Ärzte, die auch Schauspieler sind

Op-Leuchte oder Rampenlicht? Beides!

Ein Leben zwischen OP-Tisch und Kamera: Die Frankfurter Chirurgin Dr. Julia Stolze und ihr Kollege, der ebenfalls in der Main-Metropole lebende Neurologe Dr. Christoph Gérard Stein, sind nebenberuflich Schauspieler.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Die Schauspieler und Ärzte Christoph Stein und Julia Stolze 2014 beim Hessischen Film- und Kinopreis.

Die Schauspieler und Ärzte Christoph Stein und Julia Stolze 2014 beim Hessischen Film- und Kinopreis.

© Rumpenhorst/dpa

FRANKFURT/MAIN. Nahaufnahme zweier Ärzte, die gut gelaunt auf einem Krankenhausbett sitzen. "Es ist kaum zu glauben", sagt die eine, "aber vor einem Jahr wurden wir tatsächlich hier in der Taunusklinik bei Dr. Winter eingeliefert. Wegen des Falsche-Träume-Syndroms."

Die nächste Einstellung zeigt eben jenen Dr. Winter, der seine beiden Kollegen, Dr. Julia Stolze und Dr. Christoph Gérard Stein, als "klassisch geschulte Mediziner" vorstellt, die "von Kindesbeinen an auf der Bühne stehen und davon träumen, hauptberuflich Schauspieler zu sein".

In der Folge steckt der eine seiner Patientin schon mal eine Autogrammkarte ans Rezept und erscheint die andere in einem Cocktailkleid im OP. Beide zusammen proben auf der Toilette einen Dialog und streiten sich heftig, wer bei der anstehenden Gallen-Endoskopie die Kamera bedienen darf.

Zwei hoffnungslose Fälle, sollte man meinen, deren Spleen offenbar nur mithilfe einer raffinierten Elektroschocktherapie auszutreiben ist.

Reminiszenz ans eigene Leben

Der Kurzfilm

» Im Kurzfilm "Falsche Träume Syndrom" verkörpern Dr. Julia Stolze und Dr. Christoph Gérard Stein sich selbst – mit viel Augenzwinkern.

» Der knapp dreiminütige Film ging als Wettbewerbsbeitrag auch beim Filmfest München ins Rennen.

» Für seine darstellerische Leistung wurde Dr. Christoph Gérard Stein mehrfach ausgezeichnet, erst im vergangenen Jahr mit dem Hessischen Film- und Kinopreis.

Link zum Kurzfilm

"SMS 2017: Mein Traum – Neues aus der Traumfabrik" lautet der Titel dieses Kurzfilms, den die Protagonisten zum diesjährigen Wettbewerb beim Filmfest München eingereicht haben.

Eine augenzwinkernde Reminiszenz an ihr eigenes Leben. Denn die Frankfurter Chirurgin Dr. Julia Stolze und ihr Kollege, der ebenfalls in der Main-Metropole lebende Neurologe Dr. Christoph Gérard Stein, sind tatsächlich Schauspieler und darin äußerst erfolgreich.

Nein, tatsächlich habe – anders als in seinem Film – niemand je versucht, ihm seine Leidenschaft für die Bühne auszutreiben, erzählt Christoph Stein lachend.

Erste Kulissen vom Schreiner

Ganz im Gegenteil. Da er als Kind, damals noch in der Grundschule, zusammen mit einem Freund ein Kasperletheater gründete, erlaubten ihm seine Eltern sogar, beim Schreiner die benötigten Kulissen in Auftrag zu geben. Fortan führten die Jungen ihre selbst geschriebenen Stücke unter anderem auf Pfarrfesten auf.

Aus dem beliebten Kasperletheater entwickelte sich ein nicht ganz so erfolgreiches Marionettentheater, das die beiden Freunde aufgaben, um auf Gemeindefeiern eigene Sketche zum Besten zu geben. Erste Erfahrungen als Schauspieler sammelte Christoph Stein schließlich in der Theater-AG auf dem Gymnasium.

Warum er sich dann doch gegen ein Schauspielstudium und für die Medizin entschied? "Einerseits aus einem Sicherheitsbedürfnis, andererseits wollte mein Wissensdurst gestillt werden", erzählt der 1971 in Goslar als Sohn einer französischen Fremdsprachenkorrespondentin und eines deutschen Textilingenieurs geborene Arzt.

Also schrieb er sich an der Goethe-Universität Frankfurt ein, wo er sich im Laufe des Studiums auf die Neurologie spezialisierte. Doch die Schauspielerei habe ihm gefehlt, erklärt Stein.

