Alzheimer
Liquor-Test spürt Amyloid auf
Mit einem speziellen Verfahren können Forscher erstmals zuverlässig toxische Beta-Amyloid-Oligomere im Liquor nachweisen. Möglicherweise lässt sich Alzheimer damit schon erkennen, bevor die ersten Symptome auftreten.
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Lumbalpunktion: Ein neuer Liquortest könnte die Früherkennung und möglicherweise auch die Prävention der Alzheimererkrankung durch rechtzeitige Therapie wahr werden lassen.
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HAMBURG. Ein früher und zuverlässiger Nachweis von M. Alzheimer könnte immer wichtiger werden, denn nach aktuellen Daten ist es bei der klinischen Alzheimerdiagnose vermutlich schon zu spät für eine Therapie, die die Krankheit noch stoppen kann.
Um Patienten künftig mit neuen Medikamenten zu behandeln, die in den Krankheitsprozess eingreifen, müsste man schon vor Beginn klinischer Symptome wissen, wer einmal Alzheimer bekommt.
Daher wird fieberhaft nach geeigneten Biomarkern gesucht. Vielversprechend sind Liquoranalysen bei Patienten mit ersten kognitiven Einschränkungen (Mild Cognitive Impairment, MCI).
Bisher lässt sich über das Verhältnis von Beta-Amyloid-Peptiden und Tauprotein bei MCI-Patienten recht genau sagen, wer eine Demenz bekommt, Sensitivität und Spezifität des Verfahrens liegen bei 80 Prozent.
Nachweis mit Fluoreszenz-Methode
Noch präziser und vielleicht noch früher könnte man Alzheimer mit einer Fluoreszenz-Methode nachweisen, die Professor Dieter Willbold vom Forschungszentrum Jülich beim DGN-Kongress in Hamburg vorstellte.
Mit der oberflächenbasierten Fluoreszenz-Intensitäts-Verteilungsanalyse (surface based Fluorescence Intensity Distribution Analysis, sFIDA) lassen sich Beta-Amyloid-Oligomere direkt und quantitativ nachweisen.
Die Oligomere bilden Vorstufen von Amyloidfibrillen und -plaques und gelten als das eigentliche neurotoxische Agens der Amyloidpathologie. Sie bestehen aus aggregierten Beta-Amyloid-Peptiden, sind aber noch löslich.
Wenn Beta-Amyloid-Oligomere tatsächlich die Bösewichte sind, die Alzheimer verursachen, liege es nahe, diese Aggregate direkt im Liquor aufzuspüren, so Willbold. Sie könnten dann der zuverlässigste Biomarker für eine Alzheimerpathologie sein.
Bei der sFIDA handelt es sich um eine Methode, die sich bereits zum Nachweis infektiöser Prionen bewährt hat. Basis ist ein Sandwich-Elisa: Auf einer Glasoberfläche werden Beta-Amyloid-Antikörper fixiert, so genannte Fänger-Antikörper. Sie fischen Beta-Amyloidpeptide aus der Liquorprobe - Monomere und Oligomere.
Die dann dazugegebenen fluoreszenzmarkierten Detektions-Antikörper können nur dann an die festgehaltenen Beta-Amyloidpeptide binden, wenn diese noch freie Epitope haben.
Kaum Oligomere bei Gesunden
Bei Monomeren ist das Epitop jedoch durch den Fänger-Antikörper bereits beschlagnahmt, nur Oligomere haben noch ausreichend freie Epitope. Daher können die Detektionsantikörper nur an Oligomere binden.
Der Test kann also hochspezifisch zwischen den ubiquitären Monomeren und den wenigen gesuchten Oligomeren unterscheiden. Nachgewiesen werden die Oligomere über einen Laser, der die Detektionsantikörper zum Leuchten bringt.
Jedes einzelne Signal wird erfasst und gezählt. So kann recht genau die Zahl der Oligomere und deren Konzentration im Liquor bestimmt werden.
Das Team von Willbold hat den Assay bei 14 Alzheimer-Patienten, zehn Patienten mit MCI sowie zwölf gesunden älteren Kontrollpersonen geprüft.
Bei allen Gesunden ließen sich so gut wie keinen Oligomere im Liquor aufspüren, bei den MCI-Patienten fanden sich in einer Liquorprobe von 12,5 Mikroliter zwischen 100.000 und 300.000 Oligomere, bei den Alzheimerpatienten waren es zwischen 200.000 und etwa 450.000 Aggregate.
Willbold hält es daher für möglich, dass sich eine Alzheimererkrankung bereits im präklinischen Stadium per sFIDA sehr zuverlässig nachweisen lässt. Dies müsse nun aber in weiteren Analysen geklärt werden.