EuGH-Urteil
Wiederheirat für katholischen Chefarzt kein Kündigungsgrund
Die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Eheschließung nach Scheidung kann eine verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen.
Veröffentlicht:LUXEMBURG. Darf der Chefarzt eines katholischen Krankenhauses entlassen werden, weil er nach einer Scheidung wieder geheiratet hat? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am Dienstagmorgen darüber, ob eine Düsseldorfer Klinik in katholischer Trägerschaft an einen katholischen Arzt andere Anforderungen stellen darf als an nicht katholisches oder konfessionsloses Personal (Rechtssache C 68/17).
Die Auffassung des EuGH: Die Anforderung an einen katholischen Chefarzt, den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten, erscheint nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung. Im vorliegenden Fall habe darüber jedoch das deutsche Bundesarbeitsgericht zu befinden.
Zum Hintergrund: In dem Fall geht es um den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) in Erfurt hatte den Fall an den EuGH in Luxemburg verwiesen.
Der Chefarzt hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau erneut standesamtlich geheiratet. Weil die erste Ehe nicht annulliert wurde, ist die zweite nach Kirchenrecht ungültig. Die Klinik kündigte ihm mit der Begründung, er habe damit gegen Loyalitätspflichten laut Arbeitsvertrag verstoßen. Das Lebenszeugnis leitender Mitarbeiter müsse der katholischen Glaubens- und Sittenlehre entsprechen.
Ein hoher EU-Gutachter hatte dieser Sichtweise bereits im Mai widersprochen. Diese Anforderung aus dem katholischen Dienstrecht stehe in keinem Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit des Arztes, argumentierte er. Es handele sich somit nicht um eine berufliche Anforderung und schon gar nicht um eine wesentliche. Der EuGH folgte nun diesem Gutachten.
Der Gutachter würdigte zugleich die besondere Stellung der Kirche nach deutschem Verfassungsrecht. Letztlich ginge das EU-Diskriminierungsverbot in Zivilstreitigkeiten aber vor: Finde das in Deutschland zuständige Bundesarbeitsgericht keine Möglichkeit, das deutsche Recht im Einklang mit der EU-Richtlinie auszulegen, müsse es "erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Vorschrift unangewendet" lassen, hieß es in dem Gutachten.
Lesen Sie später mehr zur genauen Begründung des EuGH-Urteils. (mwo/dpa)
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