Ein Rezept gegen plötzlichen Kindstod
Die Empfehlung, Babys in Rückenlage schlafen zu legen, war ein voller Erfolg. Die Zahl der plötzlichen Kindstode sank um mehr als 50 Prozent. Doch es gibt weitere Gefahrenquellen für den stillen Tod.
Veröffentlicht:SAN DIEGO. Die Gefahr für einen plötzlichen Kindstod ist nicht wirklich gebannt. Nach dem Erfolg der Kampagne "Back-to-Sleep" (BTS), die die Zahl der plötzlichen Kindstode (Sudden Infant Death Syndrome, SIDS) um mehr als die Hälfte senken konnte, stagnieren die Zahlen heute.
Das Risikoprofil hat sich verändert und setzt sich oft aus mehreren Komponenten zusammen, so das Resümee einer amerikanischen Studie (Pediatrics 2012; online 26. März).
Trotz der beachtlichen Erfolge ist das SIDS bei amerikanischen Babys auch heute noch die häufigste Todesursache. Im "San Diego DIDS / Sudden Unexplained Death in Childhood Research Project" wurden intrinsische und extrinsische Risikofaktoren von 568 SIDS-Fällen aus den Jahren 1991 bis 2008 erfasst.
Infolge der BTS-Kampagne im Jahr 1994 war die SIDS-Rate in den USA von 1,34 / 1000 Lebendgeborenen im Jahr 1991 auf 0,64 im Jahr 2008 gesunken. Der Anteil der toten Babys, die man in Bauchlage auffand, reduzierte sich von 84 Prozent auf 48,5 Prozent.
Auch Infektionen des oberen Respirationstrakts fanden sich seltener bei den SIDS-Kindern. Andererseits nahmen die Fälle zu, bei denen Babys im Elternbett oder beim gemeinsamen Schlafen mit den Geschwistern ums Leben kamen, vor allem bei den Kleinsten unter zwei Monaten.
Auch in Deutschland konnten die Empfehlungen die Zahl der plötzlichen Kindstode beachtlich reduzieren. Während laut Statistischem Bundesamt im Jahr 1998 noch bei 0,77 / 1000 Lebendgeburten die Diagnose ICD-Nr. R95 gestellt wurde, geschah dies im Jahr 2008 nur noch bei 0,32 / 1000.
Triple-Risk-Modell umfasst Risikofaktoren
Nachdem in den USA heute zwei von drei Babys in Rückenlage schlafen, verbleibt eine Reihe weiterer möglicher Faktoren, die Einfluss auf einen plötzlichen Kindstod haben können.
Insgesamt zeigte sich, dass bei 99 Prozent der verstorbenen Kinder mindestens ein Risikofaktor bestand, bei 75 Prozent ein intrinsischer und ein extrinsischer, bei 57 Prozent mindestens zwei extrinsische und ein intrinsischer. Nur bei 5 Prozent der Babys mit SIDS ließ sich kein Risikofaktor erkennen.
Diese Ergebnisse stützen das Triple-Risk-Modell für den plötzlichen Kindstod, das sich aus den Komponenten "vulnerables Kind" (intrinsische Risikofaktoren), "exogener Stressor" (extrinsische Risikofaktoren) und "kritische Entwicklungsphase" (maximales Risiko zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat) zusammensetzt.
Zu den intrinsischen Faktoren zählen männliches Geschlecht, Frühgeburt, ein bestimmter genetischer Polymorphismus und die pränatale Alkohol- und / oder Tabakrauchexposition.
Als extrinsische Faktoren gelten Bauch- oder Seitenlage im Schlaf, gemeinsames Schlafen im Elternbett, zu warmes Einpacken, zu weiche Lagerung und Überdecken des Gesichts im Schlaf. Je mehr dieser Faktoren zusammentreffen, desto größer wird das SIDS-Risiko.
Neben der Bauchlage, in der auch heute noch 30 Prozent der Kinder ihre Schlafzeiten verbringen, gefährden vor allem das Schlafen auf einer Erwachsenenmatratze sowie das gemeinsame Schlafen in einem Bett das Leben von Babys unter einem Jahr.
Immer mehr Eltern legen ihre Kinder auch auf die Seite, was mittlerweile ebenfalls als gefährliche Schlafposition gilt, da Babys häufig auf den Bauch rollen. Vor allem dann, wenn sich Einzelrisiken summieren, steigt die Gefahr für das Kind.
Deshalb ist die Aufklärung über die Risikofaktoren des plötzlichen Kindstodes heute so notwendig wie vor 18 Jahren.
Quelle: www.springermedizin.de