Arzneimittelpolitik

Techniker: GKV kann Kosten neuer Gentherapien auf Dauer nicht stemmen

Wie lange halten sich Pharmaforschung und Erstattung noch die Waage? Laut Techniker Krankenkasse droht bei ausbleibendem Kurswechsel in Sachen Preisbildung eine Kostenexplosion.

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Hamburg. Neuartige Gentherapien, die aufgrund nur einmaliger Anwendung hohe Deckungsbeiträge erzielen müssen und deshalb besonders teuer sind, könnten die Kostenträger auf lange Sicht überfordern. Davor warnt jedenfalls jetzt die Techniker Krankenkasse. Anlässlich der Veröffentlichung des Reports „Arzneimittel-Fokus: Gentherapeutika – Hoffnungsträger oder Systemsprenger?“ erklärte Kassenchef Dr. Jens Baas am Mittwoch, für Gentherapeutika habe sich „ein extrem hohes Preisniveau etabliert, teilweise in Millionenhöhe. Diese Preise kann die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf Dauer und für immer mehr Menschen bezahlen.“

„Potenziell 3,8 Millionen Patienten“

Gegenwärtig seien in Deutschland 15 Gentherapeutika zugelassen, mit Markteintrittskosten zwischen rund 300.000 Euro und 4,2 Millionen Euro je Behandlung. Laut TK-Studie könnten nach aktuellem Entwicklungsstand 49 weitere Gentherapien in den kommenden Jahren zugelassen werden. Darunter befänden sich kausale Therapien gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Augenleiden oder auch Diabetes. „Potenziell könnten rund 3,8 Millionen Patientinnen und Patienten von den neuen Gentherapeutika profitieren“, heißt es weiter.

Danach prognostiziert die TK drohende Gesamtausgaben allein für diese Medikamente zwischen 27 und 36 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2023 beliefen sich die GKV-Ausgaben für Arzneimittel auf insgesamt 52 Milliarden Euro (vor Einsparungen aus Rabattverträgen). Die bei einer Gentherapie im Gegenzug zu erwartenden Einsparungen durch entfallenden weiteren Behandlungsbedarf seien dagegen schwer zu beziffern. Unter anderem sei unklar, „wie lange Gentherapeutika tatsächlich wirken oder welche zusätzlichen Therapien und Kontrolluntersuchungen notwendig sind“.

Neue Wege der Preisfindung?

Zugleich sei zu beobachten, dass sich die Preise neuer Gentherapien „immer weiter hochschaukeln“. TK-Chef Baas plädiert deshalb für alternative Wege der Preisfindung: „Wir brauchen Preise, die sich an den tatsächlichen Forschungs- und Herstellungskosten orientieren. Dass dies gelingen könne, beweise etwa Japan. Dort würden mit Hilfe eines kriterienbasierten Prämiensystem für neue Arzneimittel ohne Vergleichstherapie „die Ausgaben gesenkt“.

Pharmaunternehmen müssten Dossiers einreichen, in denen „Herstellungs-, Vertriebs- und Vermarktungskosten transparent dargestellt werden. Anschließend würden „nach Kriterien wie Innovationsgrad oder der Absatzfähigkeit unterschiedlich hohe Prämien aufgeschlagen“. Baas ist zuversichtlich, dass Vergleichbares auch in Deutschland möglich sei, ohne deswegen gleich den Pharmastandort zu gefährden. „Die Industrie siedelt sich nicht da an, wo es die höchsten Arzneimittelpreise gibt, sondern dort, wo die Rahmenbedingungen für Forschung und Produktion gut sind“. (cw)

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