Thüringer bevorzugt
Kammer erwägt "Landeskinderquote"
Um die Versorgung zu sichern, will die Landesärztekammer Thüringen bevorzugt Thüringer zum Studium zulassen. Die Universität hat rechtliche Zweifel.
Veröffentlicht:JENA. Im Ringen um haus- und fachärztlichen Nachwuchs wird in Thüringen eine "Landeskinderquote" diskutiert. Die Landesärztekammer wirbt dafür, eine Quote für aus Thüringen stammende Bewerber beim Medizinstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena einzuführen. Die Uni ist einzige Ausbildungsstätte für Ärzte in Thüringen. Mit der Entscheidung, im eigenen Bundesland zu studieren, besteht aus Kammersicht auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Absolventen später auch als Arzt in Thüringen tätig werden. Ihre Forderung nach einer bevorzugten Berücksichtigung Thüringer Bewerber hat die Kammerversammlung jüngst in eine Resolution gegossen.
"Thüringen gehört nach wie vor zu den Bundesländern mit einer massiven Abwanderung der jungen Generation in andere Bundesländer", heißt es darin. Verschiedene Initiativen zur Lösung des Problems seien bereits angestoßen worden, um junge Menschen in Thüringen zu halten. Daher sei es auch sinnvoll, an der Uni Jena bei der Vergabe von Medizinstudienplätzen eine Quote für Bewerber aus Thüringen einzuführen – ohne das Leistungsprinzip bei der Vergabe von Studienplätzen auszuhebeln. Wie viele aus Thüringen stammende Absolventen derzeit als Ärzte in Weiterbildung im Freistaat arbeiten, ist unklar. Die Landesärztekammer konnte eine Anfrage dazu nicht beantworten.
Juristische Bedenken an Plan
Zweifel am Vorstoß der Kammer kommen von der Uni selbst. "Im Rahmen des derzeitigen Hochschulzulassungsgesetzes in Thüringen ist eine solche Landeskinderquote nicht umsetzbar", verwies eine Sprecherin der Medizinischen Fakultät auf rechtliche Hürden. In anderen Bundesländern, etwa in Sachsen-Anhalt, würden auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche Quote vorgebracht. Und schließlich: Auch ohne Quote kommt schon rund ein Drittel der Humanmedizin-Erstsemester in Jena aus Thüringen. Im Wintersemester 2016/17 etwa sind unter den 265 Studienanfängern 76 Thüringen.
"Nicht so schlecht" findet die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen eine "Landeskinderquote". "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Studenten aus Thüringen auch lieber in Thüringen bleiben als andere", sagte KVT-Chefin Annette Rommel. Allzu große Erwartungen in eine solche Quote hegt sie aber nicht. Diese könne "vielleicht ein ganz kleiner Baustein" zu den bereits bestehenden Förderprogrammen sein. So können Medizin-Absolventen während ihrer Facharztausbildung in der Allgemeinmedizin, der Inneren Medizin oder der Augenheilkunde das "Thüringenstipendium" der Stiftung zur Förderung ambulanter ärztlicher Versorgung erhalten. Ein monatlicher Zuschuss von bis zu 250 Euro wird maximal fünf Jahre gezahlt. Bedingung: Sie müssen sich verpflichten, drei weitere Jahre in Thüringen zu arbeiten. Die Stiftung fördert auch Famulaturen und das Praktische Jahr von Medizinstudenten in der hausärztlichen Versorgung. Das Land wiederum unterstützt Praxisgründungen oder –übernahmen in unterversorgten ländlichen Regionen mit rückzahlungsfreien Zuschüssen.
Ausbildungsreform "Jenos"
Die Jenaer Fakultät hat mit ihrer Ausbildungsreform "Jenos" vor gut einem Jahr das sogenannte neigungsorientierte Studium eingeführt, das schon während der Ausbildung die Weichen für die spätere Tätigkeit der angehenden Ärzte stellt – zumindest fachlicher Art. Die Studierenden können sich für eine von drei Richtungen entscheiden: die ambulant orientierte Medizin, die klinisch orientierte Medizin und die forschungsorientierte Medizin. Etwa ein Drittel der Studierenden entscheidet sich laut Fakultät für den ambulanten Schwerpunkt. Ob das auch dazu führt, dass sie sich für Thüringen als Arbeitsort entscheiden, lässt sich noch nicht absehen.