Ärzte und Pfleger unterschätzen oft Folgen von Nadelstichverletzungen

BOCHUM (fst). Ärzte, Pfleger und Schwestern halten Nadelstichverletzungen häufig zu Unrecht für eine Bagatelle. Das ist das Fazit einer bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin in Bochum vorgestellten Studie.

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Die an der Universität Heidelberg erstellte Expertise kommt zu dem Ergebnis, daß etwa die Hälfte der Ärzte, Pfleger oder Schwestern derartige Verletzungen als "oberflächlich" einschätzt. Als Konsequenz wird nur etwa jeder zehnte Berufsunfall - wie eigentlich vorgeschrieben - gemeldet.

"In Deutschland besteht kein flächendeckendes System zur Erfassung von Nadelstichverletzungen", erklärte die Bundesregierung auf Anfrage der Unionsfraktion. Zu Nadelstichverletzungen kommt es besonders häufig beispielsweise beim Zurückstecken der Nadel in die Schutzkappe oder aufgrund ungeeigneter Entsorgungsbehältnisse für Kanülen.

Schätzungen zufolge passiert dies jährlich 500 000mal. Daß die Dunkelziffer hoch bleibt, dafür sorgen auch die Statistiken der Unfallversicherungsträger: Dort tauchen Nadelstichverletzungen nur dann auf, wenn der Betroffene länger als drei Tage arbeitsunfähig war.

Im Jahr 2003 gingen bei der Berufsgenossenschaft (BG) für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege 1044 Meldungen ein, bei denen ein "Blutkontakt mit der Gefährdung durch eine blutübertragbare Viruserkrankung" angegeben wurde, so die Regierung.

Landesunfallkassen und BG erkannten im Jahr 2002 in 79 Fällen eine Hepatitis B-Infektion, in 170 Fällen eine Hepatitis C-Infektion und in einem Fall eine HIV-Infektion in Folge eines Nadelstichs als Berufskrankheit an. Trotz der dünnen Datenbasis bilden die Zahlen nach Ansicht der Regierung "das tatsächliche Infektionsgeschehen annähernd ab".

Bis zu 90 Prozent dieser Unfälle ließen sich vermeiden - etwa durch Injektionkanülen, die nach Gebrauch durch Druck auf die Kolbenstange in den Spitzenkörper zurückschnellen. In der TRBA 250 (Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe) sind umfassende Schutzmaßnahmen seit November 2003 geregelt. Doch ihre Umsetzung, rügt die Unionsfraktion, verläuft "zögerlich angesichts des Kostendrucks im Gesundheitswesen".

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