Umfrage
Hausärzte und Hörgeräte
Allgemeinmediziner spielen bei der Aufklärung zu Hörhilfen eine zentrale Rolle. Für jeden zweiten Hörgeräteträger in Deutschland dienten sie auch als Informationsquelle – weit vor Dr. Google und Medienrecherche.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Bei der Akzeptanz und dem Gebrauch von Hörgeräten gibt es in Deutschland noch viel Luft nach oben. Das legt eine repräsentative Befragung von mehr als 13.500 Menschen – 1302 von ihnen mit einem festgestellten Hörverlust – im Auftrag der European Hearing Instrument Manufacturers Association (EHIMA) nahe, die im Dreijahres-Abstand erhoben wird. In Deutschland leben demnach 12,2 Prozent der Bevölkerung mit einer verminderten Hörleistung – 2015 waren es 12,1 Prozent.
36,9 Prozent der Patienten mit einer attestierten Hörminderung sind indes auch mit einer Hörgerätelösung versorgt – gegenüber 2015 ein Zuwachs um zwei Prozentpunkte. Der Anteil der Hörgeräteinhaber, die binaural versorgt sind, ist von 75 Prozent in 2015 auf aktuell 71 Prozent zurückgegangen.
Fast jeder Zweite absolviert Hörtest
Mit 45 Prozent ist die Rate der Menschen in Deutschland im Vergleich zu 2016 konstant geblieben, die sich nach eigener Aussage in den vergangenen fünf Jahren mindestens einem Hörtest unterzogen haben. Mit 60 Prozent – Mehrfachnennungen waren möglich – waren erwartungsgemäß die HNO-Ärzte erster Ansprechpartner für den Hörtest.
In 22 Prozent der Fälle haben sich die Patienten das Gehör in der Hausarztpraxis und in weiteren 20 Prozent beim Hörgeräteakustiker testen lassen. Zwei Prozent geben an, einen Online-Test oder eine entsprechende Smartphone-App genutzt zu haben. Mit 31 Prozent hat sich rund jeder dritte Deutsche über 14 Jahre noch nie einem Hörtest unterzogen.
Betrachtet man nur die Gruppe der Hörgeschädigten, so suchen diese anscheinend auf den verschiedensten Kanälen nach Informationen zu Hörhilfen. Mit 47 Prozent – Mehrfachnennungen waren wieder möglich – führten HNO- und Hausärzte sowie die Hörgeräteakustiker die Liste der Ansprechpartner klar an. Mit 21 Prozent suchte jeder fünfte, der von einer Hörminderung betroffen ist, weitere Infos zu Hörhilfen im Web – mit 13 Prozent dominierte hierbei die gezielte Suche auf den Websites der Hörgeräte-Hersteller vor den Online-Angeboten entsprechender Versorger und Dr. Google & Co.
18 Prozent derjenigen, die bereits Hörhilfen anwenden, suchten das Infogespräch mit Freunden und Verwandten. Eine sehr untergeordnete Rolle als Infoquelle spielten zielgerichtete Beiträge in Tageszeitungen oder Magazinen mit sechs Prozent sowie entsprechende Zeitungsanzeigen mit vier Prozent. 31 Prozent gaben an, nach keinerlei Infos zu Hörhilfen gesucht zu haben.
Für die Zielgruppe der Hörgeminderten spielten Hausärzte eine wichtige Rolle. So geben in der Studie 42 Prozent an, zuallererst mit ihrem Hausarzt über einen möglichen Hörverlust gesprochen zu haben, in 58 Prozent der Fälle erfolgte der gezielte Gang zum HNO-Arzt.
Danach befragt, zu welchen anderen physischen und psychischen Beeinträchtigungen eine Hörminderung führen kann, gaben 30 Prozent der Betroffenen eine mögliche Depression an, gefolgt von Schlafstörungen und Bluthochdruck (je 22 Prozent), Demenz (elf Prozent), schlechtes Sehen (zehn Prozent) sowie Diabetes und Rückenprobleme (je acht Prozent). 47 Prozent der Befragten mit einer Hörminderung gaben an, diese Beeinträchtigung führe zu keinem der oben genannten Krankheitsbilder.
Tragedauer wird länger
Mit Blick auf die Anwender von Hörhilfen zeigt die Studie einen interessanten Trend. In Deutschland tragen Hörgeschädigte ihre Hörhilfen inzwischen sechs Jahre, bis sie sie durch neue Lösungen ersetzen – 2015 erfolgte der Wechsel noch nach nur fünf Jahren. Insgesamt vergehen vom Attestieren des Hörverlusts bis zur Versorgung mit einer Hörhilfe – sofern die Entscheidung zur Anschaffung fällt – im Schnitt zwei Jahre.
60 Prozent der befragten Hörhilfenbesitzer geben an, im Nachhinein zu bereuen, sich nicht früher für den Schritt der Hörgeräteversorgung entschieden zu haben. Als Gründe dafür nennen 72 Prozent von ihnen ein besseres soziales Leben, gefolgt von einer besseren mentalen und emotionalen Gesundheit (52 Prozent), einer besseren Performance im Job (19 Prozent) oder auch eine geringere Müdigkeit in den Abendstunden (15 Prozent).
Mangelndes Wissen herrscht anscheinend bei vielen Hörgeschädigten über Leistungen der Kassen im Falle einer Hörgeräteversorgung. Zum 1. November 2013 ist der Festbetrag für schwerhörige Versicherte über 18 Jahren auf rund 785 Euro gestiegen. Derweil geben 47 Prozent der Befragten mit einer verminderten Hörleistung, die nicht im Besitz einer Hörhilfe sind, an, nichts über eventuelle Kostenbeteiligung Dritter – darunter Kassen – zu wissen.