Rheuma geht auch auf Lunge, Herz und sogar die Zähne
Die Rheumatoide Arthritis ist eine Systemerkrankung. Es leiden nicht nur die Gelenke. Häufig sind auch die Lunge und die Zähne betroffen.
Veröffentlicht:Das Wissen um den schädigenden Einfluss einer Rheumatoiden Arthritis (RA) auf die Gefäße der Patienten setzt sich zunehmend durch. Dass aber auch die Lunge und die Zähne betroffen sind, ist eine noch relativ neue Erkenntnis, die zudem in der Wahrnehmung meist hinter die Gefäßbeteiligung zurücktritt, berichtete Professor Klaus Krüger beim Rheuma Update in Wiesbaden.
Lunge
In einer Fall-Kontroll-Studie mit je 600 RA-Patienten und 600 gesunden Kontrollpersonen wiesen knapp zehn Prozent der Rheumatiker, aber nur sechs Prozent der Kontrollpersonen eine obstruktive Lungenerkrankung auf. Noch deutlicher war der Unterschied bei interstitieller Lungenerkrankung. Hier lag die Inzidenz bei knapp acht versus ein Prozent, sagte der Rheumatologe aus München bei der von Abbott Immunology unterstützten Veranstaltung.
Und in einer Studie mit 64 Patienten mit früher RA hatte bereits jeder Dritte eine interstitielle Lungenbeteiligung, bei jedem Zweiten davon war sie nach zwei Jahren erheblich fortgeschritten, so Krüger. Wichtigste Risikofaktoren hier: Eine hohe Krankheitsaktivität sowie das Vorhandensein von Rheumafaktoren.
Beide Formen der Lungenbeteiligung verkürzten die Lebenserwartung der RA-Patienten im Vergleich zu den Nicht-Rheumatikern deutlich, so Krüger.
Lunge ist bei jedem Dritten mit Arthritis beteiligt.
Entwarnung gab Krüger für das Basistherapeutikum Leflunomid. Frühere Berichte, die Arznei induziere eine Lungenerkrankung seien falsch. Denn in Europa und den USA betrage die Inzidenz von Lungenerkrankungen bei Patienten mit Leflunomid-Therapie 0,02 Prozent. Damit entspreche sie dem Bevölkerungsdurchschnitt. Anders in Japan: Hier liegt die Inzidenz unter Leflunomid bei 0,5 Prozent und die Lungenerkrankung verläuft bei jedem vierten fatal. Ursache sind genetische Unterschiede. Hier liege der Grund für die früheren Berichte, so Krüger.
Mund und Zähne
Entzündungen des Zahnhalteapparates sind bei RA-Patienten häufig: In einer Studie mit 91 RA- und 41 Arthrose-Patienten hatten 81 Prozent der Rheumatiker eine Parodontitis (versus 63 Prozent). Eine schwere Form der Parodontitis hatte jeder Zweite mit RA, aber nur jeder vierte mit Arthrose, berichtete Krüger. Eine weitere Studie habe ergeben, dass das Parodontitis-Risiko bei RA-Patienten um das 1,8-Fache, das Risiko für Zahnverlust um das 2,3-Fache und bei seropositiver RA sogar um das 4,5-Fache erhöht ist - jeweils im Vergleich zur Normalbevölkerung.
Bei rheumatoider Arthritis besteht zudem häufig eine kardiovaskuläre Komorbidität. In einer ägyptischen Studie hatten RA-Patienten mit KHK doppelt so häufig eine Parodontitis wie jene mit RA aber ohne KHK. Ein gemeinsamer Genlokus für die KHK und die Zahnbetterkrankung sei kürzlich gefunden worden. Er liegt auf dem Chromosom 9p21.3.
Gefäße
Die RA erhöht das kardiovaskuläre Risiko um das Zwei- bis Dreifache. Wie bei Nicht-Rheumatikern sind die klassischen Risikofaktoren - Rauchen, Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes - bedeutsam. Sie wirken sich bei RA-Patienten nur doppelt so stark aus. Krüger sieht die Therapie gegen diese Risikofaktoren primär in den Händen der Hausärzte. Denn eine Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass Rheumatologen meist nur zu Beginn der Krankung diese Faktoren im Blick haben.
Was die Spezialisten wiederum tun können, ist die effektive Therapie der Grunderkrankung. So sinkt durch eine Behandlung der RA mit Methotrexat das kardiovaskuläre Risiko um 20 Prozent, mit TNFa-Blocker um 60 Prozent. Das hat eine Studie mit fast 4400 RA-Patienten ergeben, so Krüger.
Der Rheumatologe riet den Kollegen in Wiesbaden, rauchenden RA-Patienten eindringlich einen Rauchstopp nahezulegen. Denn erstens sinke so die Krankheitsaktivität. Grund: Substanzen im Kondensat fördern die Zytokinproduktion in den synovialen Fibroblasten. Zweitens kann das Risiko einer Lungenbeteiligung einschließlich Lungenkrebs vermindert werden. Und drittens wird das Herz geschützt, das bei RA-Patienten besonders gefährdet ist.
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