Urteil Bundessozialgericht

Sozialhilfe muss für Notfallbehandlung bei Ausländern ohne Krankenversicherung zahlen

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts können Kliniken künftig leichter Kostenerstattungsansprüche für die Notfallbehandlung nicht-versicherter Ausländer durchsetzen. Die Sozialhilfe muss Überbrückungsleistungen gewähren.

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Fünf Versichertenkarten

Versichertenkarte Fehlanzeige: Für die Eilbehandlung unversicherter Ausländer muss die Sozialhilfe aufkommen.

© Robert Schlesinger / dpa

Kassel. Krankenhäuser können nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) bei Sozialhilfeträgern leichter Kostenerstattungsansprüche für die Notfallbehandlung nicht versicherter Ausländer durchsetzen. Wird ein nicht versicherter Patient zum Wochenende als akuter Notfall ins Krankenhaus eingeliefert, muss die Sozialhilfe regelmäßig „Hilfe bei Krankheit“ in Form von Überbrückungsleistungen gewähren, urteilte die Kasseler Richter am Freitag.

Im Streitfall wurde ein wohnsitzloser, alkoholkranker Mann aus Polen am 8. März 2019, einem Freitag, in das Uniklinikum Aachen wegen des Verdachts eines Herzinfarktes eingeliefert. EKG und Laboruntersuchungen bestätigten den Verdacht nicht, so dass der Mann einen Tag später die Notaufnahme verließ. Da der Wohnsitzlose weder über eine Krankenversicherung verfügte noch Sozialhilfe erhielt, wandte sich das Uniklinikum zur Übernahme der Behandlungskosten in Höhe von 166,47 Euro an die Stadt als Sozialhilfeträger.

Stadt sah keine akute Erkrankung

Nach dem Gesetz kann ein Erstattungsanspruch auch für nicht krankenversicherte Patienten bestehen, wenn eine schwere akute Erkrankung vorliegt und der Sozialhilfeträger für die Behandlung sein OK gegeben hat. Hier wurde der Ausländer aber erst nach Dienstschluss der Behörde in das Klinikum eingeliefert.

Die Stadt lehnte die Kostenübernahme für den Eilfall ab. Eine „akute Erkrankung“ sei hier nicht behandelt worden. Vielmehr habe die Klinik nur eine Diagnostik durchgeführt. Der Patient habe auch über kein Aufenthaltsrecht verfügt, so dass allenfalls Überbrückungsleistungen für die Erstattung der Behandlungskosten in Betracht kämen. Hierfür müsse der Ausländer aber sich bereiterklärt haben, innerhalb eines Monats auszureisen. Da der Mann dies nicht getan habe, bleibe das Klinikum auf den Behandlungskosten sitzen, meinte die Stadt.

Anspruch auf Überbrückungsleistungen

Das BSG urteilte, dass das Klinikum die Kostenerstattung für die Notfallbehandlung verlangen kann. Der Verdacht eines Herzinfarkts sei auch eine „akute Erkrankung“, so dass die Sozialhilfe „Hilfe bei Krankheit“ trotz des fehlenden Aufenthaltsrechts gewähren müsse. Der Wohnsitzlose habe Anspruch auf Überbrückungsleistungen.

Zwar sei der Gesetzgeber typisierend davon ausgegangen, dass Ausländer mit einem Anspruch auf diese Leistungen innerhalb eines Monats ausreisen. Kommen sie dem, wie im Streitfall, nicht nach, liege bei einer danach durchgeführten akuten Notfallbehandlung jedoch ein Härtefall vor, für den der Sozialhilfeträger aufkommen müsse. (fl)

Bundessozialgericht, Az.: B 8 SO 11/22 R

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