Mut zur Niederlassung

So gelingt die optimale Praxisgründung

In der Regel kann für junge Ärzte bei einer Praxisgründung nichts schief gehen: Das Insolvenzrisiko für Vertragsärzte ist gering. Junge Ärzte sollten aber die Investitionen in EDV vorab prüfen – und auf gut geschultes Personal setzen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Viel Eigenkapital müssen Hausärzte für die Praxisgründung im Normalfall nicht aufwenden, so Experten.

Viel Eigenkapital müssen Hausärzte für die Praxisgründung im Normalfall nicht aufwenden, so Experten.

© Alliance/fotolia.com

MÜNSTER. Wenn Studierende oder junge Ärzte mit dem Gedanken spielen, als Hausarzt in eigener Praxis tätig zu werden, sollten sie sich durch eines nicht abhalten lassen: der Angst vor dem finanziellen Risiko. "Es lohnt sich, sich niederzulassen", weiß Volker Kordes, Prokurist bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank).

Die Niederlassungsstudie der apoBank liefert seiner Meinung nach einen schlagkräftigen Beweis. "90 Prozent derer, die sich niedergelassen haben, würden es wieder tun", berichtete Kordes bei der Veranstaltung "Nachwuchsinitiative Allgemeinmedizin – Zukunft Praxis" des westfälisch-lippischen Hausärzteverbands in Münster.

Schulden eher selten ein Problem

Der Anteil der Vertragsärzte, die insolvent werden, ist mit 0,05 Prozent äußerst gering, beruhigte er seine Zuhörer. Und bei diesen wenigen sei in der Regel nicht die Praxis der Grund für die finanziellen Probleme, sondern der Privatbereich.

Weil das so ist, haben niederlassungswillige Ärzte keine Probleme, sich ihre Projekte von den Banken finanzieren zu lassen. Das gilt für Neugründungen ebenso wie für Übernahmen – Neugründungen sind allerdings angesichts der großen Zahl von Praxisinhabern, die Nachfolger suchen, sehr selten geworden, berichtete er.

Für die künftigen Hausärzte hat diese Situation einen großen Vorteil: "Sie brauchen für die Existenzgründung in der Allgemeinmedizin überhaupt kein Eigenkapital." Auch wenn die Mediziner über einige finanzielle Mittel verfügen, sollten sie diese lieber für die Finanzierung eines Eigenheims oder andere private Zwecke verwenden. "Die Zinsen für die Praxisfinanzierung sind steuerlich absetzbar", betonte Kordes.

Sinnvoll investieren

Er hält es für einen großen Fehler, wenn Ärzte bei der Niederlassung aus Angst vor den Schulden auf notwendige und sinnvolle Investitionen verzichten. Stattdessen sollten sie überlegen, was sie benötigen, damit die Praxis so wird, wie sie es sich vorstellen, riet er.

Die Frage sei, was die Mediziner können, welche Spezialitäten sie haben und welche Schwerpunkte. "Dann kaufen Sie die Geräte, die Sie dafür benötigen."

Dasselbe gelte für einen eventuell nötigen Umbau und die EDV-Ausstattung der Praxis. "Man braucht heutzutage eine moderne EDV, gerade die Internetpräsenz ist sehr wichtig." Sowohl bei der Neugründung als auch bei der Übernahme sollten die neu Niedergelassenen die Investitionen auf ihre Rentabilität hin überprüfen, empfahl Kordes. "Die falsche Investitionsentscheidung kann durch keine noch so gute Finanzierung zu einer richtigen werden."

Bei einer Praxisübernahme können sich die potenziellen Käufer von Bankexperten analysieren lassen, ob die zu erwartenden Umsätze der Praxis mit den eigenen Erwartungen und Bedürfnissen übereinstimmen, erläuterte er

 Dokumente wie die betriebswirtschaftliche Auswertung des bisherigen Inhabers liefern dafür die notwendigen Informationen. "Ich kann nicht beurteilen, ob die Praxis medizinisch passt, aber ich kann Ihnen sagen, ob es sich lohnt", verdeutlichte Kordes.

Bürokratie muss kein Monster sein

Auch die Angst vor einer zu großen Arbeitsbelastung oder der Bürokratie sollte niemanden vor dem Schritt in die Selbstständigkeit abhalten, findet er. Um das Ausmaß der Arbeit zu mindern, stünden den Ärzten Kooperationen oder die Delegation von Tätigkeiten zur Verfügung, Bürokratie gebe es im Krankenhaus auch. "Entscheidend sind eine geschickte Arbeitsteilung und gut geschultes Personal."

Was die künftigen Praxisinhaber brauchen, ist unternehmerisches Denken, Arzt sein allein reicht nicht, stellte Kordes klar. "Sie müssen die Praxis führen und steuern. Das ist eine Riesenchance, nicht nur finanziell."

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Kommentare
Andreas Staufer 21.04.201710:50 Uhr

Fördermittel für unternehmerisches Wissen

Ärzte müssen sich bei der Gründung unternehmerisches Wissen aneignen. Dafür erhalten sie sogar individuelle Förderungen vom Staat. Zu erwähnen sind vor allem die Förderprogramme Vorgründungscoaching, Gründercoaching Deutschland sowie die Förderung von Unternehmensberatungen durch das Bundesamt für Wirtschaft. Diese Förderungen - teils mit Zuschüssen von über 50 % - stehen auch Ärzten, Zahnärzten und andere Freie Berufen offen. Für besonders innovative Ärzte, die sich für Digitalisierung interessieren, gibt es in Bayern zusätzlich den Digitalbonus Bayern. Die ersten Unis bieten Studenten der Medizin zudem Kurse zur Praxisgründung.

Wichtig ist in dem Zusammenhang stets, dass Ärzte sich Gedanken über ihren tatsächlichen und den zukünftig erwarteten Bedarf machen. Auch der Kaufpreis ist sachlich zu hinterfragen. Da ein Verkäufer meist sein "Produkt" verkaufen will, empfiehlt es sich die Beratung durch einen unabhängigen Berater, beispielsweise durch einen Steuerberater, Rechtsanwalt und/oder Sachverständigen. Dies unterstützt die Beratung bei der Bank. Ein spezialisierter Steuerberater sollte klären, wie der Praxiskauf oder die Gründung steuerlich geschickt angegangen wird. Saubere Verträge bieten zudem Rechtssicherheit über den Praxiskauf hinaus. Natürlich kostet auch diese Beratung; sie schützt allerdings vor Übervorteilung.

Dr. Andreas Staufer
Rechtsanwalt, Fachanwalt für
Medizinrecht + Informationstechnologierecht

https://staufer.de
info@staufer.de

FASP Finck Sigl & Partner
Rechtsanwälte Steuerberater mbB
Nußbaumstraße 12
80336 München
Kanzlei: 089 652001
Fax: 089 652002

Partnerschaftsregister
AG München PR 394

Robert Siebel 18.04.201713:58 Uhr

90 Prozent würden es wieder tun ; geringe Insolvenz meist aus privaten Gründen


Ob das wohl auch die fachärztlichen Grundversorgerpraxen betrifft,
deren KV Bezüge seit 2009 zum Teil um 50 Prozent !!! reduziert wurden (KVNO)?

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