Hilflosigkeit, keine Grundverweigerung
TI-Anwendungen bekannt, aber kaum genutzt
Eine repräsentative Befragung der gematik zum Stand der Digitalisierung im Gesundheitswesen zeigt auf: Bis die TI-Anwendungen breit genutzt werden, steht noch eine Menge Arbeit an.
Veröffentlicht:Berlin. Die Digitalisierung kommt in den Arztpraxen des Landes weniger schnell voran, als es von politischer Seite gerne gesehen würde. Zwar ist inzwischen die überwiegende Mehrheit der Arztpraxen an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden. Ein Zeichen dafür, dass aber sie auch die vorhandenen Anwendungen regelhaft nutzen, ist das aber nicht.
Ganz im Gegenteil: Obwohl Anwendungen wie der E-Medikationsplan, der Kommunikationsdienst KIM oder das Notfalldatenmanagement (NFDM) bekannt und Ärzten durchaus ein Begriff sind, werden sie in der Praxis kaum angewendet. Das legen Ergebnisse einer noch nicht veröffentlichten Befragung der gematik nah, die sie im ersten und dritten Quartal durchgeführt hat.
Evaluation der TI
ePA, KIM und Co: Ärzte nutzen TI-Anwendungen kaum
Nicht einmal jeder zweite Arzt nutzt das NFDM
Wie die „Ärzte Zeitung“ vorab erfahren hat, ist rund 90 Prozent der Ärztinnen und Ärzte der elektronische Medikationsplan bekannt – aber in nur 40 Prozent der Praxen ist auch das entsprechende Modul zur Nutzung vorhanden. Im Arbeitsalltag angewandt wird er gar nur von rund 18 Prozent der Ärztinnen und Ärzte.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich laut Vorab-Angaben der gematik beim Notfalldatenmanagement ab: Während die breite Mehrheit der Ärzteschaft das NFDM kennt, wird es nicht einmal von jedem zweiten Arzt aktiv genutzt.
„Die Ergebnisse der Befragung schaffen eine Grundlage, zu erkennen, welche Prozesse erfolgreich laufen und wo wir noch anpacken müssen. Uns ist wichtig, in einen zahlen- und faktenbasierten Dialog mit allen Beteiligten treten zu können“, kündigt gematik-CPO Dr. Florian Hartge im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ an. „Es ist nicht alles hundertprozentig super“, so Hartge.
Ärzte verfügten zwar häufig über die Basistechnologie, alle Funktionen aber hätten sie nicht installiert. Nach Einschätzung Hartges sei dies „selten eine Grundverweigerung, sondern eher Hilflosigkeit“.
Lehre: Wissenvermittlung verbessern
Das Hauptaugenmerk müsse in Zukunft daher auf der Wissensvermittlung liegen. Das gelte nicht nur für die Leistungserbringer, auch die Versicherten müssten offenbar stärker in die die Informationskette eingebunden werden. Ihnen, so Hartge, scheinen viele Anwendungen häufig nicht bekannt zu sein. Gleichzeitig aber zeigen verschiedene Befragungen immer wieder, dass die Versicherten grundsätzlich offen sind gegenüber der Digitalisierung im Gesundheitswesen – auch, weil digitale Anwendungen ohnehin bereits zu ihrem Alltag gehören.
Der gesamte Report der gematik, der ein Lagebild zur Digitalisierung des Gesundheitswesens zeichnen soll, soll im Laufe des Montags veröffentlicht werden.