Nach Mers-Infektion

Ärzte suchen weitere Mitreisende

Ein 65-Jähriger fühlt sich nach der Rückkehr aus den Vereinigten Arabischen Emiraten krank, diagnostiziert wird das oft tödliche Coronavirus Mers. Sein Zustand ist kritisch. Haben sich weitere Menschen infiziert?

Veröffentlicht:

OSNABRÜCK. Nach dem dritten deutschen Mers-Erkrankungsfall läuft die Suche nach weiteren Mitreisenden des 65 Jahre alten Patienten.

Geprüft werden solle, ob Symptome auftreten, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums.

Der 65-Jährige hatte sich während einer Urlaubsreise in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem Erreger angesteckt.

Der Mann wird auf einer Isolierstation des Osnabrücker Marienhospitals behandelt.

Ansteckung über Dromedare?

Höchstwahrscheinlich habe er sich über den Kontakt zu Dromedaren angesteckt, sagte der Vertreter des Gesundheitsdienstes Osnabrück, Peter Tenhaken.

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei bei dem Virus eher unwahrscheinlich. Daher werde nun nach weiteren Mitgliedern der Reisegruppe gesucht.

Nach Angaben eines Sprechers des zuständigen kommunalen Gesundheitsdienstes werden rund 100 Menschen aus dem Familien- und Klinikumfeld des Mannes getestet. Bei 14 Personen sei am Sonntag Entwarnung gegeben worden.

Der Zustand des Mannes sei sehr schlecht, sagte der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie im Marienhospital, Martin Beiderlinden.

Eine Prognose sei nicht möglich. Der Mann sei an eine Lungenmaschine angeschlossen und nur zeitweise bei Bewusstsein.

Da auch seine Nieren versagt hätten, sei er an Blutreinigungsmaschinen angeschlossen worden.

Der Mann stammt nach dpa-Informationen aus dem Kreis Minden-Lübbecke in Nordrhein-Westfalen.

Zunächst normale Erkältungssymptome

Sein Hausarzt hatte ihn nach Krankenhausangaben zunächst auf eine ganz normale Erkältung behandelt.

Als sich sein Zustand verschlechterte, kam er auf die Intensivstation einer Klinik in Ostercappeln bei Osnabrück.

Nachdem sich auch dort der Zustand verschlechterte, wurde er am 23. Februar ins Marienhospital gebracht.

Das Ministerium betonte, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestehe. Die Erkrankung beginnt in der Regel mit grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber, Husten und Kurzatmigkeit.

Bei schweren Verläufen kann sich eine Lungenentzündung entwickeln. In einigen Fällen wurde auch Nierenversagen beobachtet.

Die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan, hatte den Mers-Erreger zuvor als "eine Gefahr für die ganze Welt" bezeichnet.

Der Erreger von Mers (Middle East Respiratory Syndrome) gehört zu den Coronaviren, zu denen auch der Sars-Erreger und viele Erkältungsviren zählen.

Zum weltweit ersten Mal tauchte er 2012 auf. Experten vermuten aber, dass es auch schon zuvor Mers-Fälle gegeben haben könnte.

Bis zum 6. März 2015 wurden der WHO 1040 Mers-Fälle aus aller Welt gemeldet, etwa 40 Prozent der Infizierten starben.

Die Erkrankungen kommen vor allem auf der arabischen Halbinsel vor. Saudi-Arabien ist das am stärksten betroffene Land. Einen Impfstoff gibt es nicht. (dpa)

Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema

Metaanalyse von 94 Studien

Ein Viertel der Long-COVID-Kranken hat Depressionen

Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 09.03.201522:55 Uhr

"Wenn einer eine Reise tut, ..."

Entscheidende Risikofaktoren, wie hier aktuell mit dem ÄZ-Titel: "Nach MERS-Infektion - Ärzte suchen weitere Mitreisende" berichtet, beschrieben Infektiologen und Mikrobiologen aus Leipzig mit Daten von Fernreisenden: Die Erreger werden oft mit nach Hause gebracht (J Med Microbiol 2015; 305: 148).

Über 12 Monate wurde in einer infektiologischen Studie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) das Risiko des Erreger-Imports durch Fernreisen untersucht. "Wir konnten dabei erstmals für Deutschland in einer größeren Kohorte zeigen, dass fast ein Drittel der Reisenden nach der Heimkehr aus Gebieten mit hoher Erregerdichte tatsächlich Träger multiresistenter Erreger ist", so Dr. Christoph Lübbert, Leiter des Fachbereichs Infektions- und Tropenmedizin am UKL.

In den Arbeitsschwerpunkten Gastroenterologie, Infektiologie und Tropenmedizin ergab eine Datenanalyse von 225 Reisenden zwischen Mai 2013 und April 2014 vor und nach einer Fahrt in Gebiete mit hohem Vorkommen multiresistenter Erreger (MRE): "Colonization with extended-spectrum beta-lactamase-producing and carbapenemase-producing Enterobacteriaceae in international travelers returning to Germany". C. Lübbert et al. belegten, dass Fernreisende häufig multiresistente Keime beherbergen können, wenn sie nach Deutschland zurückkehren. Vgl.
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/article/877363/fernreisen-multiresistente-keime-unerwuenschtes-souvenir.html

Multiresistente Keime bzw. das oft tödliche Coronavirus MERS kommen also nicht aus heiterem Himmel und werden auch nicht ausschließlich von unsachgemäß hantierenden, "unhygienischen" Krankenhaus- und Praxismitarbeitern auf arglose Patienten übertragen. Sondern diese Keime müssen s e l b s t irgendwo her kommen. Und sie werden offensichtlich zu einem relevanten Anteil von a u ß e n in Klinik und Praxisräume hinein getragen. Der englische Fachbegriff "communicable diseases" trifft den Sachverhalt: übertragbare Krankheiten, die durch interagierende, kommunizierende Personen übertragen werden.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt. Mauterndorf/A)

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Gegen Verschwendung

Warum ein Kardiologe Kunstwerke aus Müll macht

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung