Kritik an Flatrate-Modell
TI-Pauschale: Ministerium kündigt Anpassungen an
Psychotherapeuten müssen nun doch nicht mit Abschlägen rechnen, wenn sie bestimmte digitale Anwendungen nicht vorhalten. Der Nachweis für den E-Arztbrief wird erst zum 1. März 2024 fällig.
Veröffentlicht:Berlin. Die Debatte um die vom Bundesgesundheitsministerium festgelegte monatliche TI-Pauschale je nach Praxisgröße geht weiter. Nun hat das Ministerium erste Anpassungen angekündigt, um Härten für Praxen zu vermeiden, meldet die KBV. So soll klargestellt werden, dass Psychotherapeuten keine Abschläge in Kauf nehmen müssen, wenn sie bestimmte digitale Anwendungen nicht vorhalten. Für den E-Arztbrief ist eine Übergangsfrist vorgesehen.
„Dies ändert aber nichts daran, dass wir die Festlegung der TI-Pauschale durch das BMG als keine geeignete und ausreichende finanzielle Grundlage für die Anbindung der Arzt- und Psychotherapeutenpraxen an die TI erachten. Die dort vorgegebenen Sanktionen lehnen wir ab“, betont KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner laut Mitteilung.
Umstellung ist zum 1. Juli erfolgt
Die Umstellung der TI-Finanzierung auf eine Monatspauschale ist zum 1. Juli erfolgt. Praxen erhalten danach monatlich einen festen Betrag, der laut Ministerium die Ausstattungs- und Betriebskosten der Telematikinfrastruktur ausgleichen soll. Voraussetzung für die Auszahlung ist, dass die technischen Voraussetzungen für die Nutzung aller gesetzlich geforderten Anwendungen in der Praxis vorliegen. Anderenfalls wird die Pauschale gekürzt beziehungsweise nicht ausgezahlt.
Laut KBV sollen die Psychotherapeuten von der Verpflichtung zum Nachweis der Anwendungen elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und elektronisches Rezept (E-Rezept) ausgenommen werden. Der Grund: Psychologische Psychotherapeuten dürften weder krankschreiben noch Arzneimittel verordnen. Außerdem plane das BMG „patientenferne“ Fachgruppen von der E-Rezept-Pflicht auszunehmen.
Übergangsregelung für E-Arztbrief
Ferner solle die Pflicht zum Nachweis der Anwendung E-Arztbrief auf den 1. März 2024 verschoben werden. Hintergrund ist, dass noch nicht alle Softwaresysteme den bislang freiwilligen E-Arztbrief unterstützen. Anfang Juli waren erst 44 Systeme von erwarteten 139 zertifiziert. Viele Praxen haben dadurch keine Möglichkeit, das Software-Modul fristgerecht zu erwerben. Die KBV hatte deshalb eine Übergangsfrist gefordert.
Weder sachgerecht noch hinnehmbar ist aus Sicht der KBV auch die BMG-Vorgabe, wonach eine Praxis die funktionsfähige Ausstattung mit neuen, gesetzlich verpflichtenden Anwendungen innerhalb von drei Monaten nachweisen soll. Der Arzt habe keinen Einfluss auf die Entwicklung der Anwendungen durch die Hersteller, werde aber durch Kürzung seiner TI-Pauschale sanktioniert, so die KBV.
Druck auf die Hersteller
Das Ministerium wolle dennoch an dieser Regelung festhalten, um den Druck auf die Hersteller aufrechtzuerhalten, so die KBV. Es stellte allerdings in Aussicht, Umsetzungspflichten über einen Verwaltungsakt anpassen zu können, sollten die Hersteller nicht liefern.
Entfallen soll die Verjährungsvorschrift, wonach Praxen Ansprüche auf Auszahlung der TI-Pauschale innerhalb eines Jahres nach Anschluss an die TI beziehungsweise nach erstmaliger Nutzung der vorgeschriebenen Anwendungen, Komponenten oder Dienste gegenüber ihrer KV geltend machen müssen.
„Die Praxen brauchen Rechtssicherheit“, betont Steiner. Sie erneuerte zugleich ihre Kritik an der Festlegung, die die Ärzte und Psychotherapeuten erneut sanktioniere statt ihnen ihre Ausgaben für die TI in voller Höhe zu erstatten. (eb)