Ökonom Greiner
Innovationsfonds bietet Chancen, Sektorengrenzen zu überwinden
Gesundheitsökonom Professor Wolfgang Greiner spricht sich auf dem Medica Econ Forum gegen das Ende des Innovationsfonds 2024 aus. Er biete Chancen die Sektorengrenzen zu überwinden. Trotzdem treten nach der Förderung Probleme auf.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Der Innovationsfonds sollte angesichts seines großen Potenzials weiterentwickelt und verstetigt werden, findet Professor Wolfgang Greiner. „Der Innovationsfonds birgt hohe Chancen für die Überwindung von Sektorengrenzen. Es ist wichtig, dass er länger existiert“, sagte Greiner auf dem Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse.
Der Gesundheitsökonom von der Universität Bielefeld kennt sich gut mit dem Thema aus, ist er doch selbst an vielen Innovationsfonds-Projekten beteiligt. Der Fonds läuft bis 2024. Bis dahin werden rund 2,2 Milliarden Euro in Projekte zu neuen Versorgungsformen und Versorgungsforschung geflossen sein.
„Bei fast allen neuen Versorgungsformen geht es darum, mehr Zusammenarbeit zu schaffen“, sagte Greiner. Nach dem Ende der Förderung stellt sich die große Frage: Wie geht es weiter mit den Initiativen? „Zurzeit ist es praktisch unmöglich, andere mit einer Co-Finanzierung ins Boot zu holen.“
Mehr Flexibilität bei Förderdauer
Er warb für größere Flexibilität bei der Förderdauer. Bei den neuen Versorgungsformen ist vorgesehen, dass der Innovationsausschuss drei Monate nach Vorliegen des Evaluationsberichts entscheidet, ob es eine Empfehlung zur Überführung in die Regelversorgung gibt, eine Empfehlung zur Überführung „wirksamer Teile“ oder keine Empfehlung. Soll das Projekt ganz oder in Teilen in die Regelversorgung fließen, muss der Gemeinsame Bundesausschuss dafür innerhalb eines Jahres die Regeln festlegen.
„Dann ist vieles von dem, was man aufgebaut hat, nicht mehr vorhanden“, warnte Greiner. Er hält die Schaffung von Plattformen für den Wissenstransfer für sinnvoll, damit Interessierte Zugang zu den Erkenntnissen aus den Projekten erhalten. Die einzelnen Ideen sollten gut aufbereitet werden. Dann könnte man sehen, wer sie umsetzen möchte. So könnten mehr Erfahrungen gesammelt werden. „Je vernetzter und komplexer ein Projekt ist, desto schwieriger ist die Übertragung.“
Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, hält es für falsch, bei allen Projekten immer den „großen Wurf“ zu erwarten. Es sei richtig, dass die Konzepte auf die Regelversorgung ausgerichtet seien. „Wir brauchen keine Orchideen-Projekte“, betonte sie. Aber es müsse auch nicht gleich der Rollout in der gesamten Republik sein. „Wir sollten eher gucken, welche Strukturen helfen und nicht welche einzelnen Projekte“, sagte Pfeiffer.
Übertragung in andere Regionen schwierig
Viel hänge von den handelnden Personen in den Regionen ab. Eine Eins-zu-eins-Umsetzung sei meist nicht möglich. 177 geförderte neue Versorgungsformen sind noch nicht abschließend bewertet, betonte Pfeiffer. „Wenn die alle in die Regelversorgung kämen, wäre das System völlig überfordert.“
Auch Dr. Andrea Petermann-Meyer hält die Übertragung komplexer Strukturen in andere Regionen für schwierig. Sie leitet am Centrum für Integrierte Onkologie der Uniklinik RWTH Aachen das Projekt Familien-SCOUT (Sectoren- und phasenübergreifende Unterstützung für Familien mit krebserkranktem Elternteil), das durch den Innovationsfonds gefördert wird. Die Datenerhebung ist gerade abgeschlossen.
In Aachen haben die Beteiligten zwölf Jahre miteinander gearbeitet, berichtete Petermann-Meyer. „Man kann die Ergebnisse nicht in eine neue Region pflanzen, da fehlt der Weg dahin.“
Land sichert Förderung
In Nordrhein-Westfalen ist das Land in die Bresche gesprungen, um ein erfolgreiches Projekt nach dem Ende der Förderung nicht zu gefährden. Bei Telnet@NRW ist die intensivmedizinische und infektiologische Expertise der Unikliniken Aachen und Münster über Telekonsile an Kliniken und Praxen in der Fläche weitergegeben worden. Das Konzept ist in das virtuelle Krankenhaus eingeflossen, eine Herzensangelegenheit von Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
„Wir wollten einen Strohfeuereffekt vermeiden, weil wir von dem Projekt überzeugt waren“, sagte Lars André Ehm von der Abteilung Gesundheitsversorgung, Prävention und Digitalisierung des Gesundheitsministeriums. „Es war ein regionales Projekt mit funktionierender Struktur, die wir nicht auslaufen lassen wollten.“