Anlage-Kolumne

Inflation: Nerven behalten, statt an der Zinsschraube zu drehen

Zinserhöhungen drohen der Wirtschaft das Wasser abzugraben. Gegen die aktuellen Ursachen der Inflation helfen sie ohnehin nicht.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:

Die Inflation scheint gekommen. 7,5 Prozent betrug die Teuerungsrate in den USA im Januar, 5,1 Prozent waren es im selben Monat in der Eurozone, 4,9 Prozent in Deutschland. Die US-Notenbank Fed handelt: Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen werden heruntergefahren, der Leitzins soll bis Jahresende von derzeit Null bis 0,25 Prozent auf 0,75 bis ein Prozent, möglicherweise sogar 1,25 Prozent heraufgesetzt werden.

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, will hingegen abwarten, keine drastischen Zinsschritte unternehmen. „Jegliche Anpassung unserer Geldpolitik wird allmählich erfolgen“, sagt sie. Diese Zurückhaltung könnte sich langfristig auszahlen.

Denn mit Zinserhöhungen lässt sich die Inflation nur in einem speziellen Fall eindämmen: Wenn Verbraucher immer mehr Waren auf Kredit kaufen und Unternehmen immer mehr Investitionen mit geborgtem Kapital tätigen. In so einem Fall führt die auf Pump getätigte Nachfrage zu immer höheren Preisen – und lässt sich einfangen, wenn die Kredite durch höhere Leitzinsen teurer werden.

Nur ist das derzeit nicht der Fall. Die Preise sind seit Mitte vergangenen Jahres massiv gestiegen, weil die Weltwirtschaft die von der Corona-Pandemie ausgelöste Rezession sehr schnell überwunden hat. Die Industrieproduktion zog schneller an, als Bergwerke die Rohstoffgewinnung hochfahren und Reeder stillgelegte Transportschiffe reaktivieren konnten. Die daraus entstehenden Lieferengpässe ließen die Preise explodieren.

Nur: Diese Phase der Knappheit neigt sich dem Ende. Iridium, ein Metall, das für Dentallegierungen ebenso wie für Leuchtdioden und Zündkerzen benötigt wird, hat sich seit September um 20 Prozent verbilligt. Platin und Rhodium, für Katalysatoren, Laborgeräte, Heizspiralen und Thermoelemente benötigt, notierten im Februar 15 Prozent, respektive 23 Prozent tiefer als im Vorjahresmonat. Selbst Zucker hat sich in den vergangenen drei Monaten um acht Prozent verbilligt. Gestiegen sind hingegen zuletzt die Gas- und Ölpreise. Allein die Nordsee-Ölsorte Brent hat sich im Januar und Februar um 25 Prozent verteuert. Wegen der Ukraine-Krise.

Die Zinserhöhungen der Fed laufen Gefahr, das Wachstum der US-Wirtschaft zu dämpfen. Wartet die Europäische Zentralbank dagegen weiter ab und dreht nicht an der Zinsschraube, dürfte Europas Wirtschaft deutlich zulegen. Für Anleger hieße das, dass Aktien europäischer Unternehmen mehr Potenzial bieten, als jene der US-Konkurrenten.

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