Aufregung in Brüssel
Medizinstudent vergewaltigt Kommilitonin – und kommt mit Geldzahlung davon
Eine umstrittene Gerichtsentscheidung beschäftigt derzeit die belgische Öffentlichkeit: Für die Vergewaltigung einer Kommilitonin erhält ein Medizinstudent nur eine Geldauflage. Die Richter verweisen auf seine „vielversprechende Zukunft“.
Veröffentlicht:Brüssel. Hitzige Debatten sorgen gerade in Brüssel für Aufregung: Ein Influencer machte vor wenigen Tagen in seinem brisanten Video den vollen Namen eines Medizinstudenten öffentlich, der vergangene Woche wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung von einem Gericht im belgischen Löwen schuldig gesprochen wurde.
Dieses sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte den schwachen Zustand seiner Kommilitonin nach einer Halloween-Party im November 2023 ausgenutzt hatte. Die Frau war laut Gericht so betrunken gewesen, dass sie den sexuellen Handlungen nicht mehr einwilligen konnte.
Die begangenen Handlungen wurden im Urteil als „schwerwiegend und gesellschaftlich inakzeptabel“ bezeichnet. Laut Influencer wurde die Strafe auf Bewährung ausgesetzt. Als Begründung führte der Richter die „vielversprechende Zukunft“ des Studenten an.
„Privat und beruflich hoch angesehen“
Aufgrund seines jungen Alters, seines sauberen Strafregisters und seines Talents – der Richter sprach von einem „begabten und engagierten jungen Mann“, der sowohl privat als auch beruflich „hoch angesehen“ sei – soll dieser lediglich 3.800 Euro als Entschädigung an das Opfer zahlen.
Und spätestens hier beginnt die Geschichte der landesweiten Aufregung, die seit Tagen Tausende Demonstranten in mehreren belgischen Städten auf die Straße treibt.
Der Hinweis des Gerichts, dass es für den Mann schwierig werden würde, im Falle einer Inhaftierung später eine Stelle als Gynäkologe zu finden, löste in vielen Kreisen blankes Entsetzen aus.
Es ist das Fach, auf das sich der angehende Mediziner spezialisiert hatte. Auf Plakaten der Protestler wie auch im Netz sind immer wieder dieselben Worte zu lesen: „abscheulich“, „ekelhaft“, „unfassbar“. Kritiker, darunter auch die Anwälte des Opfers, monieren, dass das Urteil dem Potenzial des Täters Vorrang vor der Gerechtigkeit für das Opfer einräumt und Fragen zur Rechenschaftspflicht und zur Behandlung von Fällen sexueller Gewalt im Justizsystem aufwirft.
Student ist mittlerweile suspendiert
Tatsächlich rührt die Debatte an Fragen, die tiefer gehen: Kann die Aussicht auf den sozialen und beruflichen Aufstieg ausreichen, von einer höheren Strafe abzusehen? Zumindest die Staatsanwaltschaft sieht das nicht so und hat Berufung eingelegt.
Die Anwälte des Opfers betonten, dass sie keine Hexenjagd gegen den Mann veranstalten wollten. Und auch die Staatsanwaltschaft gab eine Mitteilung heraus, in der sie „im Interesse aller Beteiligten zur Gelassenheit aufruft“.
Doch der Ärger ebbt nicht ab, auch wenn die Universität den Studenten mittlerweile suspendierte. „Im Interesse des Friedens, der Ruhe und der Sicherheit auf dem Campus“ habe er bis auf Weiteres auch keinen Zugang mehr zum Gelände, gab die Hochschule bekannt.
Doch mit mehreren Petitionen, in denen sich die Initiatoren „gegen die Normalisierung sexueller Belästigung“ aussprechen, fordern aufgebrachte Bürger ein Berufsverbot für den Mann. (kap)