Roboterarm "Panda"

Was Robotik in der Medizin leisten kann

Ein Roboterarm, der spürt, was er fühlt: KI-Spezialist Professor Sami Haddadin hat beim Hauptstadtkongress demonstriert, wie die Robotik die Versorgung älterer Patienten in naher Zukunft verändern könnte.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Roboterarm Panda verfügt über einen nahezu menschlichen Tastsinn, damit kann er eigenständig Pflege-Aufgaben wie hier das Rasieren, übernehmen.

Roboterarm Panda verfügt über einen nahezu menschlichen Tastsinn, damit kann er eigenständig Pflege-Aufgaben wie hier das Rasieren, übernehmen.

© Stephanie Pilick

BERLIN. Kein Avatar, der mit kullernden Augen und einem locker-flockigen Spruch die Kongressbesucher begrüßt: Was Professor Sami Haddadin von der Technischen Universität München (TUM) beim Hauptstadtkongress präsentierte, war aus Laiensicht nur ein Teil eines Roboters.

Spätestens als Roboterarm "Panda" aber eine nahezu perfekte Rasur – auch wenn nur ein Modellkopf geschoren wurde – hingelegt hatte, war jedoch klar: Hier handelt es sich um revolutionäre Technik.

"Panda" kann nämlich nicht nur greifen, sondern auch selbst fühlen und neue Bewegungen erlernen. "Es ist die Symbiose aus Künstlicher Intelligenz und Robotik", erklärte Haddadin, der Gründungsdirektor der Munich School of Robotics and Machine Intelligence (MSRM) an der TUM ist.

Mithilfe von Sensoren wird der Tastsinn des Menschen bionisch nachempfunden. "Panda" kann dadurch Signale wie Druck wahrnehmen. Die Verarbeitung dieser Signale mache ihn sozusagen zum "smarten" Roboterarm, erläuterte der Experte. "Wir nennen das Soft Intelligence."

Kein weiteres Forscher-Spielzeug

Für Haddadin ist dabei vor allem eines wichtig: Es handelt sich nicht um ein weiteres Pilotprojekt, das nur in irgendeinem Labor zum Einsatz kommt. "Ich möchte Ihnen heute ein realistisches Bild zeichnen", stellte er klar.

"Panda" ist bereits auf dem Markt und in der Grundausstattung für 9900 Euro zu haben. Vertrieben wird er über die Münchener Entwicklerfirma, Franka Emika, an der Haddadin beteiligt ist.

Und produziert wird nach wie vor in Deutschland. Wir seien hier nicht, wie es für die Digitalisierung oft deklariert wird, Hinterbänkler. "Wenn es um die Vernetzung von Künstlicher Intelligenz und Robotik geht, dann sind Deutschland und die EU marktführend", so Haddadin.

Doch der smarte, lernfähige Roboterarm ist erst der Anfang. Haddadin forscht vor allem im Bereich der Geriatronik, damit ist die Unterstützung älterer Menschen durch Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) gemeint. Und das bezieht die Medizin ganz klar mit ein.

Ziel ist es, einen Roboter zu entwickeln, der es alten Menschen möglichst lange erlaubt, im häuslichen Umfeld zu leben. Diese sollen nicht nur im Haushalt und bei der Körperpflege helfen.

Über einen Bildschirm und ein Kamerasystem im Kopf sollen sie auch Kommunikationsschnittstelle zur Außenwelt sein. Ganz einfach, indem die Person, die man für den Videochat anruft, als Gesicht auf dem Kopf des Roboters erscheint.

So lässt sich mit Bekannten Schach spielen, der Roboter wird aber ebenso zum "verlängerten Arm des Arztes", wie es Haddadin bezeichnete. "Ärzte können ihn als Werkzeug nutzen."

Denn der Roboter unterstützt sie sozusagen telemedizinisch bei der Diagnosestellung oder der Überwachung der Therapie und könnte künftig sogar Ultraschall- oder EKG-Untersuchungen vor Ort machen.

Was ein smarter Helfer kostet

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Veröffentlicht: 07.06.2018 © Springer Medizin

"Das sollen aber Roboter sein, die auch erschwinglich sind und etwa von Krankenkassen bezahlt werden können", so der Robotik-Spezialist.

Nach Angaben von Haddadin müsse das Ziel sein, dass so ein smarter Helfer nicht mehr als 30.000 bis 40.000 Euro koste. "Sicher nicht in der Initialphase", sagte er, aber nach einem gewissen Zeitverlauf sei ein solcher Preis durchaus realistisch.

Noch in diesem Jahr soll in Garmisch-Partenkirchen ein Geriatronik-Zentrum entstehen, als Ableger der TU München, an dem auch Langzeitstudien zur unterstützenden Robotik für ältere Menschen laufen sollen. Für Haddadin ist dabei immer eines wichtig: Robotersysteme müssen leicht bedienbar sein, "damit jeder den Hammer der nächsten Generation nutzen kann."

Bei "Panda" haben der Experte und seine Forscherkollegen gut vorgelegt: Sie haben ein App-programmiertes-System entwickelt, sodass sich der Roboterarm intuitiv über Icons für Anwendungen steuern lässt.

Denn das ist laut dem Robotik-Spezialisten eines der großen Probleme der Industrie: Automationssysteme sind immer nur von Spezialisten steuerbar. Das helfe bei unterstützenden Systemen für ältere Menschen aber nicht weiter.

Allerdings sind es manchmal auch die kleinen Hürden, die bislang solche smarten Helfer im Alltag von Patienten und Ärzten noch scheitern lassen: "Mich stört, wie die Menschen in Krankenhäusern immer herumirren", berichtete Professor Axel Ekkernkamp, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses Berlin.

Er hatte sich daher im Markt umgeschaut und in Microsoft ein Unternehmen gefunden, das für die Klinik ein Navigationssystem entwickelt hat. "Letztlich ist es aber an den WLAN-Lücken in unserer Klinik gescheitert."

Neben noch vorhandenen technischen Hürden muss zudem ein Umdenken in den Köpfen stattfinden. Felix Wandel, Managing Director bei der Johnson & Johnson Medical GmbH, stellte vor, wie das Leipziger Surgical Process Institute (SPI), an dem das Unternehmen beteiligt ist, OP-Prozesse mithilfe von KI strukturiert.

Auch wirtschaftliche Vorteile

Anhand einer digitalen OP-Checkliste werden Operateure und ihre Teams durch die Op geführt. "Das geschieht aber patienten- und teamindividuell", so Wandel. Gerade weil Prozesse und Daten erhoben und verarbeitet würden, werde die Op letztlich personalisierter, sicherer und auch effizienter.

"Neben weniger Fehlern haben wir auch einen ökonomischen Benefit", sagte er. So wurde etwa ermittelt, dass sich die Prozesszeiten im Op um zehn bis 25 Prozent reduzieren lassen, das Verbrauchsmaterial um zwei bis sieben Prozent. Bislang nutzen das PCI-System 30 Kliniken in Deutschland und Österreich. Es gebe allerdings noch einen entscheidenden Vorteil: Die Prozesse würden genauer und automatisiert dokumentiert.

"Die Klinik, die die Dokumentation am Krankenbett über Sprache als erstes so aufstellt, dass sie gut funktioniert, wird einen echten Wettbewerbsvorteil haben", sagte Ekkernkamp mit Blick auf den Personalmangel in der Pflege. "Die Pflegekräfte wollen nicht ständig dokumentieren, die Ärzte übrigens auch nicht."

Bei allem, was KI leisten kann, müsse eines klar sein. "Das Ziel kann nicht sein, dass der persönliche Kontakt nicht mehr möglich ist", so Haddadin.

"Es geht nur darum, Verfügbarkeit zu schaffen und einen Mangel auszugleichen." Allerdings müsse die Gesellschaft auch diskutieren, wo die Grenzen von KI liegen sollen.

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