Parkinson und Grippe
Amantadin bei auch bei Spielsucht
BARCELONA. Das gegen Influenza und Parkinson eingesetzte Amantadin reduziert deutlich Symptome der Spielsucht, berichteten italienische Forscher von der Universität G. d'Annunzio in Chietiauf dem Kongress der Europäischen Neurologengesellschaft ENS in Barcelona.
Beim 23. Meeting der Europäischen Neurologengesellschaft (ENS) diskutierten 3000 Experten aktuelle Entwicklungen des Fachgebietes. Obwohl noch größere Studien zur Bestätigung nötig sind, scheinen die ersten Ergebnisse vielversprechend.
"Wie wir zeigen konnten, wirkt Amantadin damit auch auf die Impulskontrolle", erklärte Studienautor Dr. Giovanni Dr. Martinotti. In einer Fallserie mit sechs Spielsüchtigen habe die Substanz den Drang zum Spiel, die Gedanken daran, die dafür aufgewendete Zeit und Emotionen und die damit verbundenen persönlichen Probleme um jeweils 43 bis 64 Prozent gemildert.
Gemessen wurde per "Gambling Symptom Assessment Scale" (G-SAS), mit der sich die Patienten selbst einschätzen, so eine ENS-Mitteilung. Pathologisches Spielen betrifft Studien zufolge weltweit 0,2 bis 5,3 Prozent der Erwachsenen.
Besonders häufig ist diese Verhaltensstörung bei Teilnehmern/-innen von Glücksspielen und Wetten anzutreffen. Betroffene sind oft unfähig, ihrem Drang zum Spielen zu widerstehen. Die Krankheit, von der weitaus mehr Männer als Frauen betroffen sind, hat meist schlimme Folgen für das persönliche Leben, die Familie oder den Beruf der Patienten.
Die medizinische Behandlung von Spielsüchtigen gestaltet sich bisher als sehr schwierig, berichtete Martinotti.
"Es gibt zwar vereinzelte Medikamente, doch hat sich bisher keines davon als Standardtherapie bewährt, sodass es etwa eine Zulassung der weltweit tonangebenden ‚Food and Drug Administration‘ der USA besäße. Jetzt sieht es so aus, als ob wir erstmals ein Medikament gefunden hätten, das bei Spielsucht wirklich hilft - wobei wir erst in der Testphase sind und noch mehr Daten zur Bestätigung brauchen."
Amantadin erhöht die Ausschüttung von Dopamin im Gehirn und hemmt die Wiederaufnahme, vor allem im "Nucleus accumbens", der Schalthebel für das "Belohnungssystem" in der Entstehung von Sucht eine wichtige Rolle spielt.
Die Versuchspersonen vertrugen das Medikament gut, Nebenwirkungen seien "vernachlässigbar". Nach diesem Erfolg hält es Dr. Martinotti für möglich, dass sich Amantadin für den Einsatz bei Spielsucht bewährt, jedoch vielleicht auch für ähnliche Störungen der Impulskontrolle wie etwa die Kauf- oder Onlinesucht.
"Was wir nun brauchen, sind Studien mit mehr Teilnehmern/-innen. Zudem muss für eine etwaige spätere Zulassung auch geklärt werden, wie das Medikament auf mögliche Begleiterkrankungen wirkt", so der Forscher. Fazit: Die Substanz könnte eine neue Behandlungsoption bei Spielsucht darstellen. (eb)