Grippewelle rollt
Hausärzte rüsten sich
Grippale Erkrankungen gehen um in Deutschland. In den Praxen ist daher besonders an Montagen viel los. Doch die Ärzte sind vorbereitet, wie eine Umfrage der "Ärzte Zeitung" zeigt.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Die Grippewelle rollt über Deutschland, das zeigen die neuesten Meldungen der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI). Deutlich wird das auch an den Patienten, die die Welle in die Arztpraxen zwischen Nordsee und Alpenvorland spült.
"Wir haben seit knapp zwei Wochen eine rasante Zunahme der Erkrankungsfälle mit plötzlich einsetzendem, sehr hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, oft auch mit Erbrechen und Durchfall kombiniert", sagt Dr. Rainer Graneis, Hausarzt in Nellingen in Baden-Württemberg.
Der Allgemeinmediziner betreut am Tag etwa 40 Patienten mehr als üblich, so seine Schätzung. Die Wartezeiten könnten dadurch zum Teil auf eineinhalb Stunden anschwellen.
Überraschend ist das für Graneis in diesen Wochen des Jahres jedoch nicht - wobei "Intensität und Häufigkeit dieses Mal vielleicht etwas größer sind", betont der Hausarzt.
Schwere Fälle "eher selten"
Grippewellen
2012/13 war mit 23 600 Exzess-Todesfällen die schwerste Grippewelle seit 17 Jahren.
2011/12 ist laut Robert-KochInstitut (RKI) mit 2,1 Millionen zusätzlichen Arzt-Konsultationen zwar relativ schwach verlaufen, hatte aber eine relativ hohe Exzess-Mortalität (7400). Interessant: Die Grippewelle 2011/12 begann erst Mitte Februar.
1995/96 war laut RKI-Aufzeichnungen der schwerste Grippewinter der vergangenen 30 Jahre. Es gab 29.900 Exzess-Todesfälle.
Auch in Bayern zeichnet sich ein ähnliches Patientenaufkommen ab. Dr. Wolfgang Schuck, Hausarzt in Laufach nahe Aschaffenburg, erwartet nach eigenen Angaben etwa durchschnittlich 200 Patienten mit Grippesymptomen pro Woche in seiner Praxis.
Schwere Fälle oder eine "echte Grippe" seien dabei aber eher selten. Dem mit der Influenzawelle verbundenen Trubel im Arbeitsalltag sieht er gelassen entgegen: "Die Arbeit ist zu bewältigen, es sind jedoch lange Arbeitstage, so wie wir es im Februar gewohnt sind", berichtet Schuck.
Routine herrscht auch auf Sylt, wo raues Wetter an der Tagesordnung ist. "Wir kennen das. Und sehen zu, dass wir uns nicht selbst anstecken", sagt Dr. Hans-Joachim Zielinski.
Der Allgemeinmediziner und seine Kollegen vom Asklepios MVZ auf Sylt frischen ihren Impfschutz nach eigenen Angaben jedes Jahr auf - nicht das einzige Mittel, auf das die Praxen zurückgreifen, um den Viren möglichst wenig Boden zu bereiten.
"Wir achten sehr auf hygienisch einwandfreies Arbeiten", berichtet Dr. Christine Nagler. Die Hausärztin arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Offenbach am Main. Dort würden beispielsweise Türklinken regelmäßig desinfiziert sowie Räume oft gelüftet.
Im Umgang mit ihren Patienten handelt die Ärztin proaktiv: "Ich bespreche mit ihnen, wie sie sich durch Hygienemaßnahmen im Alltag möglichst gut schützen können."
Ungeachtet der aktuell bereits vielen Patienten in der Praxis, erwartet Nagler den Scheitelpunkt der Grippewelle erst in den kommenden Wochen.
Durch eine deutlich steigende Zahl fiebriger Patienten will sich die Ärztin aber nicht ins Schwitzen bringen lassen: Sie setzt in der Vorbereitung auf den Grippe-Scheitelpunkt auf Teamwork.
Momentan arbeiten zwei Ärzte in der Gemeinschaftspraxis, die von einer Assistenzärztin unterstützt werden. "Wir können aber auch kurzfristig mit mehr Personal reagieren."
Patienten mit Fieber im Blick
Im Moment könnten durch eine geschickte Terminplanung lange Wartezeiten noch vermieden werden. Würden aber viele ohne Termin die Praxis aufsuchen, wie dies etwa an Montagen der Fall sei, könnten die Wartezeiten länger ausfallen.
Dann versucht das Praxisteam "insbesondere fiebrige Patienten möglichst schnell in die Sprechstunde und zur Behandlung einzutakten", betont die Hausärztin.
Patienten zu impfen, hält sie in der aktuellen Situation noch für sinnvoll. In den letzten Tagen kämen zudem mehr Nachfragen wegen der Influenzaimpfung.
"Ich spreche meine Patienten ab Herbst regelmäßig auf die Impfung an, merke aber immer wieder, dass auf diesem Gebiet noch viel mehr Aufklärung notwendig ist", berichtet Nagler. Die Impffreudigkeit der Patienten habe insgesamt eher nachgelassen.
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