Bereitschaftsdienst

Vor BSG-Urteil: MEDI befürchtet Ende des Poolärzte-Systems

Ohne Ärzte, die auf Honorarbasis Bereitschaftsdienste schieben, läuft bei den meisten KVen in Sachen Notversorgung nichts. Nächste Woche entscheidet das Bundessozialgericht, welche Zukunft das hat.

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Die KVen haben den Sicherstellungsauftrag für die ambulante Notversorgung. Ohne Kollegen, die auf Honorarbasis einspringen, ginge hier wenig.

Die KVen haben den Sicherstellungsauftrag für die ambulante Notversorgung. Ohne Kollegen, die auf Honorarbasis einspringen, ginge hier wenig.

© Daniel Reinhardt/picture alliance

Stuttgart. Angesichts des für kommende Woche erwarteten Grundsatzurteils zum sozialversicherungsrechtlichen Status von Poolärzten im Bereitschaftsdienst, warnt nun auch der Ärztebund MEDI vor einem „Zusammenbruch des Notdienstes“.

Sollten die Richter am Bundessozialgericht eine abhängige Beschäftigung dieser Honorarkräfte bejahen, könnte das „gravierende Folgen für die Notdienste in ganz Baden-Württemberg und vor allem in der Landeshauptstadt Stuttgart“ haben, so der MEDI-Landesvorsitzende Dr. Norbert Smetak am Mittwoch. Die KVBW hatte kürzlich bereits angekündigt, bei einer „negativen Entscheidung“ aus Kassel müsse „die Tätigkeit der Poolärzte mit sofortiger Wirkung beendet werden“.

Das BSG will den Präzedenzfall eines am Bereitschaftsdienst der KZVBW auf Honorarbasis teilnehmenden Zahnarztes am Dienstag (24. Oktober) mündlich verhandeln und „voraussichtlich eine Entscheidung verkünden“, wie es in einer Mitteilung heißt. Die Sachlage ist insofern etwas vertrackt, als die Rentenversicherung ausdrücklich verneint hat, dass Poolärzte abhängig beschäftigt – und demnach sozialversicherungspflichtig – wären.

Ein Zahnarzt hatte geklagt

Dagegen klagt der Zahnarzt, der seine Praxis vor Jahren aufgegeben hatte und seitdem keine vertragszahnärztliche Zulassung mehr besitzt. Hier beansprucht also der Poolarzt soziale Vorsorgeleistungen im Zusammenhang mit seinen Bereitschaftsdiensten, für die er ein Anstellungsverhältnis geltend macht.

Beide Vorinstanzen wiesen jedoch das Ansinnen auf Feststellung der Versicherungspflicht ab und bestätigten die Rechtsauffassung der Rentenversicherung. Zur Begründung wurde vor allem auf Paragraf 75 Absatz 1b SGB V abgestellt, wonach nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kliniken und Ärzte in den Notdienst der KV per Kooperationsvereinbarung einbezogen werden dürfen und „zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil(nehmen)“.

Dagegen argumentiert nach Darstellung des BSG der klageführende Dentist, für seine Dienste stundenweise entlohnt und zu eigener Abrechnung nicht befugt gewesen zu sein. Schon darin zeige sich, „dass er nicht vollumfänglich an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilgenommen habe“.

Worst Case: Rückkehr zu vertragsärztlicher Dienstverpflichtung

Für die KVen geht es viel. Sollte das BSG Poolärzte als abhängig Beschäftigte einstufen, müssten umgehend mit diesen Vertretungskräften Arbeitsverträge geschlossen werden – allein in Baden-Württemberg sind rund 3.000 Poolärztinnen und -ärzte im Einsatz. Die meisten KVen wären damit organisatorisch vermutlich völlig überfordert, eine Rückkehr zur Dienstverpflichtung sämtlicher Vertragsärzte daher unvermeidlich.

Das wiederum hätte erhebliche Konsequenz für die ambulante Versorgung insgesamt, prognostiziert MEDI-Chef Smetak. „Sowohl Sprechzeiten in der Regelversorgung als auch Notdienstzeiten müssten reduziert werden“. Die Klinikambulanzen „würden noch weiter verstopfen“. Zudem sei zu befürchten, dass Kollegen, die kurz vor der Rente stehen, ihre Zulassung früher als geplant abgeben, „weil sie die Notdienste nicht mehr stemmen können“. In Gesprächen mit dem Bundesarbeitsministerium, so Smetak, habe man bereits auf das „Worst-Case-Szenario hingewiesen“.

Bisher kein Gehör in Berlin

Die Bundesregierung hatte zuletzt den Wunsch der Bundesländer, Poolärzte – ähnlich wie Notärzte im Rettungsdienst – gesetzlich von der Sozialversicherungspflicht zu befreien, abgelehnt. Der Vorschlag war vom Bundesrat in das Gesetzgebungsverfahren zum Lieferengpassgesetz (ALBVVG) eingebracht worden. In der Gegenäußerung der Regierung heißt es unter anderem, es sei „auch bei umfassender Betrachtung nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der vertragsärztliche Notdienst durch eine grundsätzlich bestehende Beitragspflicht für abhängig beschäftigte Poolärztinnen und Poolärzte gefährdet sein soll. (cw)

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