Studium und Schauspielschule

Weil ein Parallelstudium an einer staatlichen Schauspielschule nicht infrage kam, belegte er zunächst einen Workshop für Darstellende Kunst und wechselte danach an eine private Schauspielschule, die sich mit der Uni vereinen ließ. "Das war genau das, was ich gesucht hatte", erinnert sich der 46-Jährige, "eine Schule nach amerikanischem Vorbild, in der man sowohl für die Bühne als auch fürs Fernsehen vorbereitet wurde."

Während seiner dreijährigen Ausbildung zum Schauspieler schrieb er seine medizinische Dissertation (über Ependymone), promovierte, arbeitete an der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden und später am Frankfurter Institut für Humangenetik.

Als der Fachbereich mangels Rentabilität immer mehr an Bedeutung verlor, wechselte er als beratender Arzt an eine Betriebskrankenkasse. Mittlerweile ist er für die AOK Hessen tätig.

Als freier Schauspieler und Synchronsprecher hat sich Christoph Stein im Laufe seiner Karriere längst einen Namen gemacht. In Fernsehfilmen, Kinoproduktionen, Musikvideos, Image- und Werbefilmen ebenso wie auf der Bühne, wo er etwa als Erzähler in Büchners "Lenz" auftritt oder als Herr Taschenbier in Paul Maars "Sams".

Für seine darstellerische Leistung wurde er mehrfach ausgezeichnet, erst 2016 mit dem Hessischen Film- und Kinopreis.

Neben seinen beiden Professionen als Arzt und Schauspieler hat sich Christoph Gérard Stein noch ein drittes Standbein geschaffen. Als systemischer Coach für Stressbewältigung, Resilienzstärkung und Vortragskunst kann er seine Erfahrungen als Arzt und Akteur weitgeben.

Und nebenbei sich selbst coachen. "Die größte Herausforderung ist, das alles organisatorisch unter einen Hut zu kriegen." und mich weder zu verzetteln noch aufzureiben. Bislang gelingt mir das sehr gut

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 24.08.201711:12 Uhr

Joe Bausch: Einer meiner persönlichen Lieblings-Schauspieler und Arzt-Kollege

In den letzten Jahren haben wir uns häufiger auf Fortbildungen getroffen: Joe Bausch, alias Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth im Kölner Tatort, mit Dietmar Bär und K. J. Behrendt als Max Ballauf und Alfred („Freddy“) Schenk.

Joe Bausch, mit bürgerlichem Namen Hermann Joseph Bausch-Hölterhoff, ist seit 1986 Anstaltsarzt in der Justizvollzugsanstalt Werl, zuletzt mit der Amtsbezeichnung Leitender Regierungsmedizinaldirektor. Seine Erfahrungen und Erlebnisse als Anstaltsarzt beschreibt er in einem äußerst lesenswerten Buch "Knast", das auch mehrere Kapitel zu seinem persönlichen Leben enthält.

Als ich 1975 nach Studienabschluss und Staatsexamen an der Freien Universität Berlin im Bochumer Elisabeth-Krankenhaus als Medizinalassistent anfing, hatte das sehr persönliche Gründe: Meine damals langjährige Freundin war Schauspielerin am Westfälischen Landestheater (WLT) in Castrop-Rauxel (CAS). Und nebenberuflich mit Teilen meines Freundeskreises im "Thealozzi", einer heute noch existierenden Freien Theaterinitiative in Bochum, involviert.
Dort war Joe Bausch als junger Schauspieler und Theaterwissenschaftler engagiert tätig, wo ich ihn dann persönlich kennenlernte. Die Kulturinitiative sollte u. a. jungen Opel-Arbeitern und -AZUBIS den Zugang zu Theater, Bildung und kultureller Reflexion ermöglichen. Später war Joe Bausch in einer Theatergruppe um Roland Reber, dem Theaterpathologisches Institut (TPI), engagiert. Und hat danach erst angefangen, Medizin zu studieren.

"Mit Behrendt, Bär und anderen Tatort-Kollegen gründete Bausch den Verein Tatort – Straßen der Welt e.V., der sich für philippinische Straßenkinder einsetzt und auf die viel beachtete Tatort-Folge Manila aus dem Jahr 1998 zurückgeht, die das Schicksal philippinischer Straßenkinder und Kindesmisshandlung thematisierte. Am 6. Dezember 2013 überreichte ihm Nordrhein-Westfalens Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien, Angelica Schwall-Düren (SPD), dafür und für zahlreiche andere ehrenamtliche Engagements das Bundesverdienstkreuz. Schon 2006 wurde er von der „Internationalen Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation“ für besondere Verdienste um einen menschlichen Strafvollzug mit der Fliedner-Medaille ausgezeichnet."
https://de.wikipedia.org/wiki/Joe_Bausch

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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