Eigene Praxis

Ein Erfolgsmodell für die Familienplanung

Die Arbeit als Freiberufler schreckt viele junge Ärzte mit Familienwunsch. Völlig zu Unrecht, sagt Dr. Astrid Schmidt. Sie meint, die Freiberuflichkeit erlaube sogar mehr Familien-Zeit.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Praxisbesuch bei Dr. Astrid Schmidt: Ministerin Melanie Huml (CSU) und Dr. Ilka Enger von der KVB. (v.l.n.r.)

Praxisbesuch bei Dr. Astrid Schmidt: Ministerin Melanie Huml (CSU) und Dr. Ilka Enger von der KVB. (v.l.n.r.)

© KVB

NEU-ISENBURG. Eigene Arztpraxis auf dem Land und gleichzeitig ein erfülltes Familienleben: Was für viele junge Ärzte heute wie ein Ding der Unmöglichkeit klingt, kann sehr gut funktionieren - sogar besser als in einem Angestelltenverhältnis.

Diese Erfahrung hat die Orthopädin Dr. Astrid Schmidt gemacht. Sie führt eine Einzelpraxis mit circa 1200 Scheinen pro Quartal in der über 9000 Einwohner zählenden Stadt Miltenberg in Bayern - und ist Mutter von zwei Söhnen.

"Mit der Praxis hatte ich für meine Kinder deutlich mehr Zeit als vorher in der Klinik", berichtet die Ärztin. Das liege daran, dass die Arbeit als Freiberuflerin um einiges besser zu planen sei, als im Krankenhaus mit Nachtdiensten im Schichtsystem und vielen Notfällen.

 Voraussetzung dafür sei, "die Praxis als Unternehmen zu betrachten". Sind einzelne Aufgaben wie etwa Bereitschaftsdienste gut koordiniert, ermögliche das viele individuelle Freiheiten.

Hausaufgaben in der Praxis

Durch den Schritt in die Niederlassung vor zehn Jahren konnte Schmidt ihre Kinder mehr im Alltag begleiten: Ihre Söhne hätten beispielsweise des Öfteren ihre Hausaufgaben in der Praxis erledigt.

"Im Gemeinschaftsraum der Praxis, gelegentlich auch gemeinsam mit Kindern anderer Mütter aus dem Team", sagt Schmidt.

Grund dafür, dass junge Ärzte vor der Freiberuflichkeit zurückschrecken und solche Möglichkeiten ungenutzt lassen sieht sie vor allem in dem Vertrauensverlust gegenüber der Niederlassung.

Es brauche mehr Planungssicherheit und verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen, damit die Investition in die Praxis nicht zu einem großen Wagnis werde, betont Schmidt. Etwa dann, wenn es zur Wirtschaftlichkeitsprüfung komme.

Hier musste die Ärztin bereits Erfahrungen sammeln, da sie überdurchschnittlich viele ältere Patienten versorgt. Die hätten häufig Osteoporose und müssten intensiver versorgt werden.

Einen Weg vorbei an den Wirtschaftlichkeitsprüfungen gibt es für Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) allerdings nicht. Aber: Sie verstehe, dass dies Ärzten Wochen der Unsicherheit und viel Papierkram bescheren könne.

Solche Prozesse müssen daher möglichst praktikabel geregelt sein, sagt die Ministerin und approbierte Ärztin bei ihrem Besuch in der Praxis von Astrid Schmidt am Donnerstag der vergangenen Woche.

Förderung von Landärzten

Huml lobte die Praxis in Miltenberg als bestes Beispiel, "selbstbestimmt ein Familienleben führen zu können". Solche Praxen will sie im Freistaat stärken, "um auch in Zukunft die ausgezeichnete ambulante Versorgung der Bevölkerung zu erhalten."

Um Ärzte zu fördern, stünden für 2015 und 2016 im Haushalt 11,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Das bereits länger existierende Programm zur Förderung von Landärzten wertet die Ministerin als Erfolg: 129 Niederlassungen und Filialbildungen von Hausärzten seien bis heute vom Ministerium mit je 60.000 Euro unterstützt worden. Geplant sei, das Programm in Zukunft auch für Fachärzte zu öffnen.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) will verstärkt Unterstützung in Sachen Vereinbarkeit von Praxis und Familie leisten: "Wir haben unser Beratungsangebot in den letzten Jahren kontinuierlich erweitert", sagt Dr. Ilka Enger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVB.

Unter den Unterstützungsmaßnahmen seien etwa eine Kooperationsbörse oder Seminare für Wiedereinsteigerinnen.

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