Sechs von zwölf Praxen betroffen

KV Saarland sagt, welche Bereitschaftsdienstpraxen dicht machen müssen

Die KV Saarland macht bis Jahresende die Hälfte aller Bereitschaftsdienstpraxen dicht – unter anderem in Neunkirchen, Saarbrücken und St. Ingbert. Kritik gibt es an Berliner Plänen für 24/7-Fahrdienste und Telemedizin.

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Auto mit Aufschrift mit Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Sechs von zwölf Bereitschaftsdienstpraxen im Saarland werden geschlossen. Doch auch künftig soll niemand länger als 30 Minuten zur nächsten Bereitschaftsdienstpraxis fahren müssen.

© Sebastian Gollnow / dpa / picture alliance

SAARBRÜCKEN. Die KV Saarland macht jetzt ernst mit ihrem Plan die Hälfte aller Bereitschaftsdienstpraxen (BDP) bis Jahresende zu schließen. Im Dezember hatte die Vertreterversammlung beschlossen, 6 der 12 BDPs dicht zu machen. Jetzt wurden Namen genannt. Besonders trifft es den Landkreis Neunkirchen mit seinen mehr als 130.000 Einwohnern. Die KV-Vertreterversammlung beschloss am 7. Februar in Saarbrücken, die einzige BDP im Kreis, am Diakonie Klinikum Neunkirchen, zu schließen. Die Stadt bangt ohnehin um die Zukunft der Klinik. Die Diakonie will das Haus schon seit zweieinhalb Jahren verkaufen – bislang aber ohne Erfolg.

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Geschlossen werden sollen auch die Bereitschaftsdienstpraxen in Losheim, Püttlingen, Sulzbach, St. Ingbert und am Saarbrücker Caritas-Klinikum. Mehrere BDPs im ländlichen Raum bleiben bestehen. KV-Geschäftsführer Rainer Warken sagte vor der Vertreterversammlung, man habe sich bemüht, dass auch künftig niemand länger als 30 Minuten zur nächsten Bereitschaftsdienstpraxis fahren müsse. KV-Vize Thomas Rehlinger bekräftigte, das Saarland sei auch mit sechs BDPs noch gut versorgt. In der 600.000 Einwohner-Stadt Stuttgart gebe es zum Beispiel nur eine Notfall-Praxis.

Nicht nur dringende medizinische Probleme

Für Unmut unter den Kassenärzten sorgt auch weiter, dass in die Bereitschaftsdienstpraxen längst nicht nur Patienten mit dringenden medizinischen Problemen kommen. Der Vorsitzende der KV-Vertreterversammlung, Dr. Thomas Stolz, hatte für eine eigene Stichprobe an einem Samstagvormittag 15 Patienten in einer Saarbrücker Bereitschaftsdienstpraxis befragt. Sein Fazit: „Eine beträchtliche Anzahl der Patienten war nicht als BDP-Fall einzustufen“. Manch einer habe nur Wartezeit sparen wollen, andere hätten ihre Beschwerden schon lange Zeit gehabt. Wieder andere seien nur gekommen, weil sie die Klinik gut kannten. Stolz forderte eine bessere Vorauswahl der Patienten. Eine weitere Erkenntnis seiner Samstags-Stichprobe: Einigen hätte man auch schon mit einer telefonischen Beratung gut helfen können.

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Auch im Streit um die Weiterbeschäftigung der Pool-Ärzte gibt es bislang keine guten Nachrichten für die Kassenärzte. Auch die jetzt veröffentlichte Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts habe keine Klarheit gebracht, so die KV. Das Urteil beziehe sich weitgehend doch nur auf den Einzelfall. KV-Vize Rehlinger kündigte in Kürze ein Schreiben an alle Vertragsärzte an, wie mit Vertretungen im Bereitschaftsdienst zu verfahren sei. So wolle die KV bei der Deutschen Rentenversicherung ein Status-Feststellungsverfahren für seine 150 Pool-Ärzte einleiten, um klären zu lassen, ob eine Sozialversicherungspflicht besteht.

Frauenärzte wollen eigenen Bereitschaftsdienst

Sorgen bereiten den saarländischen Kassenärzten die Pläne aus Berlin für Rund-um-die-Uhr-Fahrdienste und den Ausbau der Telemedizin. KV-Geschäftsführer Warken rechnen damit, dass dafür an der Saar 100 zusätzliche Kräfte nötig wären. „Diese Ärzte fehlen uns dann aber in der Regelversorgung“. KV-Vize Rehlinger verwies auf die Kosten. Allein für den Fahrdienst müsse man dann 4,5 Millionen Euro einkalkulieren.

An der Kassenärzte-Basis herrscht derweil weiter großer Unmut über die Bereitschaftsdienstpläne der KV. So wollten die saarländischen Frauenärzte lieber einen eigenen gynäkologischen Bereitschaftsdienst aufbauen, statt beim neuen allgemeinen Bereitschaftsdienst mitzumachen. Die Vertreterversammlung lehnte das aber mit großer Mehrheit ab. Einen separaten gynäkologischen Dienst gebe es sonst nirgendwo in Deutschland, hatte KV-Chef Professor Harry Derouet argumentiert. „Außerdem würden uns über 100 Leute im Bereitschaftsdienst fehlen. Das ist nicht abbildbar“. (kin)

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Kommentare
Andreas Hoffmann 08.02.202410:42 Uhr

Man kann es nicht oft genug wiederholen: entweder, es handelt sich um einen echten Notfall für den Notarzt, oder es kann bis zur nächsten Sprechstunde warten. Funktioniert überall auf der Welt. Der KV-Bereitschaftsdienst ist verzichtbarer Luxus. Wer diesen haben will, der soll ihn auch luxuriös bezahlen!

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