Tipp für Anleger
Südeuropa-Aktien versprechen neuen Glanz
Die Börsen in Italien, Portugal und Spanien haben seit Jahresbeginn kräftig zugelegt. Experten erwarten, dass die Rallye weitergeht. Denn die Wirtschaft im südeuropäischen Ländertrio beginnt sich zu erholen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hat den richtigen Zeitpunkt gewählt, um ein wenig Tafelsilber zu verkaufen.
Als die Regierung des Stiefelstaats jetzt ein Aktienpaket des Energieversorgers Enel auf den Markt warf, rissen sich Investoren um die Papiere: 2,2 Milliarden Euro spülte der Verkauf in die Staatskasse.
Dennoch hat Rom nicht an Einfluss beim Stromanbieter verloren: 25,5 Prozent der Aktien sind weiterhin in Regierungshand.
Enel ist eine der Erfolgsgeschichten im krisengeplagten Süden Europas. Der 38,8 Milliarden Euro schwere Konzern beliefert nicht nur die meisten italienischen Haushalte und Unternehmen mit Energie, er hält auch 70 Prozent der Anteile am spanischen Versorger Endesa, der wiederum der Platzhirsch auf der iberischen Halbinsel ist.
Das bescherte dem italienischen Konzern auch in den vergangenen Rezessionsjahren kontinuierliche Einnahmen und Gewinne. Investoren greifen deshalb kräftig bei der Aktie zu. In den vergangenen 36 Monaten stieg der Enel-Kurs um knapp 45 Prozent.
Kreditlasten reduziert
Citigroup-Analystin Antonella Bianchessi sieht noch weiteres Potenzial für die Anteilsscheine. Denn Enel hat seine Kreditlasten zuletzt nochmals um rund drei Milliarden Euro reduziert. "Damit steht dem Konzern künftig mehr Geld für Dividenden und Investitionen zur Verfügung", sagt Bianchessi.
Optimistisch für das Papier ist auch Anna Maria Scaglia von Morgan Stanley, die Enel mit "Übergewichten" einstuft. Der Konzern sei nach dem Schuldenabbau in der Lage, nachhaltige Strategien zu entwickeln.
Der italienische Stromversorger ist längst nicht das einzige Unternehmen in Südeuropa, dessen Aktien bei Investoren derzeit hoch im Kurs stehen. Seit Jahresbeginn sind die Börsen in Italien und Portugal um 16 Prozent, in Spanien um immerhin sieben Prozent gestiegen. Isaac Chebar, Stratege bei der französischen Investmentgesellschaft DNCA Finance, erwartet, dass die Kurse langfristig weiter steigen: "Südeuropäische Aktien sind attraktive Anlagewerte."
Die Konjunktur beginne sich zu erholen. Das Bruttoinlandsprodukt in Spanien wuchs durch die Wirtschaftsreformen 2014 um 1,8 Prozent. Für dieses Jahr rechnet der Internationale Währungsfonds mit einem Plus von 2,4 Prozent, in Portugal mit 1,5 Prozent.
"Italien ist zurück"
Auch in Italien beginnen die Konjunkturmaßnahmen der Renzi-Regierung zu wirken. Erstmals seit drei Jahren wächst die Wirtschaft wieder leicht. José Angel Gurria, Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), sieht den Stiefelstaat auf nachhaltigem Erholungskurs: "Italien ist zurück."
Das massive Anleiheaufkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) werde die Börsen in Lissabon, Madrid und Mailand zusätzlich beflügeln, sagt Chebar.
Bis September nächsten Jahres will die EZB Staatsanleihen von Ländern der Eurozone Monat für Monat im Volumen von 60 Milliarden Euro aufkaufen, um die Konjunktur anzukurbeln.
Dadurch sind die Kurse zehnjähriger südeuropäischer Staatsanleihen so stark gestiegen, dass die aus den festen Zinskupons erzielbaren Renditen auf nur noch 1,2 Prozent zusammengeschmolzen sind.
Investoren würden sich deshalb nun stärker den Aktien zuwenden, meint Chebar. "Der Liquiditätszufluss durch die EZB wird den Börsen zugute kommen."
Streuen mit Indexfonds
Mit Indexfonds, die die führenden Länderindizes abdecken, können Anleger breit gestreut in südeuropäische Aktien investieren. Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds fallen bei diesen ETF genannten Produkten keine Ausgabeaufschläge an, zudem sind die Verwaltungskosten minimal.
Passende ETF für Spaniens Leitindex IBEX sind unter anderem der Lyxor IBEX35 (ISIN: FR0010251744), für Portugals PSI der Comstage PSI 20 (LU0444605215) und für den Mailänder MIB-Index der DB X-Trackers MIB (LU0274212538).