Universitätsklinik Essen
Der Weg zum "Smart Hospital"
OP-Roboter, Künstliche Intelligenz, 3D-Druck und die elektronische Patientenakte: Das Universitätsklinikum Essen hat vor 20 Jahren mit der Digitalisierung begonnen und plant jetzt weitere Schritte auf dem Weg zum Krankenhaus der Zukunft.
Veröffentlicht:KÖLN. Die Universitätsklinik Essen will bis Anfang 2018 in allen Abteilungen eine elektronische Patientenakte einführen (E-Akte). "Wenn uns das gelingt, haben wir einen großen Schritt gemacht", sagt der Ärztliche Direktor Professor Jochen Werner.
Die elektronische Patientenakte spielt eine große Rolle im ehrgeizigen Digitalisierungsprojekt der Klinik: Sie will in den nächsten fünf Jahren zum "Smart Hospital Essen" werden.
"Die elektronische Patientenakte ist die Basis für das Smart Hospital", betont Werner im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Viele andere Krankenhäuser seien bei der E-Akte noch am Anfang. "Die meisten haben noch Probleme mit der Umsetzung."
In Essen hat die Digitalisierung nach seinen Angaben bereits vor 20 Jahren im Bereich der Radiologie begonnen. "Damals haben das manche für verrückt gehalten." Seitdem werden Röntgenbilder und andere Aufnahmen flächendeckend elektronisch ausgetauscht.
Teils wenig Begeisterung auf Ärzteseite
"Aber es fehlt der umfassende Zugriff auf andere Informationen wie Konsilberichte oder Labordaten", sagt er.
Das soll sich in den nächsten Monaten ändern. Die elektronische Patientenakte ist für Werner ein gutes Beispiel dafür, dass die Probleme bei der Digitalisierung nicht nur technischer Art sind.
Die Ärzte sind an die herkömmliche Akte gewöhnt und wissen genau, wo sie die benötigten Informationen finden. "Das komplett in die digitale Form zu überführen ruft nicht nur Begeisterung hervor."
Schließlich sind die Ärzte ohnehin schon gut ausgelastet, drei zusätzliche Schulungstage für die Vorbereitung auf die E-Akte kommen da nicht gut. Ohne Mitarbeiter-Schulungen werde das ehrgeizige Projekt aber nicht funktionieren, betont der Ärztliche Direktor.
Die Motivation der Belegschaft spiele eine entscheidende Rolle – bei 8000 Mitarbeitern, darunter 1020 Ärzte, nicht gerade eine kleine Aufgabe.
KI als Helfer
Die Radiologie zeigt in seinen Augen nicht nur bei der E-Akte, wo der Weg hingeht. Der Direktor der Radiologischen Uniklinik Professor Michael Forsting setze in der radiologischen Diagnostik auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), beispielsweise im Bereich der Lungenbefundung, berichtet Werner.
Hier werde die Diagnostik durch hochkarätige Lungenspezialisten mit der spezialisierten Pathologie und der Datenbearbeitung durch lernende Computersysteme kombiniert. "Es geht darum, Muster zu erkennen und diese intelligent zu analysieren."
Die guten Erfahrungen, die in Essen mit der künstlichen Intelligenz bei der Lungendiagnostik gemacht werden, sollen Schritt für Schritt auf andere Organsysteme übertragen werden.
Zum Projekt Smart Hospital gehört auch ein Roboter-Zentrum, wobei die Robotik weit über den Einsatz von klassischen OP-Robotern hinausgehen soll. Geplant sind zudem der Aufbau eines umfänglichen Telemedizinnetzes sowie die Einführung eines digital unterstützten Call Centers, eines App-Stores, einer Abteilung für 3D-Druck, eines Data Warehouse und einer Abteilung für IT-Sicherheit.
Millioneninvestitionen nötig
Der Fokus auf die beschleunigte Digitalisierung sei kein Selbstzweck, betont Werner. "Wir hoffen, dass Ärzte und Pflegekräfte dadurch wieder mehr Zeit für die Arbeit am Patienten und für die Wissenschaft bekommen."
Die Klinik muss für ihre Digitalisierungsprojekte viel Geld in die Hand nehmen. Werner rechnet mit Investitionen im mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbereich. "Im normalen Haushalt ist das nicht abgebildet", betont er.
Die Ankündigung von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, dass 500 Millionen Euro in Digitalisierungsprojekte in Universitätskliniken fließen sollen, begrüßt er deshalb ausdrücklich. Zudem: "Die neue Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat relevante Unterstützung signalisiert."
Erfolgreiche IT-Konzepte seien für alle Krankenhäuser unverzichtbar, für Universitätskliniken gelte das aber in ganz besonderem Maß. "Es geht bei uns nicht nur um die Krankenversorgung, sondern auch um die enge Verzahnung mit Forschung und Lehre."
Das stelle noch einmal ganz besondere Anforderungen an die IT. Die Digitalisierung müsse die Fakultät auf der einen und die Krankenversorgung auf der anderen Seite umspannen. "Ein kontaktloses Nebeneinander beider IT-Systeme wird die wissenschaftlichen Anforderungen der Zukunft nicht erfüllen", sagt Werner.
Auch die Lehre bleibt auf dem Weg zum Smart Hospital nicht außen vor. "Wir wollen die Studierenden möglichst früh an die digitale Technik heranführen."