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Impflücken bei Chronikern

Senkung von Morbidität und Mortalität durch bessere Vorsorge

Impflücken stellen auch für junge Chroniker ein Gesundheitsrisiko dar. Trotz der Empfehlung der STIKO, sind nur 23 % der chronisch Kranken unter 60 Jahre gegen Influenza geimpft. Dabei könnten Diabetiker, Krebspatienten, MS-Betroffene und Rheumatiker von einer Grippeimpfung profitieren.

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Mann mit Pflaster auf Oberarm gibt Daumen-hoch-Zeichen

© U_Photo / Shutterstock

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland, lebt mit einer chronischen Erkrankung, was sie besonders anfällig für schwere Verläufe von Infektionskrankheiten wie z.B. Influenza macht (1). Trotz der klaren Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) ist die Impfquote bei chronisch Kranken alarmierend niedrig, vor allem in den jüngeren Altersgruppen. Nur etwa 23 % der unter 60-jährigen Chroniker sind gegen Influenza geimpft (2). Dabei weisen Studien deutlich auf eine Senkung der Morbidität und Mortalität durch eine Impfung hin.

Patienten mit Stoffwechselerkrankungen wie z.B. Diabetes

In Deutschland leben rund 11 Millionen Menschen mit Diabetes (4). Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko für renale oder kardiovaskuläre Komplikationen durch eine Influenzainfektion (5, 6). Diese können die Diabetes-Erkrankung verschlechtern und das Risiko für Hospitalisierungen sowie die Sterblichkeit deutlich erhöhen (5, 6, 7). Studien zeigen, dass geimpfte Diabetiker ein um 17 % geringeres Risiko für die Gesamtmortalität und ein um 16 % geringeres Risiko für kardiovaskuläre Mortalität aufweisen (8). Menschen mit Diabetes profitieren also insbesondere mit Blick auf potenzielle kardiovaskuläre Auswirkungen klar von einer Influenza-Impfung.

Patienten mit onkologischen Erkrankungen

Über 4 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Krebs (9). Diese Patienten haben ein stark erhöhtes Risiko für infektiöse Komplikationen, insbesondere wenn sie sich in einer Behandlung mit systemischer Tumortherapie befinden (10). Krebskranke Menschen tragen ein 9-faches Risiko, bei einer Influenza-Infektion hospitalisiert zu werden (5, 6). Eine Infektion kann zudem die Durchführung einer wirksamen Therapie verzögern und trägt so in zweifacher Weise zu Morbidität und Mortalität bei Krebspatienten bei (10). Die Prävention durch Impfungen ist daher ein wichtigerer Aspekt der Patientenbetreuung (10).

Patienten mit chronischen neurologischen Erkrankungen wie z.B. Multiple Sklerose

Mehr als 280.000 Menschen in Deutschland leben mit Multipler Sklerose (MS) (11). Infektionskrankheiten wie Influenza können das Risiko für MS-Schübe erhöhen (12). Darüber hinaus sind MS-Patienten durch immunmodulatorische Therapien besonders anfällig für Infektionen (12). Die Influenza-Impfung löst selbst keinen MS-Schub aus, was sie zu einer angemessenen Präventionsmaßnahme macht (13).

Patienten mit autoimmun und chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie z.B. rheumatoide Arthritis

Rund 1,5 bis 2,1 Millionen Menschen in Deutschland leiden an entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis (14). Diese Patienten haben ein erhöhtes Infektionsrisiko und ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe bei einer Influenzainfektion (15). Impfungen können das Risiko für infektionsgetriggerte Schübe reduzieren (15). Dazu wurde die Verträglichkeit und Wirksamkeit der Impfung in dieser Patientengruppe in mehreren Studien gezeigt (16).

Kritische Impflücken bei jungen Chroniken

Ein besonderes Augenmerk muss auf junge Chroniker gelegt werden, da die Impfquote in den jüngeren Altersgruppen besonders niedrig ist (3). In der Saison 2012/22 lagen die Impfquoten für 18- bis 29-Jährige sowie für 30- bis 39-Jährige jeweils unter 10 % (3). Aufklärung und Impfangebote gerade für diese Altersgruppen sollten intensiviert werden, um Impflücken zu schließen. Doch auch unabhängig vom Alter, muss die Patientenbetreuung von Personen mit chronischen Erkrankungen verbessert werden. Schließlich besteht nur bei 23,4 % der Chroniker unter 60 Jahren ein ausreichender Influenza-Impfschutz (2).

Ergänzender Schutz durch Kokon-Impfung

Neben der Impfung der chronisch Kranken selbst spielt auch die Impfung des unmittelbaren Umfelds eine wichtige Rolle. Familienmitglieder, Pflegepersonen und andere enge Kontaktpersonen können ebenfalls geimpft werden, um den indirekten Schutz der Chroniker zu erhöhen. Durch die Verringerung der Viruszirkulation im Umfeld der Betroffenen kann das Risiko einer Ansteckung erheblich gesenkt werden, was besonders bei immungeschwächten Personen von großer Bedeutung ist (17).

Maßnahmen erforderlich, um Impflücken zu schließen

Die niedrige Impfquote bei Chronikern ist alarmierend und erfordert gezielte Maßnahmen zur Aufklärung und Erhöhung der Impfbereitschaft. Menschen mit Diabetes, Krebs, MS und rheumatoider Arthritis profitieren erheblich von einer Influenza-Impfung. Darüber hinaus empfiehlt sich auch die Impfung des unmittelbaren Umfelds dieser Patienten, um das Risiko von Infektionen zu minimieren und den Gesundheitsschutz zu maximieren.

Jeder Arzt bzw. jede Ärztin kann und darf impfen und sollte diese Verantwortung als Teil der Patientenbetreuung insbesondere bei der vulnerablen Gruppe der Chroniker wahrnehmen. Durch eine Aufklärung über die nachgewiesenen Risiken einer Infektion sowie die Vorteile einer Impfung für die jeweilige Indikation kann auch in jüngeren Altersgruppen eine höhere Impfbereitschaft erreicht und das hohe Risiko für schwere Krankheitsverläufe bei chronisch Kranken effektiv gesenkt werden.

Literatur:

1. Ärzteblatt. Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist chronisch krank, 28.09.2020. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116897/Mehr-als-die-Haelfte-der-deutschen-Bevoelkerung-ist-chronisch-krank - zuletzt abgerufen am: 09.07.2024

2. Gensorowsky D, Witte J, Batram M et al (2023). Influenza vaccination coverage gaps and economic burden of flu in adults below 60 years of age with underlying conditions: a real-world analysis in Germany. Poster presentation at The Ninth ESWI Influenza Conference, 17.09.2023–20.09.2023, Valencia.

3. Rieck T, Steffen A, Feig M, Siedler A. Impfquoten bei Erwachsenen in Deutschland – Aktuelles aus der KV-Impfsurveillance; Epid Bull 2022;49:3-23 | DOI 10.25646/10855

4. Deutsche Diabetes Hilfe. Diabetes in Zahlen. https://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_in_zahlen - zuletzt abgerufen am: 09.07.2024

5. NFID. For people with diabetes, flu vaccination is more important than ever, 05.11.2020. https://www.nfid.org/2020/11/05/for-patients-with-diabetes-flu-vaccination-is-more-important-than-ever/ - zuletzt abgerufen am: 08.07.2022

6. Sellers SA, et al. Influenza Other Respir Viruses. 2017;11(5):372-393

7. Mertz D, et al. BMJ. 2013;347:f5061.

8. Modin D et al. Diabetes Care 2020; 43: 2226-2233; doi: 10.2337/dc20-0229

9. Güthlin, C.; Köhler, S; Dieckelmann, M. (2020). Chronisch krank sein in Deutschland. Zahlen, Fakten und Versorgungserfahrungen. Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität, Frankfurt am Main. http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/55045 - zuletzt abgerufen am: 09.07.2024

10. Onkopedia. Impfungen bei Tumorpatienten, August 2019. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/impfungen-bei-tumorpatienten/@@guideline/html/index.html - zuletzt abgerufen am 09.07.2024

11. Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. Was ist Multiple Sklerose (MS)? https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/was-ist-ms – zuletzt abgerufen am: 09.07.2024

12. Loebermann M, Winkelmann A, Reisinger EC, Zettl UK. Impfen und Multiple Sklerose. Nervenarzt 2010; 81: 181-193

13. Robert Koch Institut. Epidemologisches Bullentin, 06.08.2024; 32. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2004/Ausgabenlinks/32_04.pdf?__blob=publicationFile – zuletzt abgerufen am 09.07.2024

14. Albrecht, K., Binder, S., Minden, K. et al. Systematisches Review zur Schätzung der Prävalenz entzündlich rheumatischer Erkrankungen in Deutschland. Z Rheumatol (2023). https://doi.org/10.1007/s00393-022-01305-2

15. Bundesgesundheitsblatt 2019; 62: 496, 21.03.2019. https://doi.org/10.1007/s00103-019-02905-1 - zuletzt abgerufen am: 09.07.2024

16. Deutsche Rheuma-Liga. Impfungen: Das müssen Menschen mit Rheuma wissen, 29.09.2020. https://www.rheuma-liga.de/aktuelles/detailansicht/impfungen-das-muessen-menschen-mit-rheuma-wissen - zuletzt abgerufen am: 09.07.2024

17. U. S. Centers for Disease Control and Prevention. What are the benefits of flu vaccination? https://www.cdc.gov/flu/prevent/vaccine-benefits.htm - zuletzt abgerufen am: 10.07.2024

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