Bericht des GKV-Spitzenverbands
Schaden durch Fehlverhalten im Gesundheitswesen so hoch wie nie
In den Jahren 2022 und 2023 ist den Krankenkassen ein Schaden von rund 200 Millionen Euro entstanden, berichtet der GKV-Spitzenverband. Ursache sind zum größten Teil Luftbuchungen und Urkundenfälschung.
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In den vergangenen Jahren hat vor allem die Zahl professionell gefälschter Papierrezepte zugenommen. Das E-Rezept könnt dem künftig einen Riegel vorschieben.
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Berlin. In den Jahren 2022 und 2023 sind den gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von rund 200 Millionen Euro entstanden. Das zeigt der neue Bericht des GKV-Spitzenverbandes, der am Freitag veröffentlicht wurde. Im Berichtszeitraum 2020/2021 waren es noch 132 Millionen Euro.
Nach einem Rückgang zu Beginn der Corona-Pandemie seien die Zahlen in der zweiten Pandemiehälfte wieder deutlich angestiegen, heißt es.
Auch die Zahl der eingegangenen Hinweise ist um 21 Prozent gestiegen, von 39.600 auf 49.982. Allerdings konnten fast die Hälfte der offenen Forderungen in Höhe von rund 92 Millionen Euro gesichert werden.
Dies sei ein erfreulicher Anstieg um 35 Prozent, so der GKV-Spitzenverband. „Das Geld konnte somit wieder für die Versorgung eingesetzt werden.“
Weniger Abrechnungsbetrug durch Künstliche Intelligenz
Dr. Martin Krasney, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes: „Dreistellige Millionenbeträge, die durch Fehlverhalten im Gesundheitswesen verloren gehen, fehlen zugleich für die medizinische und pflegerische Versorgung der Menschen. Dabei müssen wir leider noch von einer deutlich höheren Schadensdunkelziffer ausgehen. Seit über 20 Jahren bekämpfen die Fehlverhaltensstellen der Kranken- und Pflegekassen den Abrechnungsbetrug und alle weiteren Formen von Fehlverhalten. Aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen können sie dabei aber die neuen technischen Möglichkeiten nicht nutzen.“
Den Fehlverhaltensstellen müsse deswegen insbesondere die Möglichkeit gegeben werden, Abrechnungsdaten zentral an einer Stelle proaktiv zusammenzuführen.
Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz könnten so endlich auch kriminelle Sachverhalte erkannt werden, die mit den bisherigen Möglichkeiten einer einzelnen Krankenkasse nicht aufgedeckt werden können.
Pflege bleibt der Brennpunkt
Der 8. Fehlverhaltensbericht zeigt, dass grundsätzlich alle Leistungsbereiche der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von Fehlverhalten betroffen sind.
Zu den Delikten gehören vor allem die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen (Luftbuchungen), die Abrechnung erbrachter Leistungen ohne vertragsgemäße Qualifikation, unzulässige Zusammenarbeit oder Urkundenfälschung.
Die überwiegend externen Hinweise betreffen an erster Stelle die Pflegeversicherung (SGB XI), dicht gefolgt von der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V). Fast 50 Prozent aller externen Hinweise betrafen damit Delikte im Bereich der Pflege.
Der Pflegebereich steht mit einem Schaden von über 62 Millionen Euro zum wiederholten Male im Brennpunkt des Fehlverhaltens, hier konnten lediglich 21 Millionen Euro gesichert werden.
Höchste finanzielle Schäden bei Arznei- und Verbandmitteln
Die mit Abstand höchsten Schäden sind mit fast 86 Millionen Euro im Leistungsbereich der Arznei- und Verbandmittel entstanden (siehe nachfolgende Tabelle). Dort konnten zugleich mit fast 37 Millionen Euro die höchsten Forderungen gesichert werden.
Allerdings wird auch deutlich, dass damit allein im Leistungsbereich der Arznei- und Verbandmittel Ausfälle in Höhe von ca. 50 Millionen Euro zu beklagen sind.
In den vergangenen beiden Jahren hat vor allem die Zahl professionell gefälschter Papierrezepte drastisch zugenommen. Kriminellen gelänge es dabei immer öfter, gefälschte Verordnungen für besonders hochpreisige Arzneimittel (wie z. B. Ozempic® oder Mounjaro®, aber auch Schmerzmittel wie Fentanyl oder Tilidin) in Apotheken einzulösen. Auch vergleichsweise wenige Fälle verursachten hier im Ergebnis hohe Schadenssummen.
Die konsequente Nutzung des eRezeptes dürfte diese Fälschungen in Zukunft allerdings deutlich erschweren, ist der Verband überzeugt. (kaha)