Hintergrund

Muskelkater: Kaltes Wasser hilft

Gleich nach dem Sport ins kalte Wasser, das scheint tatsächlich den drohenden Muskelkater etwas abzumildern. Eine schnellere Erholung der Muskeln lässt sich damit aber nicht erreichen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Kaltes Wasser reduziert Muskelkater eher als nur ausruhen.

Kaltes Wasser reduziert Muskelkater eher als nur ausruhen.

© Kaarsten / fotolia.de

Inzwischen gibt es viele Patentrezepte, um Muskelkater vorzubeugen, sie reichen von Dehnübungen, Massage, prophylaktischer Einnahme anti entzündlicher Schmerzmittel über Kompressionsverbände bis hin zur Hydrotherapie.

Allerdings sind nur wenige dieser Methoden in Studien ausreichend evaluiert worden, und wenn, dann waren die Ergebnisse kaum aussagekräftig oder sprachen eher gegen einen Nutzen der Methode.

So hatte vor Kurzem ein Cochrane-Review keine klinisch bedeutsamen Hinweise dafür gefunden, dass die allseits beliebten Dehnübungen vor oder nach dem Sport den Muskelkater verhindern können.

Baden im kalten Wasser

Für einen aktuellen Cochrane-Review haben nun Forscher um Dr. Chris Bleakley aus Newtownabbey in Großbritannien eine Methode unter die Lupe genommen, die aus dem Profisport stammt und auch bei Amateursportlern immer beliebter wird: das Baden in kaltem Wasser.

Dazu begeben sich die Athleten unmittelbar nach dem Sport in ein Becken mit Wasser, dessen Temperatur 15 Grad Celsius oder weniger beträgt. Ähnlich wie bei Weichteil-Verletzungen soll die Kälte Entzündungen hemmen, Schwellungen und Schmerzen lindern und auf diese Weise auch einem Muskelkater vorbeugen.

Allerdings gibt es bislang kein etabliertes Protokoll, wie die Kryotherapie am besten anzuwenden ist. Einige Sportler schwören auf drei kurze, einminütige Bäder in 5 Grad kaltem Wasser mit Pausen von einer Minute, andere legen sich lieber eine Viertelstunde in ein 15 Grad kaltes Bad (Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 2)

Die Wissenschaftler um Bleakley haben insgesamt 17 Studien mit zusammen 366 Teilnehmern aufgespürt, die Kaltwasserbäder mit keinen oder mit anderen Interventionen gegen Muskelkater verglichen.

Die meisten der Teilnehmer waren untrainiert, die Übungen erfolgten in der Regel in einer Art Fitnessstudio unter kontrollierten Bedingungen: Die Probanden mussten eine bestimmte Anzahl von Übungen auf Fitnessgeräten absolvieren.

Teilnehmer an intensiven Muskelübungen mit anschließendem Muskelkater

Mal wurde nur ein Muskel, mal eine ganze Gruppe von Muskeln beansprucht, in acht Studien durften die Teilnehmer auch joggen und Rad fahren, auch hier unter kontrollierten Bedingungen.

In jedem Fall waren die Übungen so intensiv, dass anschließend ein Muskelkater blühte. Bei den Kaltwasserbädern entschieden sich drei Viertel der Studien für einen Temperatur bereich von 10 bis 15 Grad Celsius, die übrigen für kälteres Wasser.

Die Ergebnisse zum Vergleich Kaltwasserbäder versus Ausruhen: In 14 Studien waren Kaltwasserbäder bei Muskelschmerzen sowohl nach einem Tag wie auch nach zwei, drei und vier Tagen dem reinen Ausruhen überlegen, wobei am dritten Tag der Unterschied auf einer visuellen Analogskala am größten war, am ersten Tag war er am geringsten. Allerdings erbrachten die einzelnen Studien sehr heterogene Ergebnisse.

Nach ihrem subjektiven Empfinden gefragt, schienen sich die Sportler mit Kaltwasser-Bädern auch schneller zu erholen, objektive Messungen, etwa von Muskelspannung und -stärke, ergaben jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Auch Biomarker für Muskelschäden und Entzündungsprozesse zeigten keine signifikanten Unterschiede an.

Kaltwasserbäder versus Wechselbäder: In der Kontrollgruppe von fünf Studien unterzogen sich die Probanden einem Wechsel zwischen warmem und kaltem Wasser. Hier gab es weder bei Muskelschmerzen noch bei der subjektiv oder objektiv gemessenen Erholung zwischen den Gruppen signifikante Unterschiede.

Kaltwasserbäder mildern den Muskelkater, so die Ergebnisse

Kaltwasser- versus Warmwasserbäder: Daten von fünf Studien zeigten bei Muskelschmerzen und Muskelkraft keine Unterschiede, die Kaltwasserbader fühlten sich jedoch besser und schneller erholt.

Kaltwasserbäder im Vergleich zu anderen Methoden: Einzelne Studien prüften Kaltwasserbäder gegen Kompressen, gegen Gymnastikübungen oder wiederholte Kaltwasserbäder. In allen Studien gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen bei den Muskelschmerzen.

Fazit der Autoren: Kaltwasserbäder scheinen tatsächlich den Muskelkater nach Sport etwas abzumildern, dafür sprechen die Ergebnisse eines großen Teils der Studien. Ob Bäder in kaltem Wasser allerdings besser sind als andere Maßnahmen, lässt sich aus den bisherigen Untersuchungen nicht folgern.

Auch eine objektiv messbare Erholung der Muskulatur gelingt mit den Bädern nicht besser und schneller als mit Nichtstun.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 16.02.201213:53 Uhr

Demontierte Glaubwürdigkeit

Die Seriosität der Cochrane-Reviews ist nicht mehr das, was sie mal war: Kaltes Wasser mag zwar bei drohendem Muskelkater Leistungssportlern helfen, unphysiologische Spitzenbelastungen zu beherrschen, um die nächste "Blutgrätsche" schneller wieder möglich zu machen, aber gilt das auch für unsere Patientinnen und Patienten?

Die holen sich eher eine Erkältung und schlagen mit dem Wunsch nach Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in unseren Praxen auf. Und ganz nebenbei, die Darmreinigung gelingt auch mit 3 Esslöffel Spiritus auf 1 Eimer Wasser besser als ohne.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein Schild mit der Aufschrift „Praxis ist geöffnet“ hängt an der Eingangstür einer Arztpraxis in Berlin. Doch wer darf mit Termin eintreten? (Archivbild)

© Peter Kneffel / dpa

Debatte um Arzttermine

Lauterbach beklagt „Diskriminierung“ gesetzlich Versicherter

Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025