Streit um Tarifeinheit

Bundesverfassungsgericht weist Marburger Bund ab

Gewerkschaften können nicht gegen das ergänzte Tarifvertragsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, wenn es noch gar keinen Streit um die Neuregelung gegeben hat.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Das Bundesverfassungsgericht hat Beschwerden mehrerer Spartengewerkschaften zum geänderten Tarifvertragsgesetz nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat Beschwerden mehrerer Spartengewerkschaften zum geänderten Tarifvertragsgesetz nicht zur Entscheidung angenommen.

© picture alliance/rtn - radio tele nord

Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat Beschwerden unter anderem des Marburger Bundes (MB) gegen das Tarifeinheitsgesetz abgewiesen. Nach dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss müssen die Spartengewerkschaften zunächst die Fachgerichte anrufen.

Dabei hätten die Karlsruher Richter aber die bisherige Strategie des MB gebilligt, in Einigungen mit den Tarifpartnern und der Gewerkschaft Verdi die umstrittenen gesetzlichen Regelungen „abzubedingen“, erklärte MB-Chefin Susanne Johna in Berlin.

Das deutsche Arbeitsrecht will seit jeher vermeiden, dass für einheitliche Arbeitnehmergruppen verschiedene Tarifverträge gelten. Grund ist, dass unterschiedliche Regeln oder gar Löhne für vergleichbare Tätigkeiten zu Unfrieden unter den Beschäftigten führen könnten.

Bei mehreren „kollidierenden“ Tarifverträgen galt früher laut Tarifvertragsgesetz daher immer der Tarif derjenigen Gewerkschaft, die in dem Betrieb die meisten Mitglieder hat.

Gesetzgeber musste nachbessern

Der MB und andere Berufsgewerkschaften sahen sich dadurch benachteiligt und in ihren Aktionsmöglichkeiten beschränkt. 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht die gesetzlichen Reglungen im Grundsatz gebilligt, dabei aber eine Nachbesserung zugunsten der Spartengewerkschaften gefordert.

Mit Wirkung zum Jahresbeginn 2019 wurde daraufhin das Tarifvertragsgesetz ergänzt. Danach ist der „Mehrheitstarifvertrag“ nur dann alleine gültig, wenn er die Belange der von der konkurrierenden Spartengewerkschaft vertretenen Arbeitnehmer „ernsthaft und wirksam berücksichtigt“.

Zuerst müssen die Arbeitsgerichte angerufen werden

Auch hiergegen legten der MB und zwei weitere Spartengewerkschaften Verfassungsbeschwerde ein. Diese nahm das Bundesverfassungsgericht nun nicht zur Entscheidung an. Grund ist, dass es bislang noch gar keinen Streit um die Neuregelung gab. So hatte etwa der MB in Verhandlungen mit den Arbeitgebern und der Gewerkschaft Verdi stets durchsetzen können, dass eigene Tarifverträge für die Ärzte gültig bleiben.

Letztlich seien die beschwerdeführenden Gewerkschaften daher von der Regelung noch gar nicht belastet gewesen, erklärten die Karlsruher Richter. Die Neuregelung bewirke, „dass der Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft nicht immer und voraussetzungslos verdrängt wird“.

Eine Verfassungsbeschwerde sei erst zulässig, wenn eine Spartengewerkschaft im Streit um die Gültigkeit des eigenen Tarifs vor den Arbeitsgerichten unterlegen ist.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: Az.: 1 BvR 2832/19 und weitere

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