Mers
Mit neuer Plattformtechnologie zu einem Impfstoff
Ein experimenteller Impfstoff gegen das Middle East Respiratory Syndrome (Mers) hat sich im Tiermodell als hoch immunogen und protektiv gezeigt. Bei der Entwicklung wurde eine neuartige Plattformtechnologie genutzt.
Veröffentlicht:LANGEN. Das Mers-Coronavirus kann beim Menschen schwere und teilweise tödliche Infektionen auslösen. Einen Impfstoff gibt es bisher nicht.
Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) haben jetzt ihre "Impfstoffplattform" gegen neuartige Erreger für eine Vakzine gegen das Mers-Coronavirus (Mers-CoV) genutzt (J Virol 2015, online 9. September).
Bei dem Verfahren werden ausgewählte genetische Sequenzen von Erregern in einen Impfvektor eingebaut, für den bereits umfangreiche klinische Erfahrungen vorliegen, teilt das PEI mit (wie bereits kurz berichtet).
Nach der Impfung wird eine Immunreaktion sowohl gegen den Impfvektor, als auch gegen den in der genetischen Sequenz kodierten Erregerbestandteil erzeugt.
Der so hergestellte Vektorimpfstoff kann auch als Modell oder Plattform für weitere Vektorimpfstoffe dienen. Denn da die Erregersequenz im Impfvektor leicht ausgetauscht werden kann, können auf Basis dieses ersten Vektorimpfstoffs weitere Impfstoffe gegen andere Erreger hergestellt werden.
So soll die Impfstoffentwicklung zur Bekämpfung neuartiger Erreger im Fall plötzlich auftretender Ausbrüche wie der derzeitigen Ebola-Epidemie beschleunigt werden.
Vektor: abgeschwächte Masernviren
An einer solchen Impfstoffplattform arbeiten Forscher des PEI um Dr. Michael Mühlebach. Er leitet das Fachgebiet "Produktprüfung immunologischer Tierarzneimittel" der Abteilung Veterinärmedizin und gehört der Forschungsgruppe "Onkolytische Masernviren und Impfvektoren" an.
Als Impfvektor oder Trägerimpfstoff verwenden die Wissenschaftler abgeschwächte Masern-Impfviren, in die gezielt diejenigen Erregergene eingebaut werden, gegen die eine Immunreaktion erzeugt werden soll.
Das Projekt gehört zum Forschungsschwerpunkt "Neu auftretende Infektionskrankheiten" des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Die Arbeiten werden in enger Zusammenarbeit unter anderen mit der Forschungsgruppe von Professor Stephan Becker vom Institut für Virologie der Universität Marburg durchgeführt.
Das Mers-CoV war erstmals 2012 isoliert worden, und zwar als Ursache des beim Menschen beschriebenen Syndroms mit vorwiegend respiratorischen Krankheiten. Bei PEI und DZIF wurde damals sofort die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Mers auf Basis von Masernimpfviren begonnen.
Dazu wurde das Gen des Mers-CoV-Hüllproteins in das Genom des Masern-Impfvirus eingebaut. Das so veränderte Masern-Impfvirus wurde charakterisiert, seine Identität und Stabilität wurden nachgewiesen.
Mit ihrem neuen Impfstoff erzeugten die Forscher in Mäusen eine starke Immunantwort mit Antikörperbildung und T-Zellantwort, welche die geimpften Tiere vor der nachfolgenden Infektion mit dem Mers-CoV schützte, berichtet das PEI.
"Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die von uns entwickelten rekombinanten Masernviren als Impfstoffplattform für die Entwicklung von Impfstoffen gegen neu auftretende Krankheitserreger geeignet sind", erläutert Mühlebach in der Mitteilung. Der entwickelte Vektorimpfstoff ist ein vielversprechender Kandidat für eine klinische Prüfung auf dem Weg zu einem Mers-Impfstoff.
Forscher des DZIF waren im Vorfeld bereits an der Identifikation des Mers-Coronavirus und an der Testentwicklung beteiligt.
"Diese erfolgreiche Forschungsarbeit zeigt die Bedeutung solcher Forschungsverbünde, in die sich ergänzende Expertisen einfließen. Wir versprechen uns davon, dass beim Auftreten neuer Infektionskrankheiten Methoden für eine schnelle Diagnose der Infektionskrankheit ad hoc bereitgestellt und schnell wirksame Impfstoffe zur Bekämpfung entwickelt werden können", betont Professor Klaus Cichutek, Präsident des PEI.
Jeder dritte Mers-Patient stirbt
Infektionen mit dem MERS-Coronavirus (Middle East Respiratory Syndrom coronavirus) wurden erstmals 2012 diagnostiziert.
Inzwischen wurden mehr als 1000 Infektionen bestätigt, die ihren Ursprung auf der arabischen Halbinsel und dort vor allem in Saudi-Arabien nahmen. Zuletzt war Südkorea von einem inzwischen eingedämmten Ausbruch betroffen.
Die meisten Infektionen erfolgten vermutlich über Kamele, aber auch Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind möglich. Das Virus verursacht beim Menschen schwere Infektionen mit grippeähnlichen Symptomen sowie Pneumonien und Atemnotsyndrom.
Weitere Symptome sind Durchfall sowie bei schweren Verläufen akute Niereninsuffizienz. Die Erkrankung verläuft in etwa 30 Prozent der Fälle tödlich. Eine kausale Therapie gibt es nicht, die Behandlung erfolgt rein symptomatisch. (eb/eis)