Schamlippenreduktion - Danach muss mit taktilen Störungen gerechnet werden
Aus den USA stammt ein neuer Trend: die kosmetische Schamlippenreduktion. Auch in Deutschland wünschen immer mehr Frauen diese Art von Genitalkorrektur. Gynäkologen und Psychologen warnen jedoch vor möglichen Komplikationen.
Veröffentlicht:Gibt man in die Suchmaschine Google die Begriffe "labia plasty" ein, erhält man mehr als 400 000 Einträge in 0,23 Sekunden. Dass die Schamlippenreduktion auch in Deutschland bereits ein großes Thema ist, beweist eine Studie der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft. Danach lässt eine Hochrechnung auf rund 1000 Schamlippenstraffungen in Deutschland allein im Jahre 2005 schließen. Es sei jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, so die Autoren der Studie.
Bei manchen Frauen ist der Wunsch nach einer Verkleinerung der Schamlippen verständlich. Sie haben aufgrund einer Hypertrophie der Labien Beschwerden, etwa beim Sitzen, Radfahren, Reiten oder beim Geschlechtsverkehr. Meist handelt es sich jedoch um ästhetische Motive, wenn Frauen eine solche Operation wünschen. Das hat die Analyse von zehn Studien aus den vergangenen zehn Jahren ergeben (Geburtsh Frauenheilk 69, 2009, 19).
Viele Frauen halten ihre Schamlippen für zu groß, weil die inneren Labien die äußeren überragen. Das kommt daher, dass die Rasur der Schamhaare zunehmend in Mode gekommen ist und in den Medien immer häufiger nackte weibliche Genitalien dargestellt werden, meinen die Psychologin Dr. Ada Borkenhagen und der Gynäkologe Professor Heribert Kentenich aus Berlin. Dadurch habe sich ein Schönheitsideal für den Intimbereich ausgebildet: Gefragt ist ein Genitale, das wie das eines jungen Mädchens aussieht, wobei die äußeren die inneren Schamlippen verdecken und die Labien in engen Tangas oder Bikinihöschen nicht auftragen sollen. Um das zu erreichen, seien in vielen Darstellungen in Lifestyle-Magazinen die inneren Schamlippen mittels Grafikbearbeitung entfernt oder die Models so fotografiert worden, dass diese Labien nicht sichtbar sind, so die Autoren. Solche Darstellungen dienten vielen Frauen als Vergleichsmaßstab.
Ein weiteres Motiv für die Labienreduktion: Viele Anbieter propagieren die Methode als Mittel der Wahl zur Steigerung des weiblichen Lustempfindens. Es gebe bisher aber keinen Nachweis, dass solche Eingriffe zu anhaltenden psychischen oder funktionellen Besserungen führen, so die Berliner Wissenschaftler.
Zugleich warnen sie vor den möglichen Folgen der Schamlippenreduktion. In den Studien wird von einem guten klinisch-anatomischen Ergebnis bei durchgehend geringen Komplikationsraten berichtet. Dies stehe jedoch im Gegensatz zu den Berichten im Internet, in denen Betroffene und auch als Gutachter tätige Gynäkologen vielfältige Komplikationsrisiken wie Wundheilungsstörungen, veränderte taktile Empfindungen und Dyspareunie schildern. Außerdem geben die Berliner Forscher zu bedenken, dass in den meisten Studien nur wenige Frauen untersucht und unterschiedliche Operationsmethoden verwendet wurden, so dass die Studien schwierig zu vergleichen seien. Zudem handele es sich bei den Angaben zu den klinisch-anatomischen Ergebnissen und den postoperativen Komplikationsraten meist um Selbsteinschätzungen der Behandler.
Vor jeglichen Eingriffen im Genitalbereich - besonders auch vor einer Verkleinerung der Schamlippen -sollte ein ärztliches Gespräch im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung geführt werden, empfehlen die Forscher. Der Gynäkologe sollte abwägen, ob eine zusätzliche psychologische Einschätzung sinnvoll ist. Diese ist vor allem dann indiziert, wenn sich zum Beispiel Hinweise auf depressive Verstimmungen oder Sexualstörungen finden.
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