Patienten mit COPD
Radiatio lohnt bei Lungenkrebs
Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchial-Ca, die gleichzeitig an einer schweren COPD erkrankt sind, profitieren von einer stereotaktischen Radiotherapie. In einer aktuellen Studie überlebten die Patienten die Radiotherapie median 32 Monate.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) haben nicht nur ein deutlich erhöhtes Risiko, an einem nicht- kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) zu erkranken.
Auch die Möglichkeiten, den Tumor zu behandeln, sind aufgrund der Vorerkrankung und den damit assoziierten Komorbiditäten wie etwa kardiovaskulären Erkrankungen eingeschränkt. Für sie könnte eine stereotaktische Radiotherapie eine Option sein.
Während ein NSCLC im Stadium I im allgemeinen durch Resektion des Tumors oder eines Lungenlappens kurativ behandelt werden kann, ist die Prognose in diesem Stadium bei Patienten mit einer schweren Form der COPD - beurteilt nach den Kriterien der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease - deutlich schlechter.
Viele dieser Patienten sind aufgrund der verminderten Lungenfunktion mit einem forcierten exspiratorischen Einsekundenvolumen (FEV1) < 40 Prozent inoperabel.
Nun untersuchte eine niederländisch-kanadische Arbeitsgruppe den Nutzen einer stereotaktischen Radiotherapie (SBRT) bei 176 Patienten mit COPD im GOLD-Stadium III/IV, bei denen ein NSCLC- Stadium I diagnostiziert worden war (Int J Radiat Oncol Biol Phys 2012; 82(3): 1149-56).
Alle Patienten waren am Uniklinikum der Freien Universität Amsterdam behandelt worden. Die Patienten überlebten die Radiotherapie median 32 Monate, wobei das Überleben signifikant mit dem Schweregrad der COPD korreliert war. Die Gesamtüberlebensrate lag nach einem Jahr bei 79 Prozent, nach drei Jahren bei 47 Prozent.
Ähnliche Ergebnisse wie nach einer Lungen-Op
Diese Ergebnisse seien mit denen nach einer Lungenoperation vergleichbar, kommentiert Professor Christian Rübe von der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums des Saarlandes in einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).
In Studien mit einem ähnlichen Patientenkollektiv, die die Autoren zum Vergleich herangezogen hatten, waren die Akut-Komplikationen unter denen, die sich einer Operation unterzogen hatten, deutlich gravierender.
So lag die 30-Tage-Mortalität postoperativ bei zehn Prozent. Bestrahlungsbedingt starb dagegen kein Patient in dieser Zeitspanne. Die Gesamtüberlebensraten waren nach Ansicht der Autoren vergleichbar, obgleich die strahlentherapeutisch behandelten Patienten im allgemeinen die etwas schlechteren Ausgangsbedingungen hatten.
Ein Vorteil der Bestrahlung seien das geringere postoperative Mortalitätsrisiko und die Möglichkeit der ambulanten Behandlung.
Als Nachteil nannten Dr. David Palma und sein Team, dass oftmals keine Histologie vorläge, die Diagnose ausschließlich aufgrund der Klinik und des FEG-PET-Befundes gestellt wurde. Bei den in Amsterdam behandelten Patienten lag bei 68 Prozent keine histologische Sicherung des Lungenkarzinoms vor.
Dies kritisierten auch Dr. Tobias Baack und Professor Frederik Wenz von der Universitätsmedizin in Mannheim im Gespräch mit "Springer Medizin" (Im Focus Onkologie. 2012; 15 (7-8): 20).
Radiotherapie eignet sich auch bei Lungenmetastasen
Allerdings läge mit modernen bildgebenden Verfahren wie der PET-CT-Untersuchung und der zugrunde liegenden Patientengeschichte die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Malignität bei 96,4 Prozent (Chest. 2005; 128(4): 2490-2496).
Die beiden Mannheimer Experten Baack und Wenz sehen aber noch weitere Optionen einer Therapieoptimierung bei Lungenkrebspatienten: Einmal durch modernere Bestrahlungstechniken wie die VMAT (Volumetric Intensity Modulated Arc Therapy)-Technik.
Zum zweiten mit Hilfe der Collapsed-Cone- oder Monte-Carlo-Algorithmen, wodurch sich das Bestrahlungsfeld deutlich präziser kalkulieren lässt.
Außerdem sollte die atemgetriggerte Bestrahlung, das so genannte "Gating" aus Sicht von Baack und Wenz den 4D-Bestrahlungen vorgezogen werden, um eine möglichst hohe Lungenschonung und eine niedrige Störanfälligkeit zu erreichen. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Appetitlosigkeit, Strahlenpneumonitis oder Rippen-Osteonekrose seien so relativ selten.
Als einen Vorteil eines chirurgischen Vorgehens werten die Radioonkologen, dass durch die Operation ein exakteres Staging und eine molekularbiologische Subtypisierung (zum Beispiel EGFR-Mutation) des Tumors ermöglicht würde.
Auf diese Weise könnten den Patienten zusätzliche personalisierte Therapieoptionen angeboten werden.
Ergänzend erklären Baack und Wenz, dass die SBRT nicht nur für Patienten mit NSCLC im Stadium I geeignet sei, sondern auch bei Lungenmetastasen eine gute Lokalkontrollrate (5-Jahres-Kontrollrate: 80-90 Prozent) erreicht werden könne.