Netzförderung

Warum die KV die Zügel in der Hand behält

Zum 1. April soll der Kriterienkatalog für die Akkreditierung von Ärztenetzen vorliegen. Ob und wer dann eine Förderung erhält, ist aber unklar. Denn vieles bleibt Auslegungssache der KV.

Von Eugenie Wulfert Veröffentlicht:
Zuversicht bei den Ärztenetzen: Zumindest die Basisstufe für die Förderfähigkeit sollten viele Netze erfüllen.

Zuversicht bei den Ärztenetzen: Zumindest die Basisstufe für die Förderfähigkeit sollten viele Netze erfüllen.

© shefkate / fotolia.com

BERLIN. Damit Ärztenetze bei ihrer KV eine Förderung oder gar ein eigenes Honorarbudget beantragen können, müssen sie sich künftig akkreditieren lassen.

Und genau diese Akkreditierung - die Paragraf 87b SGB V vorsieht - wollen die meisten Kassenärztlichen Vereinigungen einer Umfrage der Agentur Deutscher Ärztenetze zufolge selbst durchführen.

Nach welchen Kriterien die Anerkennung der Netze erfolgt, wird derzeit aber noch zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband abgestimmt.

Der Kriterienkatalog soll zum 1. April 2013 in Kraft treten und muss dann in den Richtlinien der KVen umgesetzt werden. Ursprünglich sollte der konsentierte Entwurf bereits zum 1. Januar dieses Jahres vorliegen.

KVen schauen auf die Dokumentation

Nach Angaben von Carsten Jäger, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Agentur Deutscher Ärztenetze, soll die Anerkennung in einem Drei-Stufenmodell erfolgen. Vorgesehen sind eine sogenannte Basisstufe der Akkreditierung, eine Stufe I und eine Stufe II, die jeweils aufeinander aufbauen.

So gibt es beispielsweise bei dem Kriterium "Gemeinsamer Dokumentationsstandard" für die Basis-Stufe der Akkreditierung noch keine Vorgaben. Will ein Netz die Stufe I erreichen, muss es gemeinsame Standards zu Patientendokumentation haben, sei es auch ein Aktenordner.

Erst bei der Stufe II soll eine elektronische Patientenakte bzw. eine gemeinsame fallbezogene Datenbasis erforderlich sein. "Damit ist die Basisstufe in Verbindung mit geforderten Strukturmerkmalen für Netze gut erreichbar", urteilte Jäger.

Was das für ein Ärztenetz allerdings bedeutet, als Basisstufe, Stufe I oder Stufe II akkreditiert zu sein, ist laut Jäger bisher nicht definiert. "Das ist nicht der Bestandteil der Rahmenvorgaben.

Deshalb werden letztendlich die einzelnen regionalen KVen in der Umsetzung entscheiden müssen, welche Auswirkungen verschiedene Stufen haben", sagte der Vize-Chef der Agentur Deutscher Ärztenetze.

Insgesamt fällt die Bestandsaufnahme der Ärztenetze gemischt aus. Obwohl laut Jäger die "Lethargie bei einigen Krankenkassen seit einigen Monaten punktuell nachgelassen hat", hat de facto nur ein kleiner Teil der rund 400 Netze Selektivverträge.

Die Weiterentwicklung und Professionalisierung der Ärztenetze sowie neue Kooperationen sind überwiegend auf die Eigeninitiative der Netze zurückzuführen.

So setzt beispielsweise das Ärztenetz "elan" im niedersächsischen Winsen auf eine Kooperation mit dem örtlichen Cura Seniorenheim. Der Anlass für die Zusammenarbeit: Die zeitaufwendige und oft unwirtschaftliche Betreuung von Pflegeheimpatienten belastete die ohnehin stark eingespannten Hausärzte der Region zusätzlich.

Mit der Kooperation mit Cura sollte einerseits eine Arbeitserleichterung für die Ärzte und andererseits Verbesserung der hausärztlichen Versorgung und der Wirtschaftlichkeit im Pflegeheim erreicht werden.

Zur Vereinbarung gehören nach Angaben von Markus Jäger-Rosiny vom Ärztenetz elan neben Aufnahmevisiten und wöchentlichen Lehrvisiten mit den Pflegekräften des Hauses auch gemeinsame Fortbildungen und Qualitätszirkel.

Kreativität lohnt sich für Netze

Die Strategie der beiden Kooperationspartner scheint aufzugehen. "Die Zahl ärztliche Einsätze außerhalb der geplanten Zeiten ist stark zurückgegangen, da verlässliche zeitnahe Visite weniger akute Probleme eher aufschiebbar machen", sagte Jäger-Rosiny. Es gebe außerdem kaum noch Patiententransporte in die Praxen.

Die Anzahl der Klinikeinweisungen sei ebenfalls gesunken, und zwar um 23 Prozent. "Das Heim vermeidet dadurch Erlöseinbußen durch leer stehende Pflegebetten. Andererseits werden die Heimbewohner nicht aus der vertrauten Umgebung gerissen, was die empfundene Lebensqualität steigert", erklärte der Leiter des Cura Seniorenzentrums Winsen, Thomas Hesse.

Die Zufriedenheit der Pflegepatienten schaffe einen Wettbewerbsvorteil, der zu einer besseren Bettenbelegung führe.

Den exklusiven Hausarzt-Service lässt sich Cura deshalb auch was kosten. Zusätzlich zum Regelleistungsvolumen erhalten die teilnehmenden Heim-Hausärzte nach Angaben von elan pro Patienten rund 150 Euro pro Quartal.

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