Arzt im Reich der Mitte
Hier treffen sich deutsche Patienten
Regionalarzt in China: Seit 1989 ist Dr. Enno Winkler für das Auswärtige Amt tätig, seit vergangenem August praktiziert der Internist in der chinesischen Hauptstadt Peking. Vor allem Impfungen sind hier gefragt.
Veröffentlicht:PEKING. Reisen war schon immer ein wichtiger Teil in Dr. Enno Winklers Leben. Seit er 1985 das erste Mal im Ausland, damals in Lambarene (Gabun), praktiziert hat, ist der Internist und Tropenarzt immer auf der Durchreise gewesen.
Seit August vergangenen Jahres ist der 65-Jährige auf seiner voraussichtlich letzten beruflichen Station angekommen: Als Regionalarzt des Auswärtigen Amts in Peking betreut er 15 deutsche Botschaften und Generalkonsulate in Ost- und Zentralasien, bevor er kommendes Jahr in den Ruhestand geht.
Schon heute kann Winkler auf ein beachtliches Berufsleben zurückblicken: Nach dem Senegal - seiner ersten Station als Entsandter des Auswärtigen Amtes, die er 1989 angetreten hatte - war Winkler in Nairobi, Moskau, als Leiter des Gesundheitsdienstes in Berlin und zuletzt wieder als Regionalarzt in Südafrikas Hauptstadt Pretoria tätig.
Deutscher Standard im Labor
Für seinen Praxisalltag spielt der Standort allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Denn Winklers Patienten sind einerseits entsandte Mitarbeiter und deren Angehörige, andererseits aber auch die an den Auslandsvertretungen jeweils beschäftigten einheimischen Mitarbeiter.
"In Afrika beispielsweise, wo die Gesundheitsversorgung insgesamt noch Defizite hat, habe ich auch alle lokal Beschäftigten versorgt", erzählt Winkler aus seinen ersten Jahren, in denen er als Regionalarzt für Westafrika verantwortlich war.
Jetzt in Peking ist die Lage eine andere, nicht alle chinesischen Mitarbeiter kommen zu ihm in die Praxis.
Um die, die kommen, optimal versorgen zu können, arbeitet Winkler mit zwei chinesischen Mitarbeiterinnen zusammen.
Eine spricht neben ihrer Muttersprache deutsch und englisch, die andere französisch - denn gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Marc Antoine ist auch der deutsche Arzt im Untergeschoss der französischen Botschaft untergebracht. Dort ist auch ein Labor eingerichtet - "nach deutschen Qualitätsstandards zertifiziert", wie Winkler ausdrücklich betont.
Vormittags hat er regulär Sprechstunde, am Nachmittag widmet sich Winkler den anderen Aufgaben seines Postens. Dann verfasst er beispielsweise Berichte zur örtlichen Gesundheitsversorgung oder - wenn akut nötig - Reisewarnungen.
Außerdem kommen auch Patienten aus EU-Mitgliedstaaten zu ihm. Andere Patienten darf er wegen der fehlenden chinesischen Zulassung nicht behandeln.
Eigene Impfstoffe
Eine große Rolle im Praxisalltag spielen Impfungen. Weil die Impfempfehlungen in China erheblich von denjenigen in Deutschland abweichen, sind diverse Impfstoffe auf dem chinesischen Markt gar nicht erhältlich.
Diese Präparate, etwa HPV-Impfstoffe, können von Dr. Winkler angeboten werden. "Die Nachfrage nach solchen Impfungen ist bei meinen deutschen Patienten relativ hoch", versichert er.
Anders sieht das bei den chinesischen Mitarbeitern der Botschaft aus: "Ein Impfangebot gegen Hepatitis B beispielsweise gibt es hier nicht, viele wollen sich deshalb allein aus Unwissenheit nicht impfen lassen. Ich spreche das Thema an und berate."
Nicht nur in der Impfdebatte verfolgt Winkler die Situation der heimischen Kollegen aufmerksam. "Wenn ich nicht im Auswärtigen Amt angefangen hätte, wäre ich wohl auch hausärztlich niedergelassener Internist", sagt Winkler.
Partnerin mit Fernweh
Den Anstoß für das Reisen gab seine Lebensgefährtin. "Sie ist 1979 als Krankenschwester für den Deutschen Entwicklungsdienst nach Burkina Faso gegangen", erzählt Winkler.
Das war der Beginn seiner Leidenschaft für ferne Länder - und einer seit mehr als 30 Jahren anhaltenden Ehe. Gemeinsam haben die beiden drei Kinder. "Ohne einen Partner, der bereit dazu ist, durch die Welt zu reisen, funktioniert solch ein Beruf nicht", sagt Winkler. "Es ist nicht immer einfach gewesen."
Kommendes Jahr geht der Mediziner in den Ruhestand, Peking wird er dafür - trotz einer gewöhnlich längeren Einsatzzeit - bereits nach rund zwei Jahren wieder verlassen.
Auch die Rastlosigkeit seines Lebens wird damit zunächst ein Ende haben. Völlig auf das Reisen verzichten wird Winkler wohl aber nicht.