US-Leitlinien

Neue Empfehlungen sollen Schlaganfälle verhindern

Von der Blutdruckselbstmessung bis zur Mittelmeerdiät: Mit einer Reihe neuer Empfehlungen wollen US-Fachgesellschaften die Schlaganfall-Inzidenz senken.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Eine regelmäßige Selbstkontrolle des Blutdrucks wurde erstmals in die US-Leitlinien zur Schlaganfallprävention mit aufgenommen.

Eine regelmäßige Selbstkontrolle des Blutdrucks wurde erstmals in die US-Leitlinien zur Schlaganfallprävention mit aufgenommen.

© Piotr Adamowicz / fotolia.com

DALLAS. Ganze 90 Seiten hat die Fachzeitschrift "Stroke" dem Leitlinien-Update zur Schlaganfall-Primärprävention (Stroke 2014; online 28.10.2014) der beiden US-Gesellschaften ASA (American Stroke Association) und AHA (American Heart Association) eingeräumt. Schließlich ist seit dem Update im Jahr 2011 einiges geschehen, und dies haben die beiden großen Fachgesellschaften in zahlreiche neue Empfehlungen eingearbeitet. Damit hoffen sie die Schlaganfall-Inzidenz in den USA weiter zu senken. Die wichtigsten Änderungen:

Blutdruckkontrolle: Ein zu hoher Blutdruck gilt nach wie vor als der wichtigste beeinflussbare Risikofaktor für einen Schlaganfall. Um eine Hypertonie besser in den Griff zu bekommen, schlagen die beiden Fachgesellschaften nun erstmals eine regelmäßige Selbstkontrolle des Drucks vor.

"Wird der Blutdruck nur alle paar Monate in der Arztpraxis gemessen, spiegelt das kaum wider, was täglich passiert", so Erstautor Professor James Meschia von der Mayo Klinik in Jacksonville gegenüber dem Online-Portal "MedPage Today". "Wenn Hypertoniker dagegen ein- bis zweimal in der Woche ihren Blutdruck zu Hause messen, bekommen wir eher die Werte, die wir haben möchten", sagte der Neurologe.

Er bezog sich dabei auf eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Metaanalyse zur Selbstmessung. Aufgrund solcher Daten wurde in der US-Leitlinie für die Blutdruckselbstmessung eine Klasse-IA-Empfehlung ausgesprochen (höchste Evidenz, bestes Risiko-Nutzen-Verhältnis).

Ein ähnliches Evidenzniveau wird für die Empfehlung herangezogen, bei Werten zwischen 120 und 139 mmHg systolisch oder 80-89 mmHg diastolisch (Prähypertonie) jährlich den Blutdruck zu überprüfen und die Patienten zu einem gesünderen, blutdrucksenkenden Lebensstil zu animieren.

Therapie mit ASS empfohlen

Vorhofflimmern: Hier haben sich mit der Einführung der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAC) neue Optionen ergeben. Die Fachgesellschaften empfehlen nun Dabigatran, Apixaban und Rivaroxaban neben dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern, einem hohen Apoplex-Risiko (CHA2DS2-VASc-Wert von mindestens 2) sowie einem akzeptablen Blutungsrisiko der Patienten. Bei der Wahl des jeweiligen Medikamentes sollten Nebenwirkungen, Verträglichkeit und auch die Kosten berücksichtigt werden. Bei valvulärem Vorhofflimmern und hohem Insultrisiko raten die Fachgesellschaften lediglich zu Warfarin.

Weitere Herzkrankheiten: Eine Antikoagulation wird erstmals bei asymptomatischen Patienten mit schwerer Mitralstenose und Auffälligkeiten wie einem vergrößerten linken Vorhof erwogen, aber auch nach ST-Hebungsinfarkt (STEMI). Dagegen raten die Fachgesellschaften bei Patienten mit offenem Foramen ovale zu keiner antithrombotischen Behandlung und auch zu keinem Verschluss des Foramens als Maßnahme zur Schlaganfall-Primärprävention.

Asymptomatische Karotisstenose: Die Fachgesellschaften sprechen sich nun erstmals klar für eine Therapie mit ASS und Statinen aus. Ist die Karotis zu mehr als 70% verschlossen, halten die Fachgesellschaften auch eine Endarteriektomie für vernünftig, wenngleich sie zugeben, dass die Daten zum Nutzen des Verfahrens noch dürftig sind. Zu einem ähnlichen Urteil kommen sie beim Nutzen von Angioplastie und Stents. Solche Methoden sollten nur bei ausgewählten asymptomatischen Patienten mit stark verschlossenen Gefäßen zur Anwendung kommen.

Tabakkonsum als wichtigster Risikofaktor

Rauchen: Der Tabakkonsum zählt neben einer Hypertonie zu den wichtigsten Risikofaktoren. Dem treten AHA und ASA Rauchern mit verstärkten Entzugsangeboten entgegen - auch Medikamenten- unterstützt. Für geeignet halten sie eine Therapie mit Nikotin, Bupropion oder Vareniclin. Zudem setzen sie verstärkt auf kommunale oder landesweite Rauchverbote in der Öffentlichkeit.

Migräne: Zu einer dringenden Abkehr vom Nikotinkonsum raten die ASA und AHA auch Frauen mit Migräne und Aura, denn bei ihnen ist das Apoplex-Risiko besonders hoch. Bei solchen Frauen sollten zudem Alternativen zur oralen Kontrazeption erwogen werden, vor allem wenn die Verhütungsmittel Östrogen enthalten. Der Verschluss eines offenen Foramen ovale wird auch hier nicht als Maßnahme zur Schlaganfallprävention empfohlen.

Weitere Lebensstilfaktoren: Ihre Empfehlungen zur Ernährung haben die Fachgesellschaften erweitert. Neben der speziell auf Hypertoniker zugeschnittenen DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension) halten sie nun auch eine mediterrane Ernährung zur Verhinderung von Schlaganfällen für geeignet, vor allem, wenn diese mit Nüssen oder Olivenöl angereichert wird.

Abspecken, um das Risiko zu senken

Basis dieser Empfehlung ist eine mehrjährige Interventionsstudie, in der Hochrisikopatienten mit der entsprechenden Mittelmeer-Diät eine signifikant geringere Schlaganfallrate aufwiesen als solche mit einer gewöhnlichen westlichen Ernährung. Letztlich sind sich DASH- und Mittelmeerdiät sehr ähnlich, beide setzen auf viel Obst, Gemüse, Fisch sowie geringe Mengen gesättigter Fettsäuren und wenig rotes Fleisch, die DASH-Diät fokussiert zudem auf eine Fett- und Natriumreduktion.

Hat ein ungesunder Lebensstil bereits deutlich sichtbare Spuren in Form erhöhter Bauch- und Hüftumfänge hinterlassen, so raten die Fachgesellschaften zum Abspecken, um Hypertonie- und Schlaganfallrisiko zu senken. Nicht fehlen darf natürlich auch der Ratschlag, sich mindestens drei- bis viermal pro Woche mindestens 40 Minuten körperlich zu bewegen.

Lesen Sie dazu auch: Kommentar zu Schlaganfall-Leitlinien: Dilemma bei Schlaganfall

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