UN-Sicherheitsrat

Ebola-Epidemie ist Gefahr für Weltfrieden

Der UN-Sicherheitsrat sieht in der Ebola-Epidemie eine große Gefahr - und reagiert mit Resolution und Sondermission. Sierra Leone hat indes eine Ausgangssperre verhängt und startet ein Tür-zu-Tür-Screening. In Guinea sollen aufgebrachte Dorfbewohner Begleiter eines Ebola-Aufklärungstrupps getötet haben.

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NEW YORK. Der UN-Sicherheitsrat hat die Ebola-Epidemie in Westafrika als "Gefahr für Frieden und Sicherheit der Welt" eingestuft. Mit einer einstimmig beschlossenen Resolution mahnte das mächtigste UN-Gremium bei einer Sondersitzung am Donnerstag (Ortszeit) mehr Hilfe für die betroffenen Länder in Westafrika und das Aufheben von Reisebeschränkungen an.

Zudem wollen die Vereinten Nationen noch in diesem Monat eine Sondermission zur Bekämpfung der Epidemie mit bislang mehr als 2500 Toten nach Westafrika schicken.

Der Rat hatte sich in seiner Geschichte zuvor nur zweimal mit Gesundheitsnotfällen beschäftigt, in beiden Fällen war es dabei um Aids gegangen.

"Die beispiellose Situation verlangt nach nie da gewesen Schritten, um Leben zu retten und Frieden und Sicherheit zu bewahren", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Deswegen habe ich entschieden, eine UN-Sondermission für Gesundheitsnotfälle einzurichten."

"Anstrengungen verzwanzigfachen"

Die UNMEER genannte Mission solle sich darum kümmern, den Ausbruch der Epidemie zu stoppen, Patienten zu behandeln, notwendige Versorgung nach Westafrika zu bringen, Frieden und Sicherheit zu bewahren und mögliche weitere Ebola-Ausbrüche zu verhindern.

Zudem werde weitaus mehr Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebraucht, mahnte Ban. "Unsere bestmögliche Schätzung ist, dass wir die Anstrengungen verzwanzigfachen müssen."

In den kommenden sechs Monaten würde eine Milliarde Dollar (etwa 775 Millionen Euro) gebraucht. "Einer der Hauptgründe, warum diese Epidemie sich so dramatisch verbreiten konnte, ist, dass wir im Kampf dagegen bislang nicht ausreichend zusammengearbeitet haben", sagte US-Botschafterin Samantha Power.

Auch Deutschland schloss sich der Resolution des Rats an. "Wir sind konfrontiert mit einer Krise, die eine ausgedehnte, schnelle und entschlossene Antwort der Vereinten Nationen und all ihrer Mitglieder erfordert", sagte UN-Botschafter Harald Braun.

Die Bundesregierung hat sich indes gegen Kritik wegen angeblich unzureichender deutscher Hilfe im Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika gewehrt. Die "Ärzte ohne Grenzen" hatten sich in einem Offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel darüber beklagt.

Regierungssprecher Steffen Seibert verwies am Freitag in Berlin darauf, dass Deutschland bereits vor mehreren Monaten tätig geworden sei. Die Bundesregierung habe seit dem Frühjahr ein "breites Angebot" an die betroffenen Länder gemacht. Zugleich werde derzeit weitere personelle und materielle Unterstützung geprüft.

Vom Senegal aus will Deutschland eine Luftbrücke zum Kampf gegen die Ebola-Epidemie aufbauen. Dazu will die Bundeswehr in den nächsten Tagen mit zwei Transall-Maschinen aus Dakar Versorgungsflüge nach Liberia, Guinea und Sierra Leone starten. Einen konkreten Termin gibt es noch nicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Freitag zugleich weitere Hilfe an: „Es ist im Augenblick keine Frage des Geldes, sondern der Kapazitäten und Logistik." Geplant ist unter anderem, eine mobile Krankenstation für 50 Patienten nach Liberia zu liefern

Ausgangssperre in Sierra Leone

Zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Sierra Leone hat in dem westafrikanischen Land am Freitag eine dreitätige Ausgangssperre begonnen. Bis zum Sonntag sollen Gesundheitsarbeiter von Haus zu Haus gehen, um die Bevölkerung über das Virus aufklären und mögliche Ebola-Kranke ausfindig machen. Zudem soll so eine weitere Ausbreitung der Seuche verhindert werden.

"Wir müssen die Bewegungsfreiheit für alle Bürger einschränken, um direkten Körperkontakt zu vermeiden", sagte Regierungssprecher Abdulai Baratay der Nachrichtenagentur dpa.

Lokalen Medien zufolge sind rund 21.000 Helfer damit beauftragt, den Menschen Vorbeugemaßnahmen zu erklären und insgesamt 1,5 Millionen Stück Seife zu verteilen. Die Ausgangssperre sei deshalb vor allem als erzieherische Maßnahme gedacht, hatte der Chef der Notfallbehörde (EOC), Steven Gaojia, im Vorfeld betont.

Experten stehen dem Schritt kritisch gegenüber. Es bedürfe Helfer mit viel Erfahrung, um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Ebola-Symptomen auszumachen, hatte die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) bereits vor Tagen mitgeteilt.

Zudem gebe es nicht genug Ebola-Zentren, um eventuelle neue Patienten aufzunehmen. Ohne Platz zur Untersuchung und Behandlung von Verdachtsfällen habe das ganze Vorhaben keinen Sinn.

Ebola-Aufklärer in Guinea ermordet?

In Guinea haben aufgebrachte Dorfbewohner im Südosten Augenzeugen zufolge sechs Regierungsvertreter und Journalisten getötet. Die Delegation war im Rahmen einer Aufklärungskampagne in der Region um Womey unterwegs, um die Menschen über die Gefahren durch das Virus zu informieren.

In vielen Teilen Westafrikas glaubt die Bevölkerung jedoch nach wie vor nicht an die Existenz der Seuche. Vor allem Ärzten und Gesundheitsbehörden stehen die Bürger skeptisch gegenüber, weil sie lieber auf traditionelle Heiler vertrauen.

Die genauen Hintergründe der Tat waren zunächst unklar. Jedoch weigerten sich die Dorfbewohner derzeit offenbar noch, den Behörden die Leichen der Delegation zu übergeben. Zudem würden drei Vertreter noch in dem Ort festgehalten, so der Zeuge.

Zu der Gruppe gehörten ein örtlicher Gouverneur, mehrere Direktoren und Manager von Gesundheitszentren und Krankenhäusern sowie drei Journalisten.

WHO: 5357 Ebola-Infizierte

Unterdessen wurde die mit dem Ebola-Virus infizierte Mitarbeiterin der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" zur Behandlung nach Frankreich geflogen. Sie wurde in der Nacht zu Freitag in das Militärhospital Bégin bei Paris eingeliefert. Dort werde die Frau eine "experimentelle Behandlung" bekommen, kündigte die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine im Sender RTL an.

Tests hatten ergeben, dass sich die Französin in Liberia mit dem Virus angesteckt hatte. Sie war seit Dienstag isoliert worden.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren bis zum 14. September in Liberia, Sierra Leone, Guinea, Nigeria und dem Senegal insgesamt 5357 Ebola-Kranke registriert. Darunter sind auch 318 Ärzte und andere Helfer - 151 von ihnen starben. (dpa)

Kommentare
Adolf Göttker 21.09.201411:20 Uhr

Es ist eine Schande

Sowohl die UNO, die WHO und auch die Bundesregierung haben hier kläglich versagt und werden erst tätig, wenn das Kind nicht nur schon in den Brunnen gefallen und fast ertrunken ist. Allein die USA reagieren mit einer gewaltigen Hilfsaktion mit Menschen, die helfen können, mit Material und mit Geld. Dafür werden sie dann auch noch in vielen Teilen der Welt und leider auch hier bei uns als Feindbild erhalten.

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