Scharf auf Allgemeinmedizin
Die Klasse mit Hausärzten von morgen
Wir wollen Hausärzte werden! Die Schüler der "Klasse Allgemeinmedizin" an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg werden fit gemacht für ihren späteren Beruf als Hausarzt. Das Motto: Ohne Fleiß kein Preis!
Veröffentlicht:HALLE. Theresa Ruehlmann ist eine der rund 150 angehenden Ärzte, die im Projekt "Klasse Allgemeinmedizin" (KAM) an der Medizinischen Fakultät der Uni Halle lernen.
Das Lehrprojekt hat Vorbildcharakter. 2011 ist es an der Medizinischen Fakultät der Uni Halle an den Start gegangen.
Bis zu 40 ausgewählte Studierende werden ab dem ersten Vorklinischen Semester in einem festen Klassenverband ("die Klasse") auf eine spätere Tätigkeit als Haus- beziehungsweise Landarzt vorbereitet. Die ersten Absolventen wurden 2017 verabschiedet.
Eigentlich wollte Theresa Ruehlmann, die der "Klasse Allgemeinmedizn" angehört, Lehrerin werden. Erst in den letzten beiden Jahren vor dem Abitur begann sie mit der Medizin zu liebäugeln. "Aber ich dachte, dafür bin ich nicht gut genug."
Der Ehrgeiz war geweckt, als die Mutter Mut machte: "Versuch's einfach", hatte sie gesagt. Und so ließ sich Theresa auch nicht entmutigen, als der erste Anlauf fehlschlug. Ihrem einjährigen Oxford-Aufenthalt hängte sie noch ein Freiwilliges Soziales Jahr an. "In Anschluss wollte ich eine Ausbildung zur Pflegefachkraft im Klinikum Burgenlandkreis beginnen."
Praxiszuweisung per Losentscheid
Preisgekröntes Projekt
2011 ist das erfolgreiche Lehrprojekt "Klasse Allgemeinmedizin" (KAM) an der Medizinischen Fakultät der Uni Halle an den Start gegangen.
Bis zu 40 ausgewählte Studenten werden vom ersten Vorklinischen Semester an in einem festen Klassenverband ("die Klasse") auf eine spätere Tätigkeit als Haus- bzw. Landarzt vorbereitet. Die ersten Absolventen wurden 2017 verabschiedet.
Die "Klasse Allgemeinmedizin" konnte sich 2014 als Bundessieger im Wettbewerb "Land der Ideen" durchsetzen.
Den Ausbildungsvertrag hatte Theresa bereits in der Tasche, als die Zusage zum Studium in Halle kam. "Die Praxiserfahrung hätte mir weder beim Studium noch im künftigen Beruf geschadet, insofern wäre die Ausbildung im Klinikum alles andere als eine Notlösung für mich. Aber natürlich habe ich mich gefreut, gleich richtig loslegen zu können."
Gleich zu Beginn des ersten Semesters meldete sich Theresa Ruehlmann zum Bewerbungsgespräch für die KAM an.
Das war vor drei Jahren und noch immer liebäugelt Theresa mit dem Gedanken, Hausärztin zu werden – in Laucha, ihrem Heimatort oder zumindest in der Nähe. "Ein toller Beruf", sagt sie.
Regelmäßig verlängert die Medizinstudentin die zwei während der Semesterferien vorgeschriebenen Praxistage in einer Hausarztpraxis in Mertendorf.
"Ein Glücksfall, dass mir per Losentscheid diese Praxis zugefallen ist. Ich lerne so viel von meinem Mentor Dr. Georg Schoultz von Ascheraden, darf schon selbstständig agieren und werde in den gesamten Praxisablauf einbezogen." Theresa erzählt von einer Patientin, die sie seit Beginn mitbetreuen darf.
"Ein schönes Gefühl"
Regelmäßig informiert sie der Mentor, wie es der Patientin geht. "Das ist schon ein schönes Gefühl." Der familiäre Bezug, das vielfältige Spektrum, die generationsübergreifende Arbeit und selbst Hausbesuche – all das fasziniert Theresa am Beruf des Allgemeinmediziners.
Dennoch hat sie nie ein Stipendium in Betracht gezogen, das Sachsen-Anhalt für Studenten aufgelegt hat, die später hausärztlich im Land arbeiten möchten.
"Ich will mir alle Optionen offen halten, auch andere Fachbereiche besser kennenlernen. Meine Entscheidung soll nicht aus Zwang (wird der Vertrag nicht eingehalten, muss das Geld zurückgezahlt werden), sondern aus Überzeugung erfolgen."
Während ihrer Famulatur im Naumburger Klinikum Burgenlandkreis konnte Theresa neue praktische Erfahrungen machen. Hier gestattete Dr. Lars Hüter, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, erste Einblicke in sein Fachgebiet. Die Famulantin durfte mit in den OP, an Narkosegesprächen teilnehmen, Patienten auf der Intensivstation betreuen.
"Für mich war das fast ein Heimspiel", sagt sie. "Ich komme ja aus der Gegend, kenne den guten Ruf des Klinikums und sogar etliche der Pflegeazubis ganz persönlich. "Ich bin mit offenen Armen empfangen worden und bin immer gern zur Arbeit gekommen."
"Sie wird eine gute Ärztin", ist der Chefarzt überzeugt. Und auch, wenn der Weg bis zur Fachärztin noch weit ist, würde der sich freuen Theresa als Kollegin begrüßen zu können. Die schnupperte im Anschluss erst mal in die Radiologie des Klinikums. "Das passt gerade gut zum Studium."
Wie alles zu passen scheint seit der Berufswahl. Theresa ist von ihrem Studium begeistert. Sie empfindet den Praxisbezug, der durch die KAM besonders gefördert wird, als echtes Sahnehäubchen.
"Manche Kommilitonen sagen, in den Ferien auch noch arbeiten, wäre nichts für sie. Für mich ist das was ganz besonderes."
Arbeit in der Heimatregion geplant
Obwohl mit "ihrer" Mertendorfer Praxis überaus glücklich, hat sich Theresa deshalb auch um eine Famulatur in Steigra bemüht. Auf den dortigen Hausarzt war sie aufmerksam geworden, weil der sich ganz besonders für den medizinischen Nachwuchs engagiert.
"Aber ich will auch sehen, wie es anderswo läuft, neue Erfahrungen sammeln." Aus Gesprächen mit anderen KAM-lern weiß sie, dass es durchaus Unterschiede gibt. Und nicht alle Studierenden so viel Glück wie sie hätten.
Übrigens ist Theresa Ruehlmann das beste Argument für eine Landeskinderquote. Sie will nach dem Studium auf alle Fälle in ihrer Heimatregion arbeiten und bestätigt damit wissenschaftliche Studien, in denen nachgewiesen wurde, Medizinstudierende, die als Kind auf dem Land lebten, später eher bereit sind, dort auch zu arbeiten. In ihrem Heimatort Laucha, aber auch in Mertendorf wäre sie schon jetzt herzlich willkommen.
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