Stellungsfehler der Augen
Was bringt die Okklusionstherapie bei schielenden Kindern?
Nur wenn schielende Kinder zeitig adäquat behandelt werden, lässt sich einer dauerhaften Sehschwäche entgegenwirken. Die Brillenstärke ermittelt der Augenarzt, nicht der Optiker.
Veröffentlicht:München. Stellungsfehler der Augen jenseits des 3-4. Lebensmonats sind mehr als ein kosmetisches Problem. Fällt Eltern auf, dass ihr Kind schielt, gehört es zum Augenarzt. Eine regelmäßige Okklusion des gesunden Auges kann dann einen Verlust der Sehkraft am schielenden Auge zumindest aufhalten und mitunter verhindern. Das Schielen selbst behebt nur ein operativer Eingriff. Der erfolgt beim angeborenen Strabismus meist der Ästhetik wegen.
Wie Dr. Peter Heinz, niedergelassener Augenarzt, Schlüsselfeld, bei einer Pressekonferenz der Stiftung Auge erläuterte, ist die Hauptindikation, Kinder mit angeborenem Strabismus so früh wie möglich zu behandeln, die drohende Amblyopie: Um störende Doppelbilder zu vermeiden, unterdrückt das kindliche Gehirn den Seheindruck des schielenden Auges.
In der Folge wird dieses schwachsichtig, dann hilft auch keine Brille mehr. Sollte später einmal das gesunde Auge erkranken, bietet das Schiel-Auge wenig Reserve. Zudem setzten viele Berufe gutes, dreidimensionales Sehen voraus.
Vermessung für Brillengläser unbedingt beim Augenarzt
Gründe genug, frühzeitig gegenzusteuern. Damit sich die Sehkraft am abweichenden Auge doch noch so gut wie möglich entwickeln kann, wird – nach Ausgleich eventuell vorhandener Fehlsichtigkeiten durch eine passende Brille – das gesunde Auge stundenweise abgeklebt, „um das schielende Auge ein bisschen mehr zu fordern und zu fördern, und das Gehirn dazu zu ‚zwingen‘, die Vernetzung wieder zu optimieren.“
Heinz wies ausdrücklich darauf hin, dass die Vermessung für die Brillengläser aufgrund der hierfür bei Kindern zwingend erforderlichen Zykloplegie unbedingt beim Augenarzt erfolgen sollte. Nur dieser darf den Ziliarmuskel durch Tropfen lähmen, um, unabhängig von der Akkommodation, die tatsächliche Refraktion zu ermitteln. Vor unkritischem Einsatz von Prismengläsern warnte der Ophthalmologe. Dies könne sich auch negativ auswirken und „sogar in der Notwendigkeit einer Schieloperation münden.“
Oft „nervenaufreibende Behandlung“
Die Okklusionstherapie werde bis maximal zum 12.-13. Lebensjahr fortgeführt – solange man noch einen Effekt sieht, und es wieder schlechter wird, wenn man aufhört. Einfach ist es nicht, Eltern und Kinder bei dieser „für alle Beteiligten oft nervenaufreibenden“ Behandlung bei der Stange zu halten. Etwa wenn Kleinkinder mit abgeklebtem Auge mit ihrer Brille zunächst schlechter sehen.
Heinz: „Durch dieses Tal der Tränen muss man durch.“ Manchmal helfe Ablenkung durch Spielen, damit die Kinder das Pflaster nicht gleich wieder ablösen. Wichtig zu wissen: „Durch die Abklebetherapie wird natürlich das Schielen nicht verschwinden.“
Doch die Erfolgschancen einer späteren Schiel-Op erhöhen sich: Wenn das Auge besser sieht, verringert das seine Tendenz, postoperativ allmählich wieder abzuweichen, weil es nicht hinreichend am Sehen beteiligt ist. Zwar könne es mit einer frühen Op prinzipiell gelingen, vielleicht sogar wieder ein räumliches Sehen zu erzielen.
Thema Schielen ist „spannend, komplex, oft frustran“
Zugleich riskiert man aber, dass Revisions-Ops nötig werden. Unbegrenzt geht das nicht: „Irgendwann ist kein Muskelmaterial mehr da, das man operieren kann.“ In der Regel werde zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr operiert, vornehmlich aus ästhetischen und psychosozialen Gründen. Etwa, wenn das Kind gehänselt oder ausgegrenzt wird.
Insgesamt sei das Thema Schielen „spannend, komplex, oft frustran“, so Heinz. Er betonte einmal mehr die Notwendigkeit einer intensiven Kommunikation mit den Eltern, „damit nicht Erwartungen nicht erfüllt werden, die gar nicht erfüllbar sind.“