reagierten impulsiv, indem sie Schweizer Aktien nach dem Franken-Schock einfach blind verkauften." Jetzt hingegen würden Börsianer genau analysieren, ob der starke Franken den einzelnen Konzernen tatsächlich schadet - oder vielleicht sogar nützt.

Letzteres ist häufiger der Fall, als viele Finanzmarktakteure in der ersten Panik gesehen hätten, sagt Sommer. "Zum einen haben sich viele Schweizer Unternehmen langfristig gegen Wechselkursrisiken abgesichert."

Der stärkere Franken schmälert deshalb in diesem und dem nächsten Jahr gar nicht ihre Erträge aus Exporten in Euro-Staaten. Zum anderen verkaufen nicht nur die meisten eidgenössischen Konzerne ihre Waren jenseits der Landesgrenzen.

Sie beziehen auch die Rohstoffe aus dem Ausland und fertigen dort den Großteil ihrer Produkte.

"Ein gutes Beispiel dafür ist Nestlé", sagt Sommer. "Der börsennotierte Nahrungsmittelkonzern erzielt nicht nur 98,4 Prozent seiner Erlöse außerhalb der Schweiz, auch auf der Kostenseite fällt der Großteil der Aufwendungen in einem ähnlichen Umfang außerhalb des Franken-Währungsraums an."

Durch die stärkere eidgenössische Währung könne das Unternehmen deshalb deutlich geringere Produktionskosten verbuchen und so Rückgänge bei den Verkaufserlösen kompensieren.

Ähnlich sehen das etliche Analysten. Alan Erskine von der Schweizer Großbank UBS kommt in einer neuen Studie zu dem Schluss, dass Nestlé seine Dividende in diesem Jahr voraussichtlich um fünf Prozent auf 2,25 Franken je Aktie anheben werde.

James Stettler von der britischen Investmentbank Barclays hat das Papier des Elektrotechnologiekonzerns ABB auf "Übergewichten" heraufgestuft und erwartet einen Kursgewinn von mehr als 15 Prozent in den kommenden zwölf Monaten.

"Der gesunkene Kurs bietet eine gute Gelegenheit zum Einstieg", sagt Stettler.

Pharmaaktien Lieblinge der Analysten

Die Novartis-Aktie steht auf den Empfehlungslisten der US-Banken Citigroup und JPMorgan. "Börsianer unterschätzen gegenwärtig das mittelfristige Gewinnsteigerungspotenzial des Pharmakonzerns", sagt Citigroup-Analyst Andrew Baum.

Barclays-Experte Michael Leuchten wiederum rät, das Papier des Pharmakonzerns Roche überzugewichten. Sein Kursziel: 284 Franken - was einem Gewinn von mehr als 15 Prozent entspräche.

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