Hessen

Translationale Onkologie ist Treiber der Präzisionsmedizin

Hessen präsentiert sich als innovatives Zentrum im Kampf gegen onkologische Erkrankungen. Die Schlagkraft soll unter Nutzung zukunftsträchtiger Trends noch erhöht werden.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Translationale Onkologie ist Treiber der Präzisionsmedizin

© robu_s / Stock.Adobe.com

WIESBADEN. Die jüngsten Fortschritte in der Onkologie sind für Professor Hubert Serve, stellvertretender Vorsitzender der Hessischen Krebsgesellschaft (HKG) und Direktor der Medizinischen Klinik II der Goethe-Universität Frankfurt, eine "biomedizinische Revolution". Bei einem Symposium in Wiesbaden warb er vor Kurzem am Beispiel Hessen für mehr Engagement in der Präzisionsmedizin.

"Der Zauber der Präzisionsmedizin" könne sich im Zuge translationaler Krebsforschung in den kommenden Jahrzehnten noch besser entfalten, so Serve. Die translationale Onkologie ist dabei als Schnittstelle zwischen der Krebsforschung und ihrer praktischen Anwendung zu verstehen.

Patienten profitieren von Vernetzung

"Wir müssen die Routineversorgung in die Forschung einbeziehen", forderte Serve etwa, "und neue Messmethoden an Tumorgeweben entwickeln." Patienten profitierten zudem von der engen Vernetzung der Ärzte und Kliniken, Lehre und Forschung, Industrie, Kassen, Förderinstitutionen, Krebsgesellschaften, Genehmigungsbehörden und Ärztekammern.

Mit qualitätsgesicherten Tumorkonferenzen, regionalstandardisierten Therapiekonzepten und der gemeinsamen Behandlung von Patienten sei Hessen hier schon auf einem sehr guten Weg, verdeutlichte Serve, der am Standort Frankfurt das "Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung" koordiniert. "Es geschieht sogar das Unfassbare, dass Patienten von Kliniken und Krankenhäusern hin und her überwiesen werden", so Serve.

Jüngstes Beispiel einer zukunftsweisenden Vernetzung in der Onkologie sei die Gründung des Frankfurt Cancer Institutes, das im besten Fall schon in diesem Jahr seine Arbeit aufnehmen könnte: Hier sollen Ärzte und Wissenschaftler molekularbiologisches Wissen in neue Therapiekonzepte für Krebspatienten umsetzen. Beteiligt sind die Deutsche Krebshilfe, das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (uct), das Deutsche Krebsforschungszentrum (dkfz), das Zentrum für Zell- und Gentherapie Frankfurt (CGT) sowie das Institut für Tumorbiologie und experimentelle Therapie der gemeinnützigen Stiftung Georg-Speyer-Haus Frankfurt am Main.

Ministerielles Plädoyer für Prävention

"Eine Krebserkrankung ist heutzutage nicht unmittelbar einem Todesurteil gleichzusetzen", betonte der hessische Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) zum Auftakt des Symposiums "Hessen gegen Krebs", bei dem Experten die Entwicklung der Onkologie in den vergangenen zehn Jahren bilanzierten. Grüttner warb ausdrücklich dafür, die Prävention weiter auszubauen und die Bevölkerung stärker als bisher auf bestehende Angebote aufmerksam zu machen.

Eine Erfolgsgeschichte sei die Initiative "du bist kostbar", die 2012 von der Stiftung Leben mit Krebs, der HKG und dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration ins Leben gerufen wurde und mittlerweile bundesweit umgesetzt werde. Die Kampagne verfolgt das Ziel, die Prävention von Darm-, Brust-, Haut- und Gebärmutterhalskrebs zu stärken, über Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen aufzuklären und die Lebensqualität Betroffener durch psychoonkologische Begleitprogramme sowie Angebote zu Sport und Ernährung zu verbessern.

Im laufenden Jahr, so die Prognose des Robert Koch-Instituts (RKI), werden bundesweit 259.000 Männer und 234.000 Frauen neu an Krebs erkranken – rund 15.000 Neuerkrankungen mehr als 2014, als zuletzt Daten veröffentlicht wurden.

Die absolute Zahl der Krebsneuerkrankungen ist zwischen 2004 und 2014 gestiegen, bei Männern um sechs Prozent und bei Frauen um neun Prozent, was vor allem auf die zunehmende Zahl älterer Menschen in Deutschland zurückzuführen ist. Das spiegelt sich auch in den Sterberaten wider: Aufgrund der demografischen Veränderungen ist die absolute Zahl der Sterbefälle von 2005 bis 2015 bei Männern um zehn Prozent und bei Frauen um vier Prozent gestiegen, altersstandardisiert aber um 12 Prozent (Männer) und sieben Prozent (Frauen) gesunken.

Während 1990 in Deutschland noch 260 Menschen pro 100.000 Einwohner an Krebs starben, waren es 2014 nur noch 200 – das entspricht einem Rückgang um 20 Prozent. Das Durchschnittsalter, in dem Menschen an Krebs sterben, hat sich von 70 Jahre (1980) auf 74 Jahre (2014) erhöht.

Ungeachtet dieser Erfolge könnten noch weit mehr Menschen von den verbesserten Heilungschancen in der Onkologie profitieren, wenn die Präventionsprogramme ausgebaut und die bestehenden Angebote besser genutzt würden. "Vorsorgeprogramme retten Leben durch die frühzeitige Erkennung von frühen Krebsstadien, die heute mehrheitlich zu heilen sind", erläuterte HKG-Chef sowie Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe am Sana Klinikum Offenbach Professor Christian Jackisch. "Dass so viele nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen gehen, frustriert einen schon."

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