Leitartikel zu Masern und Röteln

Ist die letzte Galgenfrist schon angebrochen?

Bis zum Jahr 2015 soll Europa frei sein von Masern und Röteln. Trotz erheblicher Fortschritte bleibt dies ein ehrgeiziges Ziel. Um es zu erreichen, werden vor allem noch Impfkampagnen für Jugendliche benötigt.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Masern-Exanthem - ein Anblick, der hoffentlich bald der Vergangenheit angehört.

Masern-Exanthem - ein Anblick, der hoffentlich bald der Vergangenheit angehört.

© SPL / Agentur Focus

Es ist wieder einmal soweit: Europa rottet die Masern aus.

Die Frist dafür ist schon mehrmals verschoben worden, doch im Jahr 2015 soll nach dem Willen der WHO endgültig Schluss sein.

Danach sollen weder interne noch importierte Viren Infektionsketten von einem Jahr oder länger verursachen. Laut WHO ist dies erreicht, wenn die Maserninzidenz unter einen Fall pro einer Million Einwohner und Jahr sinkt.

Die Zahlen von 2011 waren in dieser Hinsicht wenig ermutigend - allein in Frankreich wurden fast 15.000 Fälle gemeldet, in Deutschland gab es 1607 Meldungen.

Das Jahr 2012 verlief wesentlich besser: „Wir sind glücklich, dass es in Deutschland letztes Jahr nur 168 Masernfälle gab, also nur noch eine Inzidenz von zwei pro einer Million“, sagte Dr. Dorothea Matysiak-Klose, Mitarbeiterin des Fachgebiets Impfprävention am Robert Koch-Institut (RKI), im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ ...

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Kommentare
Heike Thiesemann-Reith 19.02.201309:57 Uhr

Keine Illusionen!

Machen wir uns nichts vor, trotz deutlicher Fortschritte in den Impfraten kann die relativ geringe Anzahl von Masernfällen 2012 meines Erachtens nur auf die "Honeymoon-Phase" nach einem größeren Ausbruch zurückgehen. Die Impflücken in Deutschland sind viel zu groß. Wie die Daten aus Schleswig-Holstein und den Schuleingangsuntersuchungen zeigen, sind 2011 bis zum Alter von 2 Jahren nur ca. 75% der Kinder 2 Mal geimpft, bis zur Einschulungen waren es 2010 91% (siehe auch http://www.impfbrief.de/index.php?nav=5#id130).
Klar, das ist ein riesen Fortschritt im Vergleich zu früheren Jahren, reicht aber nicht aus. Zudem schieben wir Generationen unzureichender Geimpfter vor uns her. Impflücken bei nach 1970 Geborenen zu schließen, ist eine super Idee - aber ist wirklich anzunehmen, dass ältere Jugendliche und Erwachsene plötzlich flächendeckend und konsequent von Niedergelassenen geimpft werden? Ohne einen aufsuchenden Öffentlichen Gesundheitsdienst oder z.B. finanziell besser ausgestattete Betriebsärzte sind diese Lücken zumindest in Westdeutschland nicht zeitnah zu schließen.

Der nächste größere Ausbruch findet erfahrungsgemäß erst in 3-5 Jahren, also mit etwas Glück nach 2015, statt. So lange können wir natürlich so tun, als wären die Masern in Deutschland (fast) eliminiert.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Vielleicht wird die neu gegründete "Nationale Verifizierungskommission Masern/Röteln" endlich zu dem Motor, der aus den unzähligen "sollte" im Nationalen Impfplan und den seit 1999 praktisch unverändert gebliebenen Forderungen aus dem "Interventionsprogramm Masern, Mumps, Röteln" (Epi Bull 45/1999) Taten werden lässt.

Andreas Kaunzner 14.02.201321:15 Uhr

WHO und Europa

Das die WHO Europa noch weit im Osten sieht ist keine Entscheidung des RKI ...
www.euro.who.int/de/where-we-work

Dr. Thomas Georg Schätzler 14.02.201320:55 Uhr

Eigentor

Bei MMR-Impfdebatten denke ich als Mediziner automatisch an den Nobelpreisträger, Bakteriologen und Serologen, Prof. Emil von Behring, und seine durch ihn begründeten Behringwerke.

N i c h t zu verwechseln mit dem berühmten, in russischen Diensten stehenden Entdecker und Seefahrer Vitus Jonassen Bering, nach dem u. a. die Beringstraße, das Beringmeer und die Beringinsel benannt sind. E r war es, der mit zwei Kamtschatka-Expeditionen nachwies, dass zwischen Asien und Nordamerika k e i n e Landverbindung, sondern eine Wasserstraße besteht.
Mf+kG

Dr. Thomas Georg Schätzler 14.02.201320:24 Uhr

RKI-Eliminationsziele bei MMR für ganz Eurasien?

Erfreuliche Entwicklung mit nur 168 Masernfällen im letzten Jahr in Deutschland! Zu bedenken bleibt, dass auch bei korrekter 2-maliger MMR-Impfung mit Erstimpfung im-11.-14.Lebensmonat und Zweitimpfung im-15.-23. Monat keine 100 % Serokonversion zu erwarten ist. Denn wenn bei den erfassten Masernfällen, wie vom RKI berichtet, 90 Prozent der erkrankten Kinder ungeimpft waren, erkrankten 10 Prozent mit MMR-Impfung. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen erkrankten lt. RKI 50% ungeimpft, die andere Hälfte trotz (unvollständiger) Impfung?

Alles spricht für eine gelegentlich lückenhafte Serokonversion bei korrekter Impfprozedur. Dass Impfstoffhersteller solche systemischen Mängel nur widerwillig oder gar nicht zugeben, ist z. B. bei dem nur 60-prozentigen Schutz nach einer e i n z i g e n konventionellen Grippeschutzimpfung bekannt. Deshalb gibt es auch seit langem die RKI- und STIKO-Empfehlung, "junge Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden" im Zweifel nochmal mit einer weiteren MMR-Impfung aufzufrischen. Allerdings sind diese "jungen Erwachsenen" mittlerweile bis zu 43 Jahre alt!

Das RKI legt übrigens die Messlatte für Eliminationsziele in Europa geografisch skurril an. Frau Dr. Dorothea Matysiak-Klose, Mitarbeiterin des Fachgebiets Impfprävention am Robert Koch-Institut (RKI) wird im ÄZ-Leitartikel zitiert: "Ich bin nicht sicher, dass es gelingt, Röteln und Masern innerhalb von drei Jahren von Brest bis Kamtschatka zu eliminieren".

Der westlichste Punkt des europäischen Festlands liegt aber nicht in Brest (F), sondern als Cabo da Roca in Portugal. Die östlichste Begrenzung Europas bildet das russische Uralgebirge. Die Halbinsel Kamtschatka (russisch ????????) dagegen, ist im ostasiatischen Teil Russlands verortet. Dort, wo im Nordosten Asiens das Behringmeer Alaska von Asien trennt und sich der Pazifische Ozean erstreckt.

Mit freundlichen, kollegialen und geografischen Grüßen,
Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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