Drogenbericht 2017

Kinder suchtkranker Eltern brauchen mehr Beachtung

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, hat eine bessere Versorgung und Betreuung der Kinder von Suchtkranken gefordert. Kinder von Suchtkranken wurden diesmal zum Schwerpunkt des Drogenberichts gemacht.

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Unterschätzte Problematik: 2,65 Millionen Kinder haben einen Elternteil mit einem Alkoholproblem.

Unterschätzte Problematik: 2,65 Millionen Kinder haben einen Elternteil mit einem Alkoholproblem.

© crabshack photos / Fotolia

BERLIN. Mehr als drei Millionen Kinder in Deutschland wachsen bei alkohol- oder drogensüchtigen Eltern auf. 2,65 Millionen haben einen Elternteil mit einem Alkoholproblem. Das meldete die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler (CSU) am Freitagvormittag in Berlin. "Wenn wir die betroffenen Kinder nicht unterstützen, entwickelt ein Drittel von ihnen selbst eine Suchterkrankung und ein weiteres Drittel eine andere psychische Störung."

Hier will die Bundesregierung nun helfen, unter anderem mit Aktionen in den Grundschulen. Dort soll es zum Beispiel feste Ansprechpartner für Betroffene geben.

Als erfreulich wertete Mortler in einer Pressemitteilung die rückläufigen Trends beim Tabak- und Alkoholkonsum Jugendlicher. Gestiegen sei demgegenüber allerdings die Bereitschaft Heranwachsender, Cannabis zu probieren, räumte die Drogenbeauftragte ein. Dies sei auch deshalb problematisch, weil der Wirkstoffgehalt von Cannabis heute etwa fünfmal so hoch liege wie noch vor fünf Jahren. Damit seien auch die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen massiv gewachsen. Die Aufklärung in den Schulen und die betriebliche Suchtprävention müssten das mehr thematisieren und so "der interessengetriebenen Verharmlosung von Cannabis endlich Fakten entgegensetzen", so Mortler. (af/run)

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Kommentare
Prof.Dr. Martin Smollich 21.08.201709:34 Uhr

vollkommen verfehlte Drogenpolitik

Dass die Drogenbeauftragte der Bundesregierung vor einer "interessengetriebenen Verharmlosung von Cannabis" warnt ist eine absolute Farce angesichts der realen drogenpolitischen Probleme: Der Einfluss einer "Cannabis-Lobby" auf CDU/SPD ist vollkommen inexistent im Vergleich zum todbringenden Einfluss der Tabak- und Alkohol-Lobby - in beiden Bereichen ist Deutschland hinsichtlich der Drogenprävention Schlusslicht in Europa.

In keinem anderen EU-Land hat die Tabak-Lobby auf die Regierungsparteien soviel Einfluss wie in Deutschland, was angesichts der zehntausenden Todesfälle erschütternd ist, dabei aber den verantwortlichen politischen Akteuren aus rein wirtschaftspolitischen Gründen vollkommen egal ist (vgl. hierzu: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-verschleppt-tabakwerbeverbot-14983103.html). Und der gerade erschienene WHO-Alkoholbericht (Moller & Schölin 2017) zeigt drastisch, dass Deutschland dank des direkten Zugangs der Alkohol-Lobby zur Bundesregierung auch hinsichtlich Prävention von Alkoholmissbrauch auf dem letzten Platz liegt.
Das Ergebnis dieser vollkommen verfehlten Drogenpolitik zeigt sich in den Todeszahlen: An Alkohol sterben in Deutschland jährlich 74.000 (!) Menschen, an Tabak 40.000 (!) Menschen, und an Cannabis niemand. Angesichts dieser Zahlen vor der "Cannabis-Lobby" zu warnen, wie in der Stellungnahme der Drogenbeautragten geschehen, ist aberwitzig und peinlich.
Selbst der ständige Fokus der Drogenbeautragten auf Cannabis sollte als das gesehen werden, was es tatsächlich ist: Fortgesetzte Lobby-Arbeit für die Alkohol- und Tabakindustrie - denn diese fürchten im Rahmen einer irgendwann anstehenden Legalisierung um Umsatzeinbußen. Auch in den USA waren es im Rahmen der Volksabstimmungen zur Cannabis-Legalisierung die Alkohol- und die Tabaklobby, die die "Gegen-Legalisierung"-Kampagnen finanziert haben, und zwar sicherlich nicht aus Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung.
Und am Rande: Selbst die Behauptung, der "Wirkstoffgehalt" von Cannabis liege heute etwas 5x so hoch wie noch vor fünf Jahren, bezieht sich auf den US-Markt; in Europa ist der Gehalt in den vergangenen Jahrzehnten nahezu konstant geblieben (REITOX-Bericht 2016; Europäischer Drogenbericht 2016).
Das ständige Herumtanzen um Cannabis eine drogenpolitische Scheindebatte, die an den realen Problemen mit jährlich Zehntausenden von Toten durch Alkohol und Tabak vollkommen vorbeigeht.

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