Darmkrebs nach Koloskopie
Da ist die Prognose relativ schlecht
Patienten, die nach einer Koloskopie an Darmkrebs erkranken, stehen prognostisch betrachtet schlechter da, als Patienten, deren Krebs bereits bei der Indexkoloskopie entdeckt worden ist - aber besser als Darmkrebspatienten, die vor Diagnose keine Darmspiegelung erhalten hatten.
Veröffentlicht:TORONTO. Auch eine Koloskopie ohne Befund schützt nicht sicher vor einer späteren Darmkrebsdiagnose. Daten aus Studien weisen darauf hin, dass es sich dabei überwiegend um bei der Indexuntersuchung übersehene oder unvollständig entfernte Tumoren handelt. Ein kleinerer Teil besteht demnach aus neu gebildeten, rasch wachsenden Karzinomen.
Kanadische Mediziner um Anand Govindarajan von der Universität Toronto haben in einer retrospektiven Kohortenstudie die Daten sämtlicher gut 45.000 Patienten in der Provinz Ontario analysiert, bei denen in den Jahren 2003 bis 2009 ein kolorektales Karzinom diagnostiziert worden war (Gut 2016; 65: 971-976). Dabei bildeten sie drei Gruppen:
In Gruppe 1 fielen knapp 27.700 Patienten, deren Darmkrebs binnen sechs Monaten nach einer ersten Koloskopie diagnostisch gesichert worden war; dieser Gruppe dürften mit einiger Sicherheit nahezu alle Patienten angehören, deren Krebs bei der Indexuntersuchung gefunden wurde.
In Gruppe 2 teilten sie die 2800 Patienten ein, deren Krebs in einer Spanne von 6-36 Monaten nach der (nicht mit einer Krebsdiagnose, aber in 40,1 Prozent der Fälle mit einer Polypektomie verbundenen) Erstkoloskopie auffällig geworden war.
In Gruppe 3 ordneten sie jene rund 14.600 Patienten ein, die sich in den 36 Monaten vor ihrer Darmkrebsdiagnose keiner Koloskopie unterzogen hatten.
Im Vergleich mit Gruppe 1 schnitten Patienten aus Gruppe 2 schlechter ab. Bei Diagnose jenseits der Erstkoloskopie waren 17,2 Prozent der Kolorektalkarzinome bereits metastasiert, verglichen mit 12,9 Prozent der Tumoren, die bei der Erstkoloskopie entdeckt worden waren. Auch das Gesamtüberleben, auf fünf Jahre betrachtet, war mit 60,8 Prozent vs. 68,3 Prozent schlechter. Einflussgrößen wie Alter, Geschlecht und Tumorlokalisation berücksichtigt, ergab sich ein um 25 Prozent erhöhtes Sterberisiko. Patienten aus Gruppe 2 wurden fast dreimal häufiger notfallmäßig zugewiesen als Patienten in Gruppe 1 (27,0 Prozent vs. 9,7 Prozent), chirurgische Resektionen fanden seltener statt (76,1 Prozent vs. 84,1 Prozent).
Die Unterschiede zwischen Gruppe 1 und 2 lassen sich nur teilweise auf das fortgeschrittenere Tumorstadium jener Tumoren zurückführen, die erst nach der Erstkoloskopie gefunden wurden. Nach Abgleich der Stadien war das Gesamtüberleben von Patienten der Gruppe 2 weiterhin schlechter. Govindarajan und Kollegen halten es für möglich, dass der Mortalitätsunterschied bis zu einem gewissen Grad einem abweichenden biologischen Verhalten der später erkannten Tumoren zuzuschreiben ist. Verglichen mit Gruppe 3 allerdings standen die Patienten aus Gruppe 2 signifikant besser da. Dort hatten 37,1 Prozent der Patienten zum Diagnosezeitpunkt bereits Metastasen, die Fünf-Jahres-Überlebensrate betrug 38,9 Prozent.
Mit ihren Erkenntnissen sehen Govindarajan und Kollegen die Bedeutung der Darmspiegelung für die Diagnose von kolorektalen Karzinomen bestätigt. "Diese Ergebnisse unterstreichen", schreiben sie, "wie wichtig es ist, Zugang, Inanspruchnahme und Qualität der Koloskopie für die Darmkrebserkennung zu untersuchen und zu verbessern."