Thrombose

Krebs-Screening mit CT ohne Zusatznutzen

Venöse Thromboembolien unbekannter Ursache können das erste Zeichen einer Krebserkrankung sein. Die Suche danach scheint mit CT-Aufnahmen aber nicht effektiver zu sein als ohne.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Behandlung mit Kompressionsstrumpf: Bei spontaner venöser Thromboembolie reicht ein Basis-Screening auf mögliche Tumoren aus.

Behandlung mit Kompressionsstrumpf: Bei spontaner venöser Thromboembolie reicht ein Basis-Screening auf mögliche Tumoren aus.

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OTTAWA. Beim Screening von Patienten mit spontaner venöser Thromboembolie (VTE) auf eine okkulte Krebserkrankung kann man sich auf Krankengeschichte, körperliche Untersuchung, Blutbild, Röntgenthorax sowie Untersuchungen auf Brust- und Zervix- oder Prostatakarzinom beschränken: Zu diesem Schluss kommen Ärzte um Dr. Marc Carrier vom Ottawa Hospital Research Institute.

Sie haben in einer kontrollierten Studie ein solches Basis-Screening mit einem Basis-Screening plus CT von Abdomen und Becken verglichen (NEJM 2015, online 22. Juni).

Mit beiden Strategien wurden gleich viele maligne Erkrankungen übersehen. Die Krebsinzidenz war aber niedrig.

An der Studie beteiligten sich 854 Patienten - überwiegend Männer, mittleres Alter 54 Jahre -, die erstmals ohne erkennbaren Auslöser eine VTE erlitten hatten.

Bei 67,4 Prozent bestand eine tiefe Venenthrombose, bei 32,6 Prozent eine Lungenembolie und bei 12,3 Prozent beides.

Im Jahr nach dem thromboembolischen Ereignis wurde bei 33 Patienten (3,9 Prozent) eine Krebsdiagnose gestellt; in der Gruppe mit minimalem Screening waren 3,2 Prozent, in der CT-Gruppe 4,5 Prozent betroffen.

Krebs erst später entdeckt

Bei einigen dieser Patienten war das initiale Screening ohne Befund gewesen und der Krebs erst durch spätere Untersuchungen entdeckt worden.

In der Gruppe mit dem Basis-Screening waren 4 von 14 Erkrankungen (29 Prozent) nachträglich festgestellt worden, in der Gruppe mit dem CT-Screening 5 von 19 (26 Prozent); der Unterschied war nicht signifikant.

Mit beiden Strategien waren jeweils eine Leukämie, ein gynäkologischer Tumor und ein kolorektales Karzinom übersehen worden, mit dem Basis-Screening außerdem ein Pankreaskarzinom und mit dem CT-Screening ein Melanom und ein Prostatakarzinom.

Die absolute Häufigkeit von Krebs, der nach Abschluss des anfänglichen Screenings diagnostiziert wurde, lag bei 0,93 und 1,18 Prozent - das entspricht in etwa der Inzidenz bei Menschen ohne VTE.

Die Art des Screenings hatte auch keinen Einfluss auf die Zeit bis zur Krebsdiagnose (im Mittel 4,2 Monate ohne und 4,0 Monate mit CT). Gesamtmortalität (1,4 vs. 1,2 Prozent) und krebsspezifische Mortalität (1,4 vs. 0,9 Prozent) waren ebenfalls nicht verschieden.

Nutzen und Schaden im Blick

Selbst in einem "Best-case"-Szenario müssten den Studienergebnissen zufolge 91 VTE-Patienten per CT untersucht werden, um einen ansonsten übersehenen Krebs zu detektieren.

Dieser Nutzen ist aber gegen den potenziellen Schaden durch die Strahlenbelastung abzuwägen - ein Mehrschicht-CT von Abdomen und Becken entspricht den Studienautoren zufolge der Strahlung von 442 Thorax-Röntgenaufnahmen.

Bei Patienten um die 40 sei daher pro 460 CT-Aufnahmen (Frauen) und 498 (Männer) mit einem strahleninduzierten Krebs zu rechnen. "Es ist also extrem unwahrscheinlich, dass die CT die frühe Entdeckung einer klinisch relevanten Zahl von Krebserkrankungen ermöglicht, und sogar noch unwahrscheinlicher, dass eine frühe Diagnose einen klinischen Nutzen hat", schreiben Carrier und seine Kollegen.

Das Ergebnis entspricht dem einer anderen Studie, in der es auch nicht gelungen war, durch zusätzliche CT-Untersuchungen von Thorax, Abdomen und Becken die Diagnosequote zu erhöhen.

In einer weiteren Studie, in der außer CT von Abdomen und Becken auch Ultraschall, Tumormarker und Endoskopie zum Einsatz kamen, wurde die Krebsdetektion dagegen verbessert (64 Prozent statt nur 20 Prozent mit einem Minimal-Screening).

Nach Ansicht der Forscher hat diese Untersuchung jedoch methodische Mängel. Auf ein Thorax-CT zum Krebs-Screening hatten die Kanadier in ihrer Studie verzichtet, weil sie die Patienten, die zur Bestätigung des Verdachts auf Lungenembolie oft schon einer CT-Angiografie unterzogen worden waren, nicht nochmals der Strahlenlast aussetzen wollten.

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