Ärztetag

Vorwärtsschub für Telemedizin

Der Ärztetag hat der Bundesärztekammer den Auftrag gegeben, die Musterberufsordnung zu ändern und damit Beschränkungen für die Telemedizin zu lockern. Die Möglichkeiten der Fernbehandlung werden damit erweitert.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

FREIBURG. In Zukunft wird es voraussichtlich nicht mehr notwendig sein, dass Patienten nur dann telemedizinische betreut werden können, wenn zumindest einmal während der Behandlung einer Krankheit ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt stattfindet. Einen entsprechenden Arbeitsauftrag hat der 120. Deutsche Ärztetag am Mittwochnachmittag den Gremien der Bundesärztekammer erteilt, und zwar mit einer deutlichen Mehrheit von 214 gegen zwölf Stimmen.

Hintergrund ist eine zunehmende inadäquate Inanspruchnahme von Notfallambulanzen von Krankenhäusern, aber auch durch Migration entstehende dünn besiedelte Regionen, die schwer zu versorgen sind. Darüber hinaus führen steigende Anforderungen an die Versorgungsqualität zu einer Konzentration von Versorgungsangeboten in weniger klinischen Zentren.

Eine bessere Patientensteuerung in die adäquate Versorgungsebene durch ein Telearztzentrum wäre dabei ein möglicher Lösungsansatz, heißt es in der Begründung des maßgeblichen Antrags. Das korrespondiert mit dem von der KBV-Vertreterversammlung am Montag verabschiedeten Eckpunktepapier.

Einer der Protagonisten des Ausbaus telemedizinischer Möglichkeiten beim Ärztetag war Dr. Ulrich Clever, Präsident der Ärztekammer Baden-Württemberg. Sie hat ein Modell zur erweiterten telemedizinischen Versorgung unter ihrer berufsrechtlichen Aufsicht entwickelt. Hintergrund sind die Aktivitäten der Medgate-Organisation in Basel, ein Callcenter, das telemedizinische Beratungen für schweizerische Patienten anbietet, in dem aber auch deutsche Ärzte arbeiten, zum Teil sogar aus ihrem Home-Office in Deutschland. Dies wäre ein Verstoß gegen das spezifische Fernbehandlungsverbot der deutschen Berufsordnung.

Der Vorstoß der Landesärztekammer, so Clever, sei bei Kassen und Gesundheitsministerium des Landes auf Interesse gestoßen. Entscheidend sei, dass nicht Medizinische Versorgungszentren an sich und andere Organisationen wie Krankenhäuser oder gar ausländische Dienstleister telemedizinische Versorgung anbieten können, sondern ausschließlich im Bereich der baden-württembergischen Kammer zugelassene Ärzte, die unter der berufsrechtlichen Aufsicht der Kammer stehen.

Auf Basis dieser neuen Rahmenbedingungen startet in Baden-Württemberg zum 1. Oktober oder zum 1. Januar das Projekt "Dr. Direkt", mit dem die Vertragsärzte den Patienten in der Region erweiterten telemedizinischen Service anbieten, insbesondere zur Abklärung von professionellem Behandlungsbedarf und gegebenenfalls Weiterleitung in die medizinisch notwendige Versorgungsebene.

Ein weiterer, vom Vorstand der Bundesärztekammer vorgelegter Beschlussantrag befasste sich mit der Zukunftsperspektive der hausärztlichen Versorgung. Sie soll stärker auf chronische Krankheiten, Prävention und Rehabilitation fokussiert werden. Hausarztpraxen sollten aus inter- und intraprofessionellen Teams bestehen und mit regionalen Strukturen der Gesundheits- Pflege- und Sozialberatung zusammenarbeiten. Der Vorstand der Bundesärztekammer wurde beauftragt, hierzu ein Positionspapier zu erarbeiten und dem Ärztetag vorzulegen.

Aktuell aus Freiburg

- Ein Video-Interview zur GOÄ-Reform finden Sie unter www.aerztezeitung.de/936517

- Weitere Video-Beiträge unter www.aerztezeitung.de/webtv

- Alle Berichte und Live-Tweets von den ersten beiden Tagen des Ärztetages www.aerztezeitung.de

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