Faire-Kassenwahl-Reform
"Spahns Gesetz ist eine Mogelpackung"
Es gibt bislang nur einen Entwurf der RSA-Reform. Der Kampf um die Deutungshoheit tobt aber schon auf allen Ebenen. Der AOK-Bundesverband positioniert sich eindeutig contra das Gesetz. Auch andere Kassen geben Feedback.
Veröffentlicht:BERLIN. Als „Mogelpackung“ hat AOK-Bundesverbandsvorsitzender Martin Litsch am Dienstag die Pläne zur Reform des Finanzausgleichs der Krankenkassen untereinander bezeichnet.
Was Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem Entwurf des „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ vorgelegt habe, verspreche Versorgung, liefere allerdings reinen Preiswettbewerb. Der Kassenwettbewerb werde nicht fairer, sondern falscher.
Der Referentenentwurf sieht unter anderem vor, die regional organisierten Ortskrankenkassen bundesweit zu öffnen, ebenso einige Innungs- und Betriebskrankenkassen. Dafür gibt es Schelte vom Koalitionspartner. „Wir werden das so nicht mitmachen“, sagte SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach am Dienstag der dpa.
Gebraucht würden mehr regionaler Wettbewerb und regionale Versorgung, sagte Lauterbach. Versicherte hätte auch heute schon eine Auswahl an bundesweit geöffneten Kassen.
„In Wirklichkeit geht es um angeblich mangelnde Kontrolle durch die Länder“, sagte Lauterbach. Das sei eine Unterstellung, die auch die von der Union regierten Länder treffe.
Eine Frage der Kontrolle
Der AOK-Bundesverband hat am Dienstag eine Stellungnahme zu dem umstrittenen Referentenentwurf vorgelegt. Das Motiv des Ministers sei nicht, die Versorgung zu verbessern, sondern eine einheitliche Kassenaufsicht durch das Bundesversicherungsamt zu installieren, sagte Litsch.
Zentralismus sei dem Gesundheitssystem allerdings wesensfremd. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenhausplanung seien ebenfalls Sache der und unter Kontrolle der Länder, ebenso wie die Hausarztverträge der AOKen.
Spahns Absicht sei ein schwerer Eingriff in den gesundheitspolitischen Föderalismus und beschädige zum Beispiel für chronisch Kranke die Versorgungsangebote vor Ort.
Vertreter des AOK-Bundesverbandes zweifelten an, dass das Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sei, wovon Minister Spahn derzeit ausgeht.
Der Status der Kontrolle über die Pflegekassen sei nicht geregelt, zudem ziehe eine einheitliche Aufsicht eine Reihe von organisatorischen Anpassungen in den Ländern nach sich. „Es gibt ein hohes Maß an Unsicherheit, was die Zukunft dieses Gesetzes angeht“, sagte Litsch.
Auch DAK und TK äußern sich
Auch das Ersatzkassenlager meldete sich zu Wort: Die derzeitige geteilte Aufsicht über die Kassenwelt sei bis in die 90er-Jahre historisch sinnvoll gewesen, als es noch mehr als 1000 Kassen gegeben habe. In der heutigen Situation mit 108 Anbietern ergebe sie keinen Sinn mehr, sagte DAK-Chef Andreas Storm am Dienstag.
Aufsichtshandeln brauche keine Vielfalt, sondern klare Regeln, sagte auch TK-Chef Dr. Jens Baas. (af)