Preisgekröntes Lehrprojekt

Landärzte werben für eigenen Nachwuchs

An der Universität Halle werden in einem preisgekrönten Lehrprojekt Medizinstudenten von engagierten Mentoren begleitet: Landärzte vermitteln hier Freude am zukünftigen Job.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Will Studierenden Freude an seiner Arbeit vermitteln: Landarzt Thomas Dörrer.

Will Studierenden Freude an seiner Arbeit vermitteln: Landarzt Thomas Dörrer.

© Petra Zieler

ZSCHERBEN. "Wenn wir uns nicht selber um uns und unseren Nachwuchs kümmern, wer soll es dann tun?" Landarzt Thomas Dörrer ist neben seiner Praxistätigkeit wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Sektion Allgemeinmedizin - und hat eine klare Meinung zum Thema Landarzt-Nachwuchs.

Seit 2013 begleitet er deswegen die "Klasse für Allgemeinmedizin", die es seit fünf Jahren an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle gibt. Das Lehrprojekt wurde bereits im Rahmen der Bundesinitiative "Land der Ideen" preisgekrönt, nun folgte auch der Demografiepreis Sachsen-Anhalts.

Dass Dörrer vor knapp sieben Jahren nach seiner Weiterbildung zum Allgemeinmediziner eine Landarztpraxis in Zscherben nahe Halle übernehmen konnte, war für ihn ein reiner Glücksfall: "Ich wollte schon immer auf dem Land arbeiten, wo der Arzt meist nicht nur seine Patienten, sondern auch die ganze Familiengeschichte kennt, wo man sich gegenseitig respektiert und dir die Konkurrenz nicht im Nacken sitzt."

Gute Arbeit, gutes Einkommen

Thomas Dörrer gehört zu den sehr zufriedenen Ärzten. Gute Arbeit, gutes Einkommen, auch wenn die Honorierung pro Fall noch der in anderen Bundesländern hinterherhinke. Und genau diese Zufriedenheit möchte Dörrer der neuen Arztgeneration vermitteln. "Ich war zunächst Mentor und bin seit 2013 zusätzlich einer von drei Klassenlehrern."

64 Hausärzte aus dem südlichen Sachsen-Anhalt sichern mittlerweile als Mentoren nahezu eine 1:1-Betreuung der knapp 90 Studenten in den "Klassen Allgemeinmedizin". Dazu gehört die Unterstützung in der Theorie ebenso wie die Anleitung und Betreuung während der jeweils zwei Praxistage pro Semester. Die Klassenlehrer übernehmen darüber hinaus einzelne Seminare.

"In jedem Jahr nehmen wir 20 Studienanfänger in die Klasse für Allgemeinmedizin auf", so Thomas Dörrer. Mittlerweile seien die Plätze sehr begehrt. Für das Wintersemester 2015/2016 musste die Sektion aus 41 Bewerbern auswählen.

"Dabei machen wir es uns nicht leicht", sagt der Landarzt. Kriterien wie ländliche Herkunft, Draht zur Allgemeinmedizin und Teamfähigkeit spielten bei der Auswahl eine wichtige Rolle.

Neue Mentoren gesucht

"Wenn wir im Herbst 2016 die nächste "Klasse Allgemeinmedizin" mit 20 Studierenden eröffnen, brauchen wir auch entsprechend viele neue Mentoren, denn der erste Jahrgang unserer angehenden Allgemeinmediziner verlässt erst 2017 die Fakultät."

Mentoren sollten laut Dörrer vor allem Freude an ihrer Arbeit haben und sie auch vermitteln können. "Eine bessere Werbung kann es für unseren Beruf nicht geben. Wenn wir wollen, dass die Studierenden in unserem Bundesland bleiben, müssen wir ihnen aber auch dessen Vorzüge zeigen und brauchen die Gemeinden als Verbündete. Eine fehlende oder schlechte Infrastruktur ist unser größter Gegenspieler."

Gut sei, dass sich immer mehr Gemeinden aktiv in die Suche nach Hausärzten einbinden, offen mit ihren Vorzügen werben und interessierten Praxisnachfolgern ihre Unterstützung anbieten.

Doch auch der Wegfall der Residenzpflicht erleichtere die Entscheidung für eine Landarztpraxis. "Auch ich wohne mit meiner Familie im benachbarten Halle und habe so alles Gute beieinander: Die Großstadt für die Freizeit, das Land für die Arbeit."

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Kommentare
Dr. Henning Fischer 17.01.201601:46 Uhr

"Gute Arbeit, gutes Einkommen"


gute Arbeit? ja
gute Arbeitsbedingungen: nein
gutes Einkommen? Originalton KVWL: die Kassen bezahlen 62% der geleisteten Arbeit. Anscheinend sind einige KollegInnen damit zufrieden.

Herr Dörrer ist seit 7 Jahren Allgemeinarzt, ich seit 30. Er hat den größten Teil des dramatischen Niedergangs (Seehofer ect) überhaupt nicht erlebt und geht von einem niedrigen Niveau als 100% aus.

Nun ja, der Nachwuchs sollte nicht auf die ausgelegten Köder hereinfallen.

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