Altersvorsorge
Sicherheit geht vor Rendite
Wer für das Alter spart, muss in der aktuellen Niedrigzinsphase neue Wege gehen. Wo Ärzte Chancen sehen, zeigt sich in den Ergebnissen der aktuellen Umfrage von Springer Medizin und Deutscher Apotheker- und Ärztebank.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Rund jeder dritte Arzt, Zahnarzt und Apotheker ist unsicher oder sogar sehr unsicher, ob die Vorsorge ausreicht, um im Alter den Lebensstandard halten zu können. Ebenso viele Heilberufler sehen zudem Handlungsbedarf und wollen ihre Altersvorsorge-Aktivitäten ausbauen.
Diese Aussagen lassen sich aus den Ergebnissen einer Leserumfrage zum Thema Altersvorsorge in der Niedrigzinsphase des Fachverlags Springer Medizin, zu dem auch die "Ärzte Zeitung" gehört, und Deutscher Apotheker- und Ärztebank (apoBank) ableiten, an der sich mehr als 600 Leser per Fax oder über das Internet beteiligt haben.
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ, zeigen aufgrund der hohen Teilnehmerzahl jedoch einen stabilen Trend auf, wie Ärzte zur Altersvorsorge stehen, wo sie besondere Chancen sehen und worauf sie weniger Wert legen.
Ein eindeutiges Ergebnis der Umfrage ist, dass Heilberufler auch nach Jahren niedriger Zinsen eher konservative Anleger sind. Im magischen Dreieck der Vermögensanlage aus Sicherheit, Rendite und Liquidität/Flexibilität zieht es sie besonders in eine Ecke: Mehr als 90 Prozent der Umfrageteilnehmer ist der Aspekt der Sicherheit "wichtig" bis "sehr wichtig", wenn sie ihr Geld für ihr Auskommen im Alter anlegen.
Am zweitwichtigsten ist ihnen die Flexibilität - 43 Prozent der Teilnehmer sagen, sie sei "wichtig" bis "sehr wichtig". Erst an dritter Stelle steht bei den Heilberuflern eine hohe Rendite. Hierauf legen 34 Prozent großen Wert.
Langsamer Verzehr des Kapitals
Die starke Sicherheitsorientierung bei der Altersvorsorge könnte unter anderem eine Langzeitfolge der Kursschwankungen und Börsenunsicherheiten im Zeitraum von 2000 bis 2010 sein. Georg Geub, Spezialist für Altersvorsorge bei der apoBank, gibt allerdings zu bedenken: "Früher war es relativ leicht, Geld ohne hohes Risiko anzulegen - denken wir an Sparbücher, die mit drei Prozent verzinst wurden, oder Staatsanleihen. Das ist heute anders".
Wer heute ganz auf Sicherheit setze, müsse (nach Inflationsbereinigung) unter Umständen einen langsamen Verzehr des Kapitals hinnehmen.
Doch diesen Kapitalverzehr berücksichtigt nicht jeder Anleger. Das zeigt sich in den Antworten der Umfrageteilnehmer: Mehr als jeder Vierte gab an, die Geldentwertung/Inflation bei seiner Altersvorsorge nicht berücksichtigt zu haben.
"Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von knapp zwei Prozent pro Jahr - so war es in den vergangenen Jahren - müssen Anleger nach 25 Jahren mit einem Kaufkraftverlust von kumuliert 40 Prozent rechnen", erläutert Geub. Um den Lebensstandard im Alter zu halten, müsse einem Sparer daher später nominal deutlich mehr Geld zur Verfügung stehen, als heute dafür nötig wäre.
Ansparbeträge steigern
Anleger sollten daher umdenken und rechtzeitig die Inflationsrate in die Planung der Altersvorsorge mit einbeziehen. Gegensteuern ließe sich zum Beispiel, indem man die Ansparbeträge entsprechend der Inflationsrate regelmäßig steigere, rät Geub. Je nach Anlage lasse sich das auch flexibel handhaben. Im Bedarfsfall, wenn etwa nicht ausreichend Liquidität bestehe, könne eine Erhöhung auch zeitweise ausgesetzt werden - so etwa bei privaten Lebens- und Rentenversicherungen.
Die Sicherheitsphilosophie der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker spiegelt sich auch in den Antworten der Teilnehmer auf die Frage wider, wie stark welche Anlageklassen für die Altersvorsorge genutzt werden. Demnach nutzen erwartungsgemäß fast 80 Prozent der Umfrageteilnehmer Versorgungswerke "stark" oder "sehr stark" für die Altersvorsorge. "Im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung erwirtschaften die Versorgungswerke relativ gute Gewinne", so Geub.
Nach den Versorgungswerken folgt direkt das Eigenheim als wichtiger Teil der Vorsorge, 63 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen das so. Deutlich dahinter liegen private Lebens- und Rentenversicherungen (43 Prozent), Immobilien in Form von Direktinvestitionen und Fonds (35 Prozent). Erst an fünfter Stelle folgen Aktien mit 28 Prozent.
Die sogenannte Rürup-Rente spielt lediglich für rund elf Prozent der Umfrageteilnehmer eine große bis sehr große Rolle in der Altersvorsorge - trotz der damit zu erzielenden Steuervorteile.
Geub empfiehlt, trotz der Komplexität und der begrenzten Flexibilität zu überlegen, ob eine solche Rentenversicherung à la Rürup passen könnte. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die steuerlichen Spielräume für Vorsorge durch die Beiträge ans Versorgungswerk nicht ausgeschöpft werden.
Ungeachtet der eigenen Portfolio-Struktur schreiben Heilberufler Aktien und Immobilien in der aktuellen Niedrigzinsphase die besten Renditechancen zu: So sieht jeder Dritte (32 Prozent) bei Aktien aktuell die höchsten Chancen für eine langfristige Geldanlage. Doch: Nur einer von zehn nutzt Aktien als zentrales Element für seine Altersvorsorge. "In der Theorie schätzen die Ärzte Aktien zur Vorsorge als renditeträchtig ein, doch in der Praxis besteht Nachholbedarf", sagt Geub.
Risikomanagement ist wichtig
Was zählt, so Geub, ist ein gutes Risikomanagement. "Das Vermögen sollte je nach Anlageziel sinnvoll über mehrere Börsentitel und Anlageklassen verteilt werden, um Risiken zu streuen."
Beispielsweise könnten sich Anleger in Aktien beim Bestücken ihres Depots an Aktien-Indizes hängen, wie etwa den Deutschen Aktienindex (Dax), Fonds nutzen oder ihr Engagement über verschiedene Branchen und Länder verteilen.
Noch aussichtsreicher als Aktien schätzen Ärzte Immobilien als Anlagemöglichkeit ein (36 Prozent). Die geringsten Renditechancen sehen Heilberufler bei privaten Lebens- und Rentenversicherungen (ein Prozent). Dabei könnten aber auch diese je nach Ausgestaltung mithalten, gibt Geub zu bedenken.
"Über indexbasierte Produkte, die die eingezahlten Beiträge garantieren und gleichzeitig die Möglichkeit geben, von den Chancen des Kapitalmarkts zu profitieren, sind durchaus gute Renditen zu erzielen."
Auffällig ist, dass sich deutlich mehr Männer als Frauen an der Umfrage beteiligt haben, das Verhältnis liegt bei mehr als drei zu eins. Entsprechend scheinen Männer eine höhere Affinität in puncto Altersvorsorge zu haben. Männer sehen sich zudem auch deutlich besser aufgestellt für die Altersvorsorge als teilnehmende Frauen.
Weitere Unterschiede in den Subgruppen der Umfrageteilnehmer beziehen sich auf das Sicherheitsbewusstsein der Anleger. Nicht unerwartet ist beispielsweise, dass ältere Heilberufler noch mehr Wert auf Sicherheit legen als jüngere.
Auch apoBank-Experte Geub empfiehlt Anlegern, mit zunehmendem Alter die Aktienquote nach und nach zu reduzieren. Denn Rückschläge auf dem Aktienmarkt könnten bei kurzfristiger Perspektive nur noch schwer aufgeholt werden.
Jugendlicher Tatendrang
Anders sieht es bei den Anlagen jüngerer Ärzte aus. Ein langfristiger Anlagehorizont trage dazu bei, Schwankungen zu glätten und eine positive Wertentwicklung zu erzielen, so Geub. Vielleicht auch deshalb sind Ärzte unter 40 Jahren deutlich optimistischer als der Durchschnitt: Nur 20 Prozent fürchten, im Alter den Lebensstandard nicht halten zu können.
Dennoch ist der wahrgenommene Handlungsbedarf höher als bei Älteren: Fast jeder zweite der jungen Umfrageteilnehmer will die Altersvorsorge noch weiter ausbauen - deutlich mehr als der Durchschnitt.
18 Prozent der Teilnehmer sind nicht freiberuflich tätig, sondern angestellt. Sie starten früher mit der Altersvorsorge als ihre niedergelassenen Kollegen, berücksichtigen eher die Inflation in den Anlageentscheidungen und haben eine etwas stärker ausgeprägte Neigung zu renditestärkeren Anlagen.
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