GKV zu Klinikschließungen
Keine Effekte auf nahe Versorgung
Auch Klinikschließungen im großen Stil gefährden nicht die wohnortnahe Versorgung, behauptet der GKV-Spitzenverband auf Basis einer Simulation. Und: Bringen Mindestmengen einen Qualitätsanstieg bei der Behandlung?
Veröffentlicht:BERLIN. Von den 1138 grundversorgenden Krankenhäusern könne eine dreistellige Zahl geschlossen werden, wenn es ausschließlich um das Kriterium der Erreichbarkeit binnen 30 Minuten gehe. Das sagte Dr. Wulf Dietrich Leber vom GKV-Spitzenverband am Donnerstag. Im Schnitt könne jeder Bürger in elf Minuten eine grundversorgende Klinik erreichen.
Die Spitzenorganisation der Kassen hat eine Internetseite freigeschaltet, die die Konsequenzen von Klinikschließungen simuliert. Patienten können sich darüber berechnen lassen, um wie viel länger ihre Anreise zu einem Haus der Grundversorgung werden würde, wenn das aktuell nächstgelegene Krankenhaus geschlossen würde.
Klinik binnen 30 Minuten zu erreichen
Die Auswertungen zeigten, dass sich bei der Mehrzahl der Krankenhäuser keine nennenswerten Verlängerungen der Fahrzeiten ergäben, sagte Leber. 99 Prozent der Bevölkerung könne aktuell binnen 30 Minuten ein Krankenhaus erreichen, die Hälfte habe sogar zehn Häuser zur Auswahl.
Auslastung, Wirtschaftlichkeit und zusätzliche Spezialisierungen spielen bei der Simulation des GKV-Spitzenverbandes jedoch keine Rolle. In einer zusätzlichen Stufe des Internetportals sollen zusätzlich die Einhaltung von Mindestmengen bei planbaren Operationen eingerechnet werden.
Auf diese legt der aktuelle "Faktencheck Gesundheit" der Bertelsmann Stiftung seinen Schwerpunkt. Auch diese am Donnerstag veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass Klinikschließungen für Patienten zu verkraften wären: Die durchschnittliche Anfahrtzeit bei einer stärkeren Konzentration auf spezialisierte Kliniken, so das Fazit, verlängere sich nur um zwei bis fünf Minuten.
Können Mindestmengen die Qualität verbessern?
Dabei weist die Stiftung darauf hin, dass Mindestmengen die Versorgung beispielsweise bei Hüftoperationen oder Prostata-Entfernungen deutlich verbessern können. Das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) hat für den "Faktencheck" berechnet, dass im Jahr rund 140 Todesfälle bei Hüftoperationen vermieden werden könnten, wenn diese Eingriffe nur von Häusern mit mehr Erfahrung gemacht würden.
Die Berechnung setzt mehr als 176 Operationen pro Jahr als Maßstab. In Deutschland wurden 2014 Hüftoperationen in 311 Kliniken vorgenommen, die weniger als 50 Eingriffe dieser Art verzeichneten. Von den 414 Kliniken, die Prostata-Entfernungen durchführen, nehmen 43 diesen Eingriff sogar seltener als fünfmal im Jahr vor.
"Den Bürgern muss bewusst werden, dass sie bei planbaren Operationen in Fachabteilungen mit vielen Fällen und viel Erfahrung die bessere Versorgung bekommen", erläutert Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, die Ergebnisse.
Gleichzeitig bedeute eine stärkere Spezialisierung jedoch nicht zwangsläufig ein Kliniksterben, so die Autoren. Etwa durch Kooperationen von Häusern könnten Leistungen effizienter erbracht werden.
Sicherstellungszuschläge in Arbeit
Der GBA definiert derzeit Bedingungen für Sicherstellungszuschläge. Darüber sollen an sich unwirtschaftliche Häuser erhalten bleiben, die aber hohe Bedeutung für die medizinische Versorgung einer abgelegenen Region haben können. Nach dem Stand der Beratungen gebe es dafür etwa 60 Kandidaten, sagte Leber in Berlin.
Der eine Milliarde Euro schwere Strukturfonds aus dem Krankenhausstrukturgesetz, mit dem Krankenhausschließungen und -umwidmungen finanziert werden sollen, wird von den Ländern auch als Beitrag zur Investitionskostenfinanzierung angesehen.
Die Simulaton des GKV-Spitzenverbandes